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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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ausstehen. Schon gar nicht die hässlichen Dinger, die dein Vorgänger hier aufgestellt hat. Er hat sie extra so gedreht, dass sie zu mir rüberschauen.«
    Das war Stiller auch schon aufgefallen. Er warf einen Blick auf die Vogelscheuche mit der asiatischen Gesichtsmaske.
    »Ehrlich gesagt bin ich dir richtig dankbar«, fuhr Froese fort. »Aber es gibt noch ein paar andere Sachen, die du ändern könntest.« Er zeigte auf den Boden zu Stillers Füßen. »Weißt du, was das ist?«
    Stiller betrachtete ein paar weiß blühende Ranken, die sich durch den Zaun auf das Nachbargrundstück schlangen. Er zuckte die Schultern. »Das sind – äh – Pflanzen?«
    »Wicken.« Froese klang, als müsse sich Stiller der Bedeutung dieses Wortes bewusst sein. »Das sind Wicken.«
    »Richtig. Wicken.« Stiller sah sie zum ersten Mal.
    »Wicken sind Unkraut«, half ihm Froese auf die Sprünge. »Und sie wachsen zu mir herüber.«
    »Oh«, sagte Stiller. »Kein Problem! Du kannst sie abschneiden, wenn du willst.«
    Froese zog die Brauen zusammen. »Nicht ich. Sie wurzeln bei dir, und Unkraut muss man bei den Wurzeln packen.«
    Stiller hatte verstanden. »Geht klar. Wir kümmern uns morgen darum.« Er nahm sich vor, Frauke eine Nachricht zu hinterlassen. »Tut mir leid«, setzte er entschuldigend hinzu. »Wir haben den Garten erst seit gestern.«
    »Ich bin sonst nicht so«, erklärte Froese. »Aber meine Frau und ich, wir machen uns viel Arbeit mit dem asiatischen Garten. Da passen keine Wicken rein. Wir haben genug zu tun mit den Pollen und Unkrautsamen, die sich im Frühjahr mit dem Wind auf den Beeten breitmachen.«
    Unwillkürlich sah Stiller zur Vogelscheuche hinüber. Eine Elster setzte sich auf ihre Schulter.
    Froese stand mit dem Rücken dazu. Trotzdem musste er die Elster bemerkt haben. Er wirbelte herum, klatschte in die Hände und zischte »Ksch, ksch!«. Die Elster schien sich zu ducken, dann schwang sie sich meckernd davon. Froese drehte sich zu Stiller zurück. »Das Ding taugt keinen Schuss Pulver mehr.« Wieder das spöttische Lachen. »Aber meine Frau hängt dran.«
    Stiller bekam eine Gänsehaut.
    »Dann noch etwas.« Froese wurde wieder ernst. »Aber das ist dir bestimmt schon aufgefallen.«
    Stiller grübelte kurz. »Was meinst du?«
    »Ich meine den Rasen. Der muss dringend gemäht werden, oder? Kannst von Glück sagen, dass ihn dir die Polizei gestern Abend nicht komplett zertrampelt hat. War ja ein Mordsauftrieb.«
    »Stimmt.« Stiller witterte die Chance, das Thema zu wechseln. »Stell dir vor: Der Gartenzwerg, mit dem Strunke erschlagen wurde, stammt aus diesem Garten.«
    »Josef«, warf Froese ein. »Für mich war das der Josef.«
    »Ach«, sagte Stiller teilnahmsvoll. »Du hast ihn wohl näher gekannt?«
    »Das kann man sagen. Genau genommen hat er mich sogar in die Laubenkolonie reingebracht.«
    »Bist du auch Eisenbahner?«
    »Eben nicht. Meine Frau und ich, wir arbeiten für den Verein ›Damm global‹. Er hat sich auf Integration spezialisiert. Anerkannte Asylbewerber, Langzeitarbeitslose, benachteiligte Jugendliche und natürlich Spätaussiedler und andere Zugezogene mit Migrationshintergrund. Global halt.«
    »Verstehe«, sagte Stiller. »Strunke … Josef, er hat euch in Damm kennengelernt.«
    In einem der Nachbargärten sprang ein Rasenmäher an. Froese hob den Arm, schaute auf die Uhr und ließ ihn wieder sinken. »Ja. Er war begeistert von unserer Arbeit. Er hat mir angeboten, uns den nächsten freien Garten im Radieschenparadies zu verschaffen, wenn wir ihn unterstützen. Das ist jetzt fast zehn Jahre her, unsere Kinder waren noch klein, da hab ich sofort zugesagt.«
    »Ihn unterstützen – wobei?«, erkundigte sich Stiller.
    Froese seufzte. »Die Immigranten zu integrieren, das ist ein Dauerbrenner in den Kleingartenanlagen. Sie stellen inzwischen ein gutes Drittel der Pächter. Josef war damals ziemlich verzweifelt. Es gab Vorurteile auf allen Seiten. Nicht nur zwischen Ausländern und Deutschen, sondern auch zwischen Franken und Bayern, Schwaben und Hessen, Ost- und Westdeutschen. Schau mich an: Ich stamme aus Augsburg.« Er sprach es wie Augschpurrg aus. »Meine Frau kommt aus Bremen. Es gibt einige Kleinbürger in dieser Stadt, denen schon unsere Dialekte Probleme machen. Da brauchst du dich nicht zu wundern, dass es auch in einer Kleingartenanlage Vorbehalte gibt, wenn jemand nicht nur anders spricht, sondern auch noch eine völlig andere Kultur hat.«
    Stiller schwieg. Er kannte die

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