Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
zweitens lebe ich in einer gefestigten Beziehung und lasse mir nicht von irgendwelchen Frauen das Hirn ausknipsen.«
»Ich rede auch nur von dieser.«
»Drittens glaube ich einfach nicht, dass Heidi etwas mit dem Mord an Strunke zu tun hat.«
Fraukes Blick wurde durchdringend, ihre Stimme gefährlich sanft. »Sieh mal einer an: Du glaubst es einfach nicht. Wie passt das denn zu deinem Berufsethos? Aber das war mir gleich klar. Die schöne Gärtnerin musste neulich nur mit den Wimpern klimpern, und schon sah es in deinem Hormonhaushalt aus wie in einem Bouillabaisse-Kochtopf.«
Stiller spürte plötzlich eine rasende Sehnsucht nach seinem Redaktionsbüro. »Was ist mit Wagner?«, wechselte er das Thema.
»Wagner, hm.« Frauke klopfte sich nachdenklich mit dem Stift ans Kinn. »Schwerer Minderwertigkeitskomplex, den er mit Äußerlichkeiten, Sprücheklopfen und Körperkult zu übertünchen versucht. Aber letztlich hat Strunke seinen Wunsch erfüllt und dem russischen Nachbarn gekündigt. Bleibt allenfalls die Möglichkeit, dass er Strunke als Nebenbuhler ausschalten wollte.«
»Als Nebenbuhler? Bei welcher Frau?« Stiller ahnte die Antwort bereits.
»Heidi.« Frauke unterstrich den Namen, der bereits mehrfach eingekringelt war. »Wagner ist natürlich auch scharf auf sie, hast du das etwa nicht bemerkt?«
»Durchaus. Und wenn schon: Wagner würde wegen Frauen niemals einen solchen Aufstand machen. Er wirft sie in sechzig Minuten raus.«
»Ach, das imponiert dir wohl?« Frauke wirkte eingeschnappt. »Schwebt dir da eine bestimmte Frau vor, deine Kreativ-Trainerin vielleicht?«
So weit hatte Stiller noch gar nicht gedacht. »Kohl können wir jedenfalls streichen. Er hat ein Alibi.«
»Hätte ich auch, wenn ich jemanden umbringen wollte.«
»Aber die Kripo ist bereits an ihm dran. Und an Smirnow auch.« Im Geiste ging Stiller durch, wer ihm auf seiner persönlichen Verdächtigenliste noch blieb. Mooser, Scherer und Froese – die drei, denen er unterstellte, dass sie an seinem Inkognito mindestens zweifelten. Mangold, der in die Enge getriebene Familienvater? Einer der anderen Migranten aus Rache für Smirnow oder als Reaktion auf die vielen Beschwerden?
Laut sagte er: »Und dann gibt es noch über hundert Pächter, mit denen ich noch gar keinen Kontakt hatte. Wir müssen morgen beim Radieschenfest Augen und Ohren offen halten.«
»So wird’s gemacht!« Frauke legte den Stift weg und sah auf die Uhr. »Zeit für die Gartenarbeit. Ich werde den Rasen mähen.«
»Das kommt gar nicht in Frage.« Eilig quetschte sich Stiller hinter dem Tisch hervor. »Das übernehme ich.«
»Gut.« Sie wirkte erleichtert. »Ich muss sowieso los. Dass mir bloß alles hübsch aussieht heute Abend!«
16
Stiller hatte den Rasenmäher von Anfang an nicht leiden können. Schon als er ihn aus dem Geräteschuppen geräumt hatte, war ihm das rostige, schmuddelige Ungetüm unheimlich gewesen. Jetzt, auf der Terrasse und im hellen Licht des Maimorgens, sah es nicht besser aus. Überall blätterte Lack, verblichen Aufschriften, klebte modriges Gras. Der Rasenmäher glich einem alten Straßenköter, ausgemergelt und räudig. Er duckte sich auf den Waschbetonplatten gegen die Wand der Laube, scheinbar unterwürfig, aber wachsam und fähig, Stiller im geeigneten Augenblick anzuspringen.
»Wie sieht es aus mit uns beiden?« Stiller sprach in beruhigendem Ton auf ihn ein. »Bereit für eine Spritztour?«
Er schob den Rasenmäher über die Terrasse an den Rand des Rasens. Misstrauisch beäugte er den Schaltkasten, der an der rechten Seite des Griffs angebracht war. Mitten darauf saß ein blassroter Knopf, ein paar weiße Kratzer würden früher wohl einmal das Wort »Start« bedeutet haben.
»Dann wollen wir dir mal Saft geben.« Stiller schloss die Kabeltrommel an die Außensteckdose der Laube an, rollte nach Augenmaß so viel Kabel ab, dass es einmal quer über die Rasenfläche reichte, und schob die Anschlussbuchse auf den Stecker im Schaltkasten des Rasenmähers.
»So«, sagte er, »jetzt zeig mir, was du drauf hast.« Er wischte die Hände an der Jeans ab. Vorsichtshalber hielt er einen halben Meter Abstand, streckte den Arm aus und drückte mit dem Daumen auf den roten Knopf. Nichts. Er drückte noch einmal, fester. Der Motor blieb stumm. Er presste den Knopf nach unten und hielt ihn ein paar Sekunden fest. Keine Reaktion.
»Mistkerl«, knurrte Stiller.
Er trat zurück und musterte den Rasenmäher so aufmerksam, als handele es
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