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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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nichts kommen. Von uns hat niemand Strunke erschlagen. Wir sind friedliche Leute.«
    »Da stellt sich natürlich die Frage, wer …«
    »Wem?«, rief Scherer. »Wem stellt sich die Frage?«
    Stiller schürzte die Lippen und hob vage die Hände.
    »Das ist nicht meine Sorge.« Scherers Ton blieb streng. »Und auch nicht Ihre. Sie haben ihn doch gar nicht gekannt, sagten Sie das nicht gerade?« Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Um das ›Wer‹ kümmert sich die Polizei, und die ist, glaub ich, mit Strunkes Frau schon auf der richtigen Spur.«
    Es klopfte. Der Flaschenträger in Lederhosen öffnete die Tür und reichte Scherer den Lieferschein. »Wir sind fertig.«
    Scherer überflog das Blatt, unterschrieb es am Türrahmen und gab es zurück.
    »Tja dann«, sagte Stiller, »zieh ich auch mal wieder los.«
    »Einen Moment noch.« Scherer wandte sich dem Regal zu. »Ich habe vorhin Ihren Pachtvertrag abgeheftet, und da ist mir aufgefallen …«, er zog den Ordner heraus, »… dass Dorn gestern vergessen hat, die Nummer Ihres Personalausweises zu notieren. Das könnten wir gleich nachholen.«
    »Oh.« Stiller fühlte, dass er rot wurde. »Ich hab den Ausweis blöderweise nicht dabei.«
    Scherer sah ungläubig auf Stillers Umhängetasche. Dann stellte er den Ordner zurück. »Wenn Sie freundlicherweise morgen damit vorbeischauen.« Er lächelte. »Ich hab Ihnen ja schon gesagt, ich bin korrekt. Ich war Beamter bei der Bundesbahn, über zwanzig Jahre lang. Das legen Sie nicht so leicht ab.« Er deutete auf den Schreibtisch und fügte bitter hinzu: »Auch wenn sie mich ausgemustert haben mitsamt dem alten Mobiliar.«
    Er ging um den Schreibtisch herum, warf einen Blick auf den Laptop und stutzte. Vermutlich vermisste er den Bildschirmschoner, der sich nach dem Drucken noch nicht wieder eingeschaltet hatte.
    Stiller biss sich auf die Unterlippe und schielte auf die Armbanduhr. »Jetzt muss ich aber wirklich los.« Als er die Tür zuzog, drehte er sich noch einmal um.
    Scherer schaute ihm mit gerunzelter Stirn hinterher.
    Die Abendluft brachte kaum Abkühlung. Die Wärme und das monotone Dröhnen von Rasenmähern machten Stiller schläfrig. Als er in den Garten zurückkehrte, schaute er sehnsüchtig zur Hängematte. Am liebsten hätte er sich hineingeworfen und eine kleine Auszeit genommen. Aber er hatte noch zu tun.
    Er kam sich wie ein Riesenkaninchen vor, während er über den Rasen hoppelte, die verblichenen Gartenzwerge einsammelte, in den Geräteschuppen stopfte und Ruths Tonfiguren verteilte. Üppige Feen mit rosiger Glasur und Blumenkränzen im Haar, leichtfüßige Elfen, die mit wehenden Kleidchen auf Blüten tanzten, Gnome mit Knollennasen und spitzen Ohren, Trolle mit Haaren wie Wurzelbüschel und mit Bärten, die ihnen bis zu den Schuhspitzen reichten, Faune mit Hörnern und Ringelschwänzchen, die barbusige Nymphen umgarnten. Für jede Figur suchte Stiller den passenden Platz hinter Büschen, unter Sträuchern und zwischen den Wurzeln des Kirschbaums. Eine Blütenfee platzierte er in einer Insel aus Blumen, deren Namen er nicht kannte. Lediglich die drallen Nixen und die bauchigen Wassermänner mit Blätterschurz warfen Probleme auf – Stiller überlegte spontan, ob er in dem Garten einen Teich anlegen sollte.
    Ein Ruf riss ihn aus den Gedanken: »Herr Nachbar?«
    Stiller richtete sich auf und sah suchend in Moosers Grundstück hinüber.
    »Herr Nachbar!« Die Stimme kam von der anderen Seite.
    Langsam drehte sich Stiller um. Sein Bedarf an Gesprächen war heute eigentlich gedeckt.
    Am Zaun zum Nachbargarten stand ein schlanker Mann, den Stiller auf sein eigenes Alter schätzte. Die kurz rasierten Haare bestärkten ihn darin: ein beliebtes Mittel der Mittvierziger, den beginnenden Haarausfall zu kaschieren. Wohlwollend registrierte Stiller, dass der Nachbar keine schlabberige Bermuda-Shorts trug, sondern eine enge Hose aus schwarzem Jeansstoff und ein schwarzes T-Shirt.
    Er winkte Stiller freundlich zu sich. »Froese«, sagte er. »Wolfgang, wenn du einverstanden bist.«
    »Döberlin«, antwortete Stiller, »Heiner.«
    »Das ist aber kein Gartenzwerg, was du da hast.« Froese deutete auf den Wassermann, den Stiller noch in der Hand hielt.
    »Das ist wahr.« Stiller schwenkte den Wassermann in die Richtung der anderen Gartenfiguren. »Das sind Tonskulpturen meiner … von einer Bekannten. Ich hoffe, das stört dich nicht.«
    »Im Gegenteil.« Froese lachte spöttisch. »Ich kann Gartenzwerge nicht

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