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Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Titel: Stiller Zorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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vielleicht dem besten, den ich je schreiben würde. Ich schickte ihn an meinen Agenten und schlief drei Tage. Dann stand ich auf und kümmerte mich um die Anrufe.
    Größtenteils war es Müll, oder die Anrufer hatten aufgelegt. Einer stammte von Verne, die mir ihre neue Adresse durchgeben wollte. Zweimal war Janie dran. Jemand von der Uni bat mich, nächsten Monat für Dr. Palangian einzuspringen, Umgangssprache für Fortgeschrittene und französische Literatur des neunzehnten Jahrhunderts, solange der in Paris weilte. Eine Illustriertenredakteurin fragte an, ob ich Lust hätte, einen kurzen Beitrag über irgendein Thema, das mir liege, für sie zu schreiben. Die Times-Picayune wollte mir ein Buch zum Besprechen schicken.
    Zweimal hatte der Anrufer weder was gesagt noch aufgelegt, sondern war einfach drangeblieben, bis sich der Anrufbeantworter automatisch abgestellt hatte. Irgendwie fand ich diese zweimal zwanzig Sekunden Stille auf dem Band zutiefst beunruhigend. Bis zum heutigen Tag (denn ich habe sie immer noch) geht es mir so, auch wenn ich keinen Grund dafür habe.
    Ich rief Janie an und teilte ihr das Wenige mit, was ich erfahren hatte, danach Verne, um ihr Hallo zu sagen (sie war nicht da, daher atmete ich nur schwer in ihren Anrufbeantworter und sagte stattdessen ihm Hallo), hing dann den ganzen Nachmittag am Telefon, redete mit ein paar Freunden und vielen Wildfremden (Leuten vom Bodenpersonal, einer Stewardess, Taxizentralen und -fahrern, Hotels, Krankenhäusern, Jugendherbergen) und versuchte wenigstens einen Anhaltspunkt zu finden, der zu David führen könnte.
    Nada , wie Hemingway sagte. (Ein Wort, das er später als Verb verwandte, sein letztes.)
    Gegen acht ließ ich es sein, machte mir ein paar Sandwiches und Kaffee, las danach eine Zeitlang. Etwa eine Stunde später rief Dooley zurück, der einzige Detektiv, den ich in New York kenne. Wir hatten zusammen gedient (ich nur kurz, er eine ganze Weile) und waren irgendwie miteinander in Kontakt geblieben. Er war damals bei der MP gewesen.
    »Okay, Lew, folgendermaßen sieht’s aus. Ich habe bestätigt bekommen, dass David mit dieser Maschine gekommen ist. Die Stewardess erinnert sich wegen seiner Manieren an ihn. Dann hab ich einen Taxifahrer aufgetrieben, der sich an ihn erinnert, bei dem’s bei der Beschreibung sofort gefunkt hat. Er glaubt, dass er ihn irgendwo in Midtown, beim Grand Central oder der Port Authority, abgesetzt hat. Und danach nichts mehr. Nüscht.«
    »Bist du in dem Apartment gewesen?«
    »Alles ganz genauso, wie der Hausmeister gesagt hat.«
    »Keine weitere Spur? Irgendeine Idee?«
    »Nein, außer du ziehst die Irren zu, die sich mit Wünschelruten und Hühnerinnereien auskennen. Tut mir leid, Lew. Selbstverständlich sag ich meinen sämtlichen Kontaktleuten Bescheid. Ein bunter Haufen, der ziemlich rumkommt. Man kann nie wissen. Vielleicht sieht ihn einer irgendwo oder hört irgendwas, wenn er denn noch in der Stadt ist.«
    »Ich danke dir, D. Schick mir die Rechnung.«
    »Für was? Bislang hab ich noch nix erreicht, Lew. Erst wenn ich irgendwas rauskriege, schick ich dir ’ne Rechnung.«
    »Halt die Ohren steif, mein Freund.«
    »Mach ich. Muss ich hier oben auch.«
    An diesem Abend bekam ich einen weiteren Rückruf, am nächsten Morgen noch ein paar, aber keiner brachte was, lauter Fehlanzeigen.
    Walsh meldete sich und sagte, dass er von der Sache mit David gehört hätte und dass ich ihm Bescheid sagen sollte, wenn er mir irgendwie behilflich sein könnte.
    »Verne ist weg«, sagte ich.
    »Herrgott, Lew. Du klingst ja, als ob du vom Regen in die Pisse geraten bist.«
    Und aus irgendeinem Grund munterte mich das ungeheuer auf.
    Ich ging rüber zur St. Charles Avenue, fuhr mit der Straßenbahn nach Downtown, spazierte wie ein Tourist die Canal Street entlang und durch das Quarter, schaute auf einen Kaffee am Café du Monde vorbei und gönnte mir im Napoleon House einen Cognac. Danach ging ich in eine billige Matineevorstellung.
    Ein Detektivfilm, ganz im Stil der vierziger Jahre, alles schwarz-weiß – lauter Frauen, die sich genüsslich ihre Zigaretten reinzogen, dazu jede Menge alberne Hüte und rotzige Sprüche. Der Held war einstmals Idealist gewesen, dann Söldner geworden und in letzter Zeit durch Gin auf den Hund gekommen. Neunzig Minuten später war er ein braver Bürger geworden, der wahrscheinlich, als der Vorhang fiel und das Kino vorbei war, neues Bauland im Norden erkundete und sich nach weiteren Einnahmequellen

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