Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Schaltbügel gezogen ist. Löst der Gärtner den Griff, erstirbt der Motor in weniger als drei Sekunden.
Das Netzteil ist so konstruiert, dass der Strom an den Schaltbügel und den Holm, die der Gärtner beim Mähen mit den Händen umfasst, nicht herankommt. Zusätzlich sind die Gestänge mit Kunststoffschläuchen überzogen. Zur lebensbedrohlichen Falle wird der Rasenmäher erst, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die Überzugschläuche müssen beschädigt sein, damit die Hände das Metall darunter berühren. Dafür hat der Schatten bereits gesorgt. An einem stromführenden Kabel im Innern des Netzteils muss ein Stück Isolierung entfernt sein. Auch das ist erledigt. Schließlich bedarf es einer Überbrückung zwischen dem bloßen Kabel und dem Metall des Gestänges. Davon darf nichts zu sehen sein, am besten geeignet ist die Stelle unmittelbar unter dem Netzteil. Diese knifflige Arbeit beschäftigt ihn gerade. Anschließend will er noch die Sicherungen manipulieren, um zu verhindern, dass sich der Motor zu rasch abschaltet.
Das Alter des Rasenmähers kommt ihm gelegen. Die Finsternis hindert ihn nicht, er hat oft genug an Rasenmähern und anderen elektrischen Geräten gebastelt. Im Gegenteil, das Wetterleuchten, das den Himmel immer wieder erhellt, stört ihn. Er ist sich nicht sicher, ob die Polizei Streifen abgestellt hat, um Strunkes Gartenhaus zu observieren.
So ist er froh, als er endlich das Gehäuse aufs Netzteil schrauben kann. Er schaut sich um, tastet, ob noch etwas herumliegt. Nein. Er wirft einen Blick in die Dunkelheit ringsum. Wieder ein Wetterleuchten. Er zuckt zusammen, meint, im Nachbargarten ein blasses Gesicht erkannt zu haben, das zu ihm herüberstarrt. Reglos bleibt er stehen, bis der Himmel erneut aufglimmt. Dann entspannt er sich: Es ist die Vogelscheuche. Er lacht leise über sich selbst, als er davonschleicht und über die Gartentür flankt.
Nach wenigen Metern ist er verschwunden, verschluckt von der Finsternis.
***
Mike Staab grub die Hände in die Taschen seines Uniform-Anoraks. Ihn fröstelte, und er fragte sich, was er zu dieser nachtschlafenden Zeit hier suchte. Er hatte nicht mitgezählt, wie oft er in den vergangenen Tagen auf dem kleinen Parkplatz am Café Pfister zu Füßen der Dämmer Michaelskirche gestanden war und den Blick über die Hausfassaden ringsum hatte schweifen lassen. Es gab keinen Klingelknopf, den er nicht schon gedrückt, keinen Anwohner, mit dem er noch nicht gesprochen hatte.
Der Platz lag verschlafen vor ihm, in wenigen Fenstern nur blinzelte Licht. Trotz der Nässe wirkte der Asphalt in der Morgendämmerung stumpf und dunkel. Der Himmel war bereits wieder wolkenlos. Es würde ein klarer Tag werden; das Gewitter hatte die Luft gereinigt, aber auch merklich abgekühlt.
Staab schritt über die weite Kreuzung und spähte in die Straße hinein, die zum Maxim und zu Strunkes Haus führte. Autos parkten am Rand der schmalen Fahrbahn, von Menschen war nichts zu sehen. Er kehrte wieder um und beschloss, noch einen Abstecher zur Aschaff zu unternehmen.
Ein Lieferwagen bog flott von der Schillerstraße ab, rumpelte auf den Parkplatz und hielt vor dem Eingang des Café Pfister. Der Motor erstarb. Ratschend zog der Fahrer die Handbremse fest, bevor er ausstieg, den Mercedes-Sprinter umrundete und die Seitentür aufschob. Ächzend hob er einen Stapel Plastikkörbe voller Backwaren aus dem Laderaum und stellte ihn neben dem Eingang ab. Er schloss die Cafétür auf, verkeilte sie und trug den Stapel hinein. Wenig später erschien er mit leeren Körben, die vom Vortag stammen mussten. Er schob sie in den Sprinter und verschwand mit einem weiteren Stapel voller Gebäck im Verkaufsraum des Cafés. Mit leeren Händen kehrte er zurück, löste den Keil unter der Tür und schloss ab. Seine Hand steckte den Schlüssel in die Tasche seines weißen Kittels und kam mit einem Päckchen Zigaretten wieder heraus.
Entspannt lehnte er sich gegen den Sprinter, während er tief den Rauch inhalierte. Erst jetzt bemerkte er Staab und grüßte ihn mit einem Nicken.
Staab trat näher. Der Lieferservice der Bäckerei – dass er daran nicht früher gedacht hatte! Allerdings war es gut möglich, dass sich Strobel darum gekümmert und einen anderen Beamten darauf angesetzt hatte.
»Guten Morgen«, sagte er und fragte vorsichtig nach: »Hatten Sie kürzlich schon Kontakt mit Kollegen von mir?«
Der Fahrer blies den Rauch aus. »Nein. Wieso sollte ich? Hab ich etwas falsch
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