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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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Schläfen, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Der Griff bewegte sich nach unten. Rasch stellte er sich so vor den Drucker, dass er ihn verdeckte.
    Er saß in der Falle. Die Fenster waren vergittert, es gab keinen Ausweg, er brauchte eine Ausrede. Die Tür ging einen Spalt weit auf. Gleichzeitig kündigte das Rattern des Druckers an, dass die dritte Seite durch war. Stiller packte sie hinter seinem Rücken, knüllte sie zusammen und stopfte sie in die Gesäßtasche.
    Die Tür öffnete sich ganz, ein Mann tauchte im Rahmen auf, noch halb dem Flur zugewandt. Stiller machte einen Schritt auf ihn zu.
    Der Mann drehte sich um und erschrak, als er Stiller gegenüberstand. »Ja bitte?«, sagte er und hob seine dünnen grauen Augenbrauen.
    »Döberlin«, sagte Stiller. »Sie sind sicher Herr Scherer?«
    Der Mann sah sich misstrauisch im Büro um. »Um was geht es?«
    »Ich wollte mich nur kurz vorstellen. Ich bin der neue Betreuer von Nummer 47.«
    »Ich weiß, wer Sie sind.« Scherer fasste Stiller ins Auge. »Es ist ja ganz nett, dass Sie vorbeischauen. Ich mag’s aber nicht, wenn sich Leute im Büro aufhalten, ohne dass jemand vom Vorstand dabei ist.«
    »Tut mir leid.« Stiller gab sich zerknirscht. »Es war niemand da. Ich dachte, ich warte einfach ein bisschen.«
    »Schön.« Scherer drückte die Hand, die ihm Stiller entgegenstreckte. »Sie schwitzen ja«, sagte er. »Darf ich Ihnen etwas Kühles anbieten? Gerade werden die Getränke fürs Radieschenfest geliefert.« Er zeigte mit dem Daumen zur Tür. Der Geräuschkulisse nach schüttelten die Lieferanten die Getränkekisten ordentlich durch.
    »Nein, vielen Dank.« Stiller entspannte sich. »Ich wollte Sie nicht lange aufhalten. Sie haben bestimmt einiges zu tun mit … allem.«
    Scherer nickte. Er bemerkte, dass Stiller ihn musterte, und deutete mit der Hand an sich hinunter. »Bitte entschuldigen Sie meinen Aufzug. Aber der plötzliche Wetterumschwung macht mir ein wenig zu schaffen.« Er trug weite grüne Bermuda-Shorts, aber kein Hemd. Sein Oberkörper war sonnenverbrannt, die trockene Haut erinnerte Stiller an die Oberfläche von Elisenlebkuchen. Er schwitzte nicht und erschien Stiller äußerst sportlich.
    »Wann soll das Fest denn steigen?«, erkundigte sich Stiller.
    »Samstag. Haben Sie den Aushang nicht gelesen?« Scherer strich sich nachdenklich mit dem Daumen über den blonden Schnauzbart, der sich ebenso wie das kurz geschnittene Haar leicht grau färbte. »Vielleicht hätte ich es besser absagen sollen, jetzt nachdem … nach dem Todesfall. Andererseits: Das Fest ist eine wichtige Einnahmequelle für die Kolonie, und die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Außerdem bin ich mir sicher, dass es Strunke nicht anders gewollt hätte.«
    »Ich hab ihn ja leider nicht gekannt«, sagte Stiller. »Aber ich hab viel von ihm gehört.«
    »Sicher nichts Gutes.« Scherer winkte ab. »Ich hoffe, Sie glauben nicht alles, was man Ihnen erzählt.«
    »Er soll recht schwierig gewesen sein.«
    »Das war halt sein Job«, erwiderte Scherer. »Einer muss nun mal den Hut aufhaben. Schwierig war er nur für Leute, die sich nicht an die Regeln hielten. Ich würde ihn als korrekt bezeichnen.«
    Stiller unternahm einen neuen Anlauf. »Es wird gemunkelt, dass ihn jemand von hier …«
    »Wer munkelt so etwas?«, unterbrach ihn Scherer barsch und gab der Tür einen Tritt, um sie zu schließen. »Hören Sie, das ist übelste Nachrede! Mir ist klar, dass einige Leute ihre Probleme mit Strunke hatten. Aber das sind keine Gründe, ihn umzubringen. Und es hätte auch gar nichts gebracht. Strunke war nur der Repräsentant, verstehen Sie? Der Vorsitzende. Er hat alle Entscheidungen einvernehmlich mit uns Obmännern getroffen, das kann ich Ihnen versichern. Er hat nie etwas Persönliches gegen irgendjemanden gehabt.«
    »Man macht sich halt so seine Gedanken, wenn man neu hier ist. Ich hab da von dieser komischen Sache mit dem Pavillon gehört …«
    Wieder fiel ihm Scherer ins Wort. »Was ist komisch an dieser Sache? Genau darum geht’s doch. Es gibt ein Gesetz, also muss man sich auch daran halten. In welcher Gesellschaft leben wir denn?« Er ließ die Frage eine Weile in der Luft hängen, dann fuhr er fort: »Ich hab es der Polizei schon gesagt, ich sag es gerne auch Ihnen, und ich werde es in meiner Grabrede noch mal allen ins Stammbuch schreiben: Strunke war korrekt. Ich hatte nie Probleme mit ihm – weil ich auch korrekt bin. Und ich lasse auf uns Kleingärtner

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