Stilsicher im Beruf (TaschenGuide)
positive Eindruck, den derjenige eben noch machen konnte, ist wie weggewischt. Oder es sind die Erwartungen, die gründlich enttäuscht werden. Auch hier kippt die Situation. Mit einem Mal erscheint alles ganz anders. Peinliche Situationen kündigen sich nicht an. Sie treten ohne Vorwarnung ein und überstrahlen sofort alles andere. Es zeichnet sie aus, dass sie für uns nicht absehbar waren.
Alles spielt sich in Ihrem Kopf ab
Der zweite entscheidende Aspekt: Ob eine Situation peinlich ist oder nicht, das entscheidet sich in den Köpfen der Beteiligten. Jemand muss die ganze Angelegenheit peinlich finden,sonst ist sie es nicht. Umgekehrt heißt das: Die Situation kann in Ihren Augen noch so harmlos sein. Sobald Ihr Gegenüber sie als peinlich empfindet, ist sie es.
Was Menschen peinlich finden, das unterscheidet sich mitunter beträchtlich. Manchen ist etwas unsagbar peinlich, was anderen eher nebensächlich vorkommt. Das heißt aber nicht, dass Peinlichkeit etwas Willkürliches ist und wir es uns aussuchen können, was wir peinlich finden. Das ist gerade nicht so, wie wir noch sehen werden. Es bedeutet vielmehr, dass wir unsere Sicht der Dinge nicht absolut setzen dürfen.
Wichtig
„Warum stellt der sich so an? Da ist doch gar nichts dabei!“ Solche Äußerungen sind völlig ungeeignet, eine peinliche Situation zu entschärfen. Im Gegenteil, dadurch wird sie für den Betroffenen erst recht unerträglich.
Kulturelle Unterschiede
In jeder Kultur gibt es Verhaltensweisen, die in bestimmten Situationen als angemessen gelten. Wenn Sie davon abweichen, kann es sehr schnell peinlich werden. Dabei sind zwei Aspekte bemerkenswert, die die Ethnologen in den unterschiedlichsten Kulturen beobachtet haben:
Gehören Sie offensichtlich einer anderen Kultur an, werden an Ihr Verhalten weniger strenge Maßstäbe angelegt. In begrenztem Umfang wird Ihnen sogar zugestanden, Tabus zu verletzen. Aber Sie bleiben immer ein Außenseiter und Exot.
Ordnet man sich einer ähnlichen oder der gleichen Kultur zu, treten Peinlichkeiten viel häufiger auf.
Beispiel
Benimmtrainer, die Geschäftsleute schulen, berichten, dass Deutsche vor allem im Umgang mit britischen Verhandlungspartnern patzen. Englisch ist die Fremdsprache, die sie am besten beherrschen. Daher erscheint ihnen ihr Gesprächspartner halbwegs vertraut. Zu Unrecht unterstellen sie, dass bei den Briten die gleichen Gepflogenheiten gelten wie bei den Deutschen und äußern beispielsweise im Small Talk Ansichten, die von den Briten als viel zu persönlich empfunden werden.
Wir brauchen eine gemeinsame Grundlage
Wenn Angehörige aus unterschiedlichen Kulturen zusammentreffen, stellt sich folgendes Problem: Um überhaupt miteinander umgehen zu können, brauchen sie eine gemeinsame Grundlage. Daher bilden sie recht schnell so etwas wie einen Verhaltenskodex aus. Wer davon abweicht, der kann wiederum schnell peinlich wirken. Das fängt beim Begrüßungsritual an. So kann es sich etwa zwischen einer Gruppe von Deutschen und Japanern einspielen, dass man sich zur Begrüßung mit einem kurzen Nicken die Hand gibt. Wer in so einer Situation sein Gegenüber auf die japanische Art mit einer tiefen Verbeugung begrüßt, löst Irritationen aus.
Die feinen Unterschiede
Auch innerhalb einer Kultur gibt es beträchtliche Unterschiede in Hinblick darauf, was als peinlich betrachtet wird. Mit erheblichen Folgen: Empfinden Sie eine bestimmte Sache als peinlich oder gerade nicht als peinlich, kann das darüber Aufschluss geben, welcher gesellschaftlichen Gruppe oder Schicht Sie angehören (s. „Rituale und Konventionen“).
Beispiel
In mancher Runde dürften Sie zustimmendes Gelächter ernten, wenn Sie von Ihrer feucht-fröhlichen Urlaubsreise berichten und auch nicht verschweigen, wie viel oder wenig Sie der Spaß gekostet hat. In anderen Kreisen werden solche Einlassungen als ausgesprochen peinlich empfunden.
Zugleich grenzen sich die unterschiedlichen „Kreise“ voneinander ab. Was in dem einen Milieu hoch schätzt wird, gilt bei dem anderen als „peinlich“ – zumindest für die „eigenen Leute“. Das betrifft beispielsweise bestimmte Kleidungsstücke, Frisuren, die Musik oder die Filme, die man mag, und natürlich auch die Bücher, die man liest.
Beispiel
In einem bildungsbürgerlichen Milieu könnten Sie auf betretenes Schweigen stoßen, wenn Sie von diesem „fantastischen neuen Musical“ schwärmen und die Runde nachdrücklich auffordern: „Das müssen Sie sich
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