Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Versuch, drückte den Knopf, zog den Bügel. Doch es war nichts zu hören außer seinem eigenen Wutschrei und lautem Hupen auf der Großostheimer Straße.
Wütend riss Stiller das Kabel aus dem Schaltkasten und schleuderte es ins Gras. Am liebsten hätte er dasselbe mit dem Rasenmäher gemacht, aber das Ungetüm war zu schwer. Er bugsierte es mit heftigen Stößen auf die Terrasse zurück. »Da kannst du schmoren, bis du schwarz wirst!«, rief er.
Ein Geräusch lenkte ihn ab. Es kam aus der Laube und war daher nur gedämpft zu hören. Dennoch: Es klang wie das Bellen eines Schäferhundes.
Sein Handy! Er hatte diesen Klingelton nur für einen Anrufer vergeben: Chefredakteur Rex Bausback. Der fehlte ihm gerade noch. Stiller stürmte in die Laube und klaubte das Mobiltelefon vom Tisch. »Ich höre?«, meldete er sich.
»Stiller?«, schnarrte es aus dem Handy.
Wen sonst hatte Bausback angerufen? »Immer bei der Arbeit«, antwortete Stiller.
»Schön wär’s!« Bausback klang allerdings nicht verärgert. Stiller hatte den Eindruck, dass etwas anderes in seiner Stimme mitschwang. Triumph? »Tut mir leid, dass Sie es von mir erfahren müssen«, fuhr Bausback fort. »Aber Sie können einpacken.«
»Ich kann im Augenblick nicht ganz folgen …« Stiller war beunruhigt.
»Ihr Gastspiel als Maulwurf hat sich erledigt«, erläuterte Bauback. »Hauptkommissar Strobel hat Ursula Strunke und ihren Lebensgefährten kassiert. Die beiden werden heute noch dem Haftrichter vorgeführt. Kam vor wenigen Minuten per Mail – an alle Medien. Die Sache ist also konkurrenzrelevant.«
»Oh.« Mehr brachte Stiller nicht heraus. Diese Nachricht hatte er weder erwartet noch wollte er sie sofort glauben.
»Diese ganze Der-Mörder-ist-immer-der-Gärtner-Theorie war von Anfang an Blödsinn.« Bausback legte eine kurze Pause ein, bevor er das übliche scharfe »Herr Stiller« folgen ließ. »Ich hätte das nie zulassen dürfen. Egal, noch können Sie den Schaden begrenzen. Kommen Sie so schnell wie möglich in die Redaktion und kümmern Sie sich um die Geschichte.«
»Geht klar«, antwortete Stiller kleinlaut.
»Kümmern Sie sich überhaupt wieder um Ihre Arbeit. Heute ist Freitag, und Sie haben zu tun, da wird’s wahrscheinlich nicht mehr klappen. Aber am Montag kündigen Sie den Pachtvertrag, verstanden?«
»Verstanden.« Stiller ließ den Blick über den Garten schweifen und fühlte sich mit einem Mal zutiefst niedergeschlagen.
Bausback war offenbar entzückt darüber, dass er sich nicht wehrte. Sein Ton wurde herzlich. »Jeder kann sich mal irren, Stiller. Sie sind einer meiner fähigsten Leute. Ich wünsche mir und Ihnen nichts mehr, als dass Sie wieder der Alte werden.«
»Werd ich.« Stiller ließ das Handy sinken, nachdem Bausback aufgelegt hatte. Dieser Tag war wie ein Griff ins Klo. Erst der Rasenmäher, der nicht funktionieren wollte, jetzt Bausbacks Information über die neue Wendung im Mordfall Strunke. Vorher schon die Zweifel, die Frauke mit ihrer ständig wachsenden Verdächtigenliste in ihm geweckt hatte. Er war fünf Tage in der Kleingartenkolonie, doch er hatte kein einziges brauchbares Mordmotiv entdecken können.
Oder? Irgendetwas war da noch. Wie Sodbrennen. Es war da, aber es kam nicht heraus.
Er schüttelte den Kopf. Strobel hatte Ursula Strunke und Thomas Nadele festnehmen lassen. Das war ein Fakt, und darum musste er sich jetzt kümmern, Bausback hatte recht.
Stiller steckte das Handy in die Tasche, verließ die Laube und schloss ab. Auf dem Hauptweg warf er einen Blick in den Garten schräg gegenüber. Heidi Blatt lag bäuchlings auf einer Liege und sonnte sich. So wie es aussah, trug sie nichts weiter als ein aprikosenfarbenes Bikini-Höschen.
Kurz entschlossen überquerte er den Weg. Am Zaun angekommen, machte er mit einem Räuspern und einem etwas zaghaften »Hallo« auf sich aufmerksam.
Sie hob den Kopf, wandte ihm ihr Gesicht zu und lächelte in ihrer unwiderstehlichen Art.
»Darf ich kurz stören?«, rief Stiller.
Sie tastete nach den Bändeln ihres Oberteils, fand sie und knotete sie auf dem Rücken zusammen. Dann drehte sie sich um, stützte sich auf einen Ellbogen und winkte Stiller zu sich.
Als er die Liege erreicht hatte, zog sie die Beine an. »Willst du dich setzen?« Sie deutete auf das Fußende der Liege.
»Sehr nett.« Stiller ärgerte sich über seinen heiseren Ton. »Aber ich muss leider gleich weiter.«
»Schade.« Sie angelte sich eine große Sonnenbrille vom Boden und setzte
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