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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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redundant, um Ersatz zu haben, wenn das eine System ausfiel. So liefen jetzt nur drei der sechs flachen Vierundzwanzig-Zoll-Monitore. Leuchtende Linien zogen sich über den schwarzen Bildschirmhintergrund, Punkte waren daran aufgefädelt wie Perlen an einer Kette. Jeden Punkt konnte er mit dem Cursor ansteuern. Ein Klick genügte, um das Bild zu vergrößern und die Zahlenkolonnen daneben zu lesen, ein Doppelklick, um ein Fenster mit einer Fülle von Detailinformationen zu öffnen. Über die Computertastatur ließ sich dann alles regeln, was nötig war.
    An der Wand gegenüber hingen noch die Relikte aus früherer Zeit. Ein schematischer Stadtplan war in die Täfelung eingelassen, übersäht mit kleinen LED -Lämpchen. Keines davon blinkte im Augenblick – alles war, wie es sein sollte. Links davon waren auf Schiebetafeln Pläne der Stadt und der Leitungssysteme aufgeklebt; auch das nur noch für den Fall, dass gleichzeitig die beiden Computersysteme und neben der normalen Energieversorgung die Notstromaggregate versagen sollten. Aber das war noch nie vorgekommen. Und noch nie hatte er eines der beiden vorsintflutlichen Funkgeräte gebraucht, die in der Mitte des Pults beisammenstanden, damit er bei einem Ausfall der festen und mobilen Telefonnetze Kontakt mit der Außenwelt halten konnte.
    Beinahe täglich musste er dagegen zum grauen Notfalltelefon greifen. Beim Abheben verband es ihn automatisch mit dem technischen Service, der rund um die Uhr besetzt war und viel häufiger ausrücken musste, als es die Öffentlichkeit ahnte. Hin und wieder nutzte er auch das grüne Notfalltelefon, dessen Standleitung zum Vorlieferanten führte. Aber nur einmal in zehn Jahren hatte er den roten Apparat benutzt – die Direktverbindung zur Brand- und Katastrophenschutz-Zentrale in der Feuerwache.
    Bernd Süß überlegte, ob er die weite Glastür hinter sich öffnen und die Kollegin im Vorraum bitten sollte, ihm einen Kaffee zu bringen. Aber dazu hätte er dem Leitpult den Rücken zuwenden müssen, und eine innere Stimme sagte ihm, das gerade jetzt nicht zu tun. Er hatte diese Vorahnungen oft, irgendetwas in ihm spürte im Voraus, wann die Zeit wieder reif für eine Störung war. Sein siebter Sinn, wie es die Kollegen ironisch und die Vorgesetzten anerkennend nannten.
    Unruhig, fast beklommen sah er auf den rechten Monitor. Im selben Augenblick leuchtete dort einer der Punkte rot auf, ein Pfeifton aus dem Computerlautsprecher signalisierte die Störung. Bernd Süß griff nach der Maus, gleichzeitig hob er kurz den Blick zur Wand. Die digitale Datenübertragung war wie immer schneller gewesen als die analoge, das LED -Lämpchen begann eben erst zu blinken.
    Er klickte zweimal auf den Punkt, der jetzt rote Kreise aussandte wie Wellen im Wasser, die ein Steinwurf ausgelöst hatte. Das Fenster öffnete sich. Er runzelte die Stirn und nickte. Eine Verteilerstation war ausgefallen, einer der häufigsten Störfälle. Genau deshalb waren alle Netze ringförmig angelegt. Fiel in einem Gebiet die Versorgung aus, konnte sie aus der anderen Richtung übernommen werden. Er folgte der Linie mit dem Cursor zu einem anderen Punkt und öffnete mit einem Doppelklick ein neues Fenster. Darin steuerte er das Schaltersymbol an. Noch ein Doppelklick, noch ein Fenster. Er suchte sich die gewünschte Verbindung aus, klickte sie an und bestätigte mit der Returntaste.
    Noch während er die Fenster schloss, griff er mit der linken Hand zum grauen Notfalltelefon. »Netzleitstelle, Süß«, sagte er. »Verteiler drei-acht-sieben-zwo. Totalausfall. Schaut ihr nach? Das ist Großostheimer Straße an der Hafenbahnbrücke. Wahrscheinlich wieder von einem Laster gerammt, der vor der Brücke wenden wollte, weil er nicht durchpasste. Das ist jetzt schon das dritte Mal. Ihr müsst entweder die Navis verbieten oder euren Kasten woanders hinsetzen.«
    Er legte auf und lehnte sich zurück. Jetzt durfte er sich einen Kaffee genehmigen. Alles gut, alles im Griff. Er war stolz auf sich. Wie lange hatte er gebraucht? Ein Blick auf das Online-Protokoll verriet es ihm: sieben Sekunden. Persönlicher Rekord, obwohl das hier kaum nötig erschien. Station drei-acht-sieben-zwo versorgte ein kleines, kaum bewohntes Gebiet. Eines stand fest: Bei dieser Störung war es ganz sicher nicht um Leben und Tod gegangen.
    ***
    Der Rasenmäher blieb stumm.
    »Du kannst mich mal!«, fauchte Stiller und versetzte der feindlichen Maschine einen erneuten Tritt.
    Er unternahm einen letzten

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