Stilsicher im Beruf (TaschenGuide)
Peinlichkeiten müssen an Ihnen abprallen. Sie dürfen sich eine Blamage nicht zu Herzen nehmen.
Wichtig
Für Führungskräfte ist es ein absolutes Muss, mit peinlichen Situationen souverän umzugehen. Dazu gehört auch, eine Blamage wegzustecken.
Peinlichkeit ist ansteckend
Ein wichtiger Aspekt, um Peinlichkeit zu verstehen: Es gibt kaum ein anderes Gefühl, das geeignet ist, so starke Anteilnahme auszulösen. Wir ertragen es kaum, wenn sich jemand in unserer Gegenwart in Grund und Boden schämt. Peinlichkeit durchdringt die ganze Situation. Alle Beteiligten fühlen sich unbehaglich und auch ein wenig beschämt. Nach Möglichkeit vermeiden wir, dass es überhaupt so weit kommt und sich unser Gesprächspartner schämen muss. Wir versuchen, ihm eine Blamage zu ersparen, und helfen ihm bereitwillig aus einer peinlichen Lage wieder heraus. Nicht allein aus reiner Menschenfreundlichkeit, sondern auch, weil die Situation für uns sehr unangenehm ist.
Wer sich beschämt zeigt, darf auf Milde hoffen
Grundsätzlich stimmt es uns milde, wenn jemand nach einem Fehler Schamgefühle zeigt. Wir haben es bereits angesprochen: Wer rot wird, der sendet ein Beschwichtigungssignal aus, das in der Mehrzahl der Fälle so verstanden wird: Lasst ihn in Ruhe.
Es ist ein tief verwurzelter Mechanismus: Angeklagte, die sich ihrer Tat schämen, kommen mit einer milderen Strafe davon, wie die Psychologen Dacher Keltner und Lee Ann Harker von der Universität Berkeley herausgefunden haben. Der gleiche Effekt ist am Werk, wenn wir mit ungezogenen Kindern oder unhöflichen Erwachsenen zu tun haben. Werden sie verlegen, kann man ihnen kaum noch böse sein.
Die Lust an der Beschämung
Die wichtige Ausnahme: Jemand betreibt aktiv die Bloßstellung des anderen, benutzt wie erwähnt Peinlichkeit als Waffe. Dann will er genau das erreichen, er möchte, dass sein Opfer beschämt die Augen niederschlägt und eine Schimpfkanonade über sich ergehen lässt. Das verschafft ihm ein Gefühl von Überlegenheit und Macht. Und das kostet er nur allzu gerne aus.
Aber derjenige, der den anderen da demütigt, ist mit seinem Wohlgefühl ziemlich allein. Wer sonst noch Zeuge so einer Demontage wird, fühlt sich in aller Regel äußerst unbehaglich und ist ebenfalls peinlich berührt.
Wir vermeiden peinliche Begegnungen
Weil peinliche Situationen (die nicht bewusst herbeigeführt wurden) für alle unangenehm sind, versuchen wir, ihnen auszuweichen. Jemand, der keine Umgangsformen hat, wirdnicht mehr eingeladen. Vorgesetzten, die regelmäßig explodieren, gehen wir möglichst aus dem Weg, ebenso wie Mitarbeitern, die auf Kritik völlig überzogen reagieren. Empfindliche Reaktionen sind bei Kritik zwar verständlich, aber ein souveräner Umgang mit unangenehmen Situationen setzt voraus, dass man sich ihnen stellt.
Wenn die Situation entgleist
In peinlichen Situationen geht es manchmal um Lappalien. Denken Sie an unsere ersten Beispiele: den hervorgekrächzten ersten Satz und den freudig begrüßten Unbekannten. Niemand kommt dabei zu Schaden oder zeigt sein sorgsam verborgenes zweites Gesicht. Wieso ist uns so etwas überhaupt peinlich? Wäre es nicht angebrachter, mit einem souveränen Lachen über die ganze Sache hinwegzugehen?
Das mag so sein. Das Problem ist nur, dass wir in dieser Situation nicht dazu in der Lage sind. Und das liegt nicht an einem persönlichen Defizit. Die Ursache ist eine andere: Die Situation, auf die wir unser Handeln ausgerichtet haben, ist zusammengebrochen – gekippt, wie oben beschrieben. Ist uns die Situation entglitten, können wir nicht einfach so weiterhandeln, als wäre nichts geschehen. Dass wir uns peinlich berührt zeigen, ist auch für den anderen ein unmissverständliches Signal: Achtung, hier stimmt etwas nicht! Die Situation muss von Grund auf neu aufgebaut werden.
Wir legen gemeinsam die Situation fest
Wenn wir miteinander umgehen, dann geschieht das nicht „einfach so“. Vielmehr brauchen wir einen Rahmen, um das, was der andere sagt und tut, richtig zu verstehen – und um von dem anderen verstanden zu werden.
Woher aber bekommen wir diesen Rahmen? Es handelt sich um typische Situationen, mit denen wir immer wieder zu tun haben. Sie sind kulturell vorgeprägt. Als Angehörige einer bestimmten Kultur wissen wir sehr gut, was in einer Situation üblich ist. Und daran halten wir uns, solange wir diese Situation aufrechterhalten wollen.
Beispiel
Typische Situationen sind: Sie begegnen einem Bekannten auf der
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