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Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Titel: Stiller Zorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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und dem andern Krempel hatte den Kopf an die Wand gelehnt und war eingeschlafen. Die Fliegen kurvten um seinen offenen Mund.
    »Ich melde mich«, sagte ich. »Wo erreiche ich euch?«
    Blackie schaute Au Lait an, dann wieder mich. Er rasselte eine Adresse und eine Telefonnummer runter. »Ich bin aber nie da. Hinterlassen Sie eine Nachricht.«
    Ich trug alles in mein Notizbuch ein und schrieb oben auf die Seite »Corene Davis«.
    »Ist das alles?«, sagte Blackie.
    »Ich kriege fünfzig pro Tag plus Spesen, keinerlei Fragen. Zwei Tage im Voraus. Irgendwas dagegen einzuwenden?«
    »Nein.« Blackie reichte einen Hundertdollarschein rüber, der aussah, als wäre er auf Uhrentaschenformat zusammengefaltet gewesen und mehrmals durch die Waschmaschine gelaufen.
    Sie gingen zur Tür, drehten sich doch tatsächlich im letzten Moment noch mal um, legten die Hände an die Brust und ballten die Faust. Es sah aus wie einstudiert. Dann gingen sie raus. Ich hätte verdammt gern gewusst, wie die so lange überlebt hatten. Wenn einen die Bullen nicht schnappten, kriegte einen das Bauernpack.
    Aber immerhin, ich hatte einen Fall.
    Alle Macht dem Volk.

6
    Sobald ich wieder im Büro war – wo der übliche Haufen Post und Nachrichten vorlag –, schnitt ich ein halbwegs neues Foto von Corene Davis aus dem Time Magazine aus. Dann rief ich bei United Airlines in Idlewild an, kam irgendwann durch und erfuhr, dass, jawohl, Miss Corene Davis einen Platz für Flug Nummer 417 nach New Orleans gebucht hatte. Sie hatte sich kurz vor dem Abflug an Bord begeben, Sitz Nummer 15 A. Der Mann, mit dem ich sprach, konnte sich genau an sie erinnern, weil sie so berühmt war und so. Er hatte an diesem Abend am Abfertigungsschalter gearbeitet. Sie hatte zwei Gepäckstücke aufgegeben. Er teilte mir mit, wer der Kapitän der Maschine gewesen war und wie die Stewardessen hießen. Ich bedankte mich und legte auf.
    Ich saß eine Zeitlang da und sah zu, wie sich die Dämmerung senkte. Der Himmel war rot verfärbt, und es roch nach Magnolien und Flusswasser.
    Schließlich rief ich im Präsidium an und verlangte Sergeant Walsh. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich meldete.
    »Don? Lew hier«, sagte ich. »Ich möchte dir einen Namen nennen. Corene Davis.«
    »Das Miststück.« Er schwieg eine Zeitlang. »Weißt du, ich hab die halbe Mannschaft zur Absicherung ausrücken lassen – man hätte meinen können, der Präsident kommt in die Stadt. Und was passiert? Die Braut kreuzt nicht auf.« Walsh wandte sich einen Moment lang vom Telefon ab, sagte irgendwas und war wieder dran. »Warum?«
    Ich war mir nicht sicher, wie viel ich ihm sagen durfte. Durch Tarnung und Täuschung waren wir lange Zeit am Leben und mehr oder weniger unversehrt geblieben, als nichts anderes was nützte.
    »Ich hatte mich drauf gefreut, sie reden zu hören«, sagte ich einen Moment später. »Hab mich gefragt, was passiert ist.«
    »Klasse. Ich hab vierzehn ungeklärte Mordfälle am Hals, draußen in Gentilly, ausgerechnet, bahnen sich Rassenunruhen an, der Polizeipräsident und eine ganze Reihe Stadträte hängen mir auf der Pelle wie ein Schwarm Bienen – große, haarige, stinksaure Bienen –, und du rufst an und willst über ’ne nichtsnutzige Niggerzicke aus dem Norden quatschen.«
    »Dann solltest du dich, glaube ich, lieber ranhalten«, sagte ich. »Aber weißt du, Don, diese Ausdrucksweise ist heutzutage ein bisschen … passé, wenn du weißt, was ich sagen will.«
    Kurzes Schweigen. »Okay, Lew. Dann isse eben keine Zicke.«
    »Hab doch gewusst, dass du mich verstehst.«
    »Tut mir leid. Schlechter Tag. Also, was brauchst du?«
    »Ich will bloß wissen, was passiert ist.«
    »Verflucht, ich weiß es nicht, das isses ja. Soweit wir gehört haben, ist sie in New York krank geworden oder so was Ähnliches. Vielleicht hat sie’s sich anders überlegt. Jedenfalls ist sie nicht hier angekommen. Meine Männer haben auf die nächste Maschine gewartet, fast zwei Stunden. Als sie auch da nicht drin war, haben sie’s aufgegeben und sind heimgegangen.«
    Ich hatte allmählich das Gefühl, dass ich das Gleiche machen sollte.
    »Sonst noch was?«, sagte Don.
    »Nur noch eins, geht ganz schnell. Ein Verein an der Chartres Street. Nennt sich die Schwarze Hand. Kannst du den für mich überprüfen?«
    »Brauch ich nicht. Teils Panther, teils Populisten. Die haben Geld, das sie irgendwo herkriegen, und Beziehungen. Zu allem. Geleitet von einem Typ namens Will Sansom, nennt sich jetzt

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