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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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er rechtswirksam wurde. Heute ist dort alles Naturschutzgebiet.«
    »Sie erinnern sich nicht, ob der Stadtrat den Bebauungsplan für die Kleingartenanlage am Nilkheimer Bahnhof ebenfalls aufgehoben hat?«, hakte Stiller nach.
    Der Ex-Liegenschaftsamtsleiter schüttelte den Kopf. »Nicht solange ich noch im Amt war. Aber das spielt auch keine Rolle. Wenn ein Plan erst einmal so alt ist, genügt ein einfacher Stadtratsbeschluss und er landet im Papierkorb.«
    »Könnte ich die Verwaltung und den Stadtrat irgendwie umgehen?« Stiller fixierte Kempf, der aber nur die Stirn runzelte.
    Hajo antwortete an seiner Stelle. »Völlig ausgeschlossen. Die Verwaltung wird über jede Veränderung informiert. Das geht schon los, wenn die Bahn das Areal entwidmet. Außerdem würden die Gartenpächter davon erfahren, und Sie können sich vorstellen, was für einen Aufstand die machen würden. Spätestens dann wird alles öffentlich.«
    Stiller ließ nicht locker. »Und wenn die Bahn das Gelände stattdessen verkauft. Sagen wir mal: an einen Investor?«
    Der gewesene Liegenschaftsamtsleiter beugte sich vor. »Das kriegen wir automatisch vom Notar mitgeteilt. Mit ›wir‹ meine ich die Kollegen von heute. Die Stadt hat nämlich ein Vorkaufsrecht.«
    Der frühere Ordnungsamtsleiter hob den Finger wie ein Schüler. »Außerdem ist der Bebauungsplan sozusagen nur die Rechtsgrundlage. Wenn Sie ein Haus hinstellen wollen, brauchen Sie erst eine Baugenehmigung. Und dazu müssen Sie wiederum auf die Verwaltung zukommen. Kurz: Am Rathaus vorbei, das funktioniert nicht.« Er schubste Kempf mit dem Ellbogen. »Was ist los mit dir, Reinhold. Hab ich was Falsches gesagt?«
    Kempf schien aus seinen Gedanken zurückzukehren. »Nein, alles in Ordnung. Ihr habt recht.«
    »Gut«, sagte Stiller und schob die Kappe auf den Füller. »Wen frag ich, wenn ich wissen will, ob der Bebauungsplan noch existiert?«
    Hajo kratzte sich hinterm Ohr. »Schwer zu sagen, der Fürst hat ja alles umstrukturiert, seit wir nicht mehr sind. Fragen Sie am besten den Stadtentwicklungsreferenten, den Keller. Der kann ja einen seiner Hiwis in den Keller schicken.«
    »In den Keller schickt der Keller keinen mehr«, widersprach der Sportamtsleiter. »Die haben heute Computer, falls du davon schon mal gehört hast. Prost.«
    Stiller leerte das Glas und griff nach seiner Tasche. »Dann werd ich wohl mal wieder …«
    »Ja, so geht das aber nicht.« Hajo hielt ihn am Arm zurück. »Sie wollen sich doch nicht einfach aus dem Staub machen? Ich finde, wir haben uns ein kleines Informationshonorar verdient, oder?« Er beugte sich zur Seite und winkte. »Wirtschaft! Noch eine Runde Ortega. Geht auf die Presse.«
    ***
    Kempf brach um eins vom Frühschoppen auf und durchquerte leicht schwankend das Schöntal. Sein Apartment lag auf der anderen Seite des Parks, in der Wohnanlage der Diakonie direkt an der Stadtmauer. Von dort aus hatte er nicht nur einen Blick ins Grüne, sondern überallhin kurze Wege. Das und sein Alter hatten ihn bewogen, das Auto zu verkaufen. Mit dem Vorteil, dass er beim Schoppen tiefer ins Glas schauen durfte als die meisten anderen, die sich von ihrem Führerschein noch nicht trennen wollten.
    Zu Hause streifte er die Schuhe ab, ohne sie aufzubinden, und hängte den Übergangsmantel an die Garderobe. Im Wohnzimmer war es still bis auf das Ticken der Pendeluhr. Seine Frau war vor drei Jahren gestorben, und er hatte sich noch immer nicht an die Stille gewöhnt. Er schaltete die Stereoanlage ein und suchte den bayerischen Nachrichtensender. Er wollte keine Musik, er wollte Stimmen um sich haben.
    Er legte sich aufs Sofa und versuchte, sich auf die Nachrichten zu konzentrieren. Es gelang ihm nicht. Stillers Fragen hallten in seinen Ohren. Nach einer Weile fiel er in einen oberflächlichen, unruhigen Schlaf. Als er wieder erwachte, schmerzte sein Kopf. Er schlurfte in die Küche, nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, setzte sie an und trank. Zurück im Wohnzimmer warf er einen Blick auf die Uhr. Gleich vier. Er legte sich wieder hin und stopfte sich ein zweites Kissen unter den schweren Schädel.
    War es möglich, die Verwaltung und den Stadtrat zu umgehen? Das war die zentrale Frage. Nein! Oder doch? Aber selbst wenn: Was konnte das mit dem Mord am Vorsitzenden der Kleingartenanlage zu tun haben? Kempf suchte angestrengt nach Antworten und döste erneut ein.
    Plötzlich fuhr er hoch. Er musste lange geschlafen haben, es war dunkler geworden im Wohnzimmer.

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