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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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beharrlich nach oben gearbeitet. Bis ins achtundzwanzigste Stockwerk. Er wollte noch höher hinaus. Die Pläne mit Aschaffenburg sollten ihm dabei helfen. Bayerisches Nizza nannten sie diese Stadt, er hatte keine Ahnung, warum. Von hier aus war sie völlig unsichtbar, obwohl man, das hatte er schon überprüft, in Aschaffenburg bei klarem Wetter die Frankfurter Skyline sehr wohl erkennen konnte. Und diesen Büroturm mittendrin. Egal, der Plan war gut. Bis auf diese Sache.
    Mechanisch spreizte er die Arme vom Körper ab, damit der Schneider das Maßband unter der Achsel ansetzen und bis unter den Hosenbund abwickeln konnte. Er wartete geduldig, bis der Schneider den Stift hinter dem Ohr hervorzog und Zahlen auf ein Blöckchen kritzelte. Erst jetzt ließ er den linken Arm sinken, den rechten aber zu Giuliano hin ausgestreckt, und schnippte zweimal mit den Fingern.
    Giuliano sprang auf, ergriff das Handy auf dem Couchtisch und drückte es ihm in die Hand. Rückwärts zog er sich wieder zur Couch zurück.
    Er tippte mit dem Daumen eine Nummer ein und nahm das Handy ans Ohr. Gleichzeitig winkelte er den linken Arm ab: Der Schneider musste den Bauchumfang messen.
    »Ich bin’s«, sagte er, als sein Anruf angenommen wurde, so ruppig wie möglich. Es war ungehörig, dass sich der andere nicht längst selbst gemeldet hatte. »Stimmt das, was hier die Vögel von den Wolkenkratzern zwitschern?« Er ballte die Hand zur Faust. »Tu nicht so blöd! Es gab doch wohl einen Toten …« Wie aufs Stichwort wechselte die Farbe der Fenster gegenüber in ein leichenblasses Violett. »Ach, du wolltest mich auch schon anrufen.« Claudio senkte seine Stimme. »Es ist mir scheißegal, was du wolltest. Mich interessiert nur, was du gemacht hast.«
    Er lauschte. Giuliano beugte sich nach vorne, als wolle er mithören. Der Schneider machte sich an seinen Beinen zu schaffen. Die Fenster erstarben. Aber nicht lange. In vielen Büros wurde noch gearbeitet. Gleich würden die Raumlichter aufflackern, während die Nacht an den Häusern hochkroch.
    »Gut. Ich habe nichts damit zu tun, dass das klar ist. Ich habe alles geplant, das lass ich mir jetzt nicht mehr kaputt machen … Wie bitte? … Auch nicht von dir, kapiert? Sorg dafür, dass alles läuft.«
    Grußlos beendete er das Gespräch und streckte den Arm wieder in Giulianos Richtung aus. Der schlenderte diesmal aufreizend langsam herüber und nahm ihm das Mobiltelefon aus der Hand.
    »Soll ich?«, fragte Giuliano.
    Er nickte. »Deshalb hab ich dich kommen lassen.« Madonna mia , war der dämlich. Aber er war nun mal sein Sohn. »Fahr hin und sieh nach dem Rechten. Einer aus der Familie soll dich begleiten.«
    »Gianluca«, schlug Giuliano vor.
    »Einverstanden. Aber haltet euch im Hintergrund.«
    Giuliano wandte sich zur Tür.
    »Warte«, hielt Claudio ihn zurück. »Nimm nicht den Lamborghini. Der fällt in diesem Kaff total auf. Kannst meinen Mercedes haben, der ist diskreter.«
    Giuliano drehte sich um und angelte den Wagenschlüssel vom Couchtisch.
    »Aber pass bloß drauf auf.« Er liebte diesen Wagen und bereute es bereits, dass er ihn Giuliano überlassen hatte. »Wenn du auch nur einen Kratzer reinmachst, dreh ich dir den Hals um, kapiert?« Er seufzte. »Und wenn du rausgehst, schalt das Licht ein.«

5
    Wasser prasselte in eine Gießkanne. Stiller war gerade an seiner Gartentür angekommen, schwang sich vom Rad, hob den Kopf und lauschte. Er wusste, er war nicht allein in der Laubenkolonie, er hatte auf dem Parkplatz einen einsamen Golf älteren Baujahrs stehen sehen. Er folgte dem Geräusch, schob das Fahrrad am Vereinsheim und am Garten des Ermordeten vorbei.
    Das Rauschen verklang. Stiller blieb auf dem Hauptweg, spähte in die Gärten. An der Kreuzung mit dem Schaukasten blieb er stehen. Links hatte sich etwas bewegt. Er bog ab und beschleunigte seinen Schritt. Schließlich erreichte er einen gepflegten Garten, in dem eine kleine, stämmige Frau Blumen goss. Er hatte sie am Vorabend flüchtig gesehen – sie war die Frau mit dem breitkrempigen Strohhut. Während er sich näherte, sah sie ihm furchtsam entgegen, hörte aber nicht auf, ihre grüne Plastikkanne zu schwingen.
    »Guten Morgen«, rief Stiller und lächelte.
    Ihr Blick hellte sich auf. Sie stellte die Gießkanne ab und lief zum Zaun. Stiller musterte sie, während sie näher kam: Ihr graubraunes Haar hatte sie straff zu einem Dutt hochgesteckt. Sie trug eine dunkelgrüne Strickjacke mit Zopfmuster und einen knielangen

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