Stilsicher im Beruf (TaschenGuide)
ignoriert werden. Sonst schließen Sie sich aus und werden auch für die anderen „peinlich“.
Rituale als Entlastung
Rituale schaffen feste Formen, sie geben uns Sicherheit und entlasten uns. Wir müssen nicht im Einzelnen überlegen, wiewir mit Menschen, die uns flüchtig bekannt sind, in Kontakt treten können. Wir greifen einfach auf den Fundus der Begrüßungs- und Vorstellungsrituale zurück.
Aber auch diejenigen, an die sich das Ritual wendet, bekommen dadurch mehr Sicherheit. Sie hegen bestimmte Erwartungen, wie die Sache abläuft, und stellen sich darauf ein, zumal sie ja in aller Regel in das Ritual eingebunden sind und ebenso ihren Part spielen müssen.
Verstöße schaffen Verunsicherung
Wird ein Ritual nicht eingehalten oder gegen eine Konvention verstoßen, dann hat das für diejenigen, die daran beteiligt sind, zwei unangenehme Folgen:
Sie fühlen sich verletzt oder sogar missachtet. Konventionen und Rituale werten die Beziehungen auf. Werden sie ignoriert, bedeutet das eine Abwertung.
Sie sind irritiert oder völlig ratlos. Da die bewährten Spielregeln nicht mehr gelten, ist unklar, wie sie sich verhalten sollen.
Sogar die vermeintlichen „Nutznießer“ fühlen sich unbehaglich, wenn zum Beispiel die konventionelle Reihenfolge bei der Begrüßung nicht eingehalten wird. Schütteln Sie zunächst dem Assistenten der Geschäftsleitung die Hand und erst dann der Chefin, wird er sich keineswegs geschmeichelt fühlen.
Gehören Sie dazu?
Rituale haben noch eine weitere Funktion: Sie schließen diejenigen aus, die über die „Spielregeln“ nicht Bescheid wissen. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Gesellschaftsschicht zeigt sich eben auch in der Beherrschung bestimmter Regeln und Rituale. Wer sie nicht einhält, gibt sich als Außenseiter zu erkennen. Die Gemeinsamkeit, die das Ritual eigentlich herstellen sollte, kommt nicht zustande.
Nicht dazuzugehören ist ein extrem peinlicher Zustand. Nicht nur für den, der erkennen lässt, dass er die „Spielregeln“ nicht kennt. Auch diejenigen, die sie perfekt beherrschen, fühlen sich unwohl, wenn einer nicht „mitspielen“ kann. In aller Regel werden sie um denjenigen einen weiten Bogen schlagen und ihn nur beachten, wenn es sich nicht vermeiden lässt.
Der souveräne Verstoß gegen die Konventionen
Wer sich um die Einhaltung der Rituale und Konventionen bemüht und damit scheitert, der steckt tief im Treibsand der Peinlichkeit. Je mehr er jetzt noch strampelt, umso tiefer sinkt er ein. Doch mit Verwunderung wird er registrieren, dass ein anderer sich überhaupt nicht um die Konventionen kümmert und gar keine Schwierigkeiten hat, Anschluss zu finden. Im Gegenteil, alle scheinen darauf aus zu sein, mit ihm ein paar Worte zu wechseln. Wieso wirkt dieser Mensch offenbar nicht im Geringsten peinlich?
Die Antwort ist sehr einfach: Er hat eine Sonderstellung. Er kann es sich erlauben, die Konventionen zu missachten, ja, es wird von ihm nichts anderes erwartet. Entweder weil er als unkonventioneller Farbtupfer die Gesellschaft etwas auflockern soll – und gerade deswegen eingeladen wurde. Oder weil er so bekannt, so erfolgreich oder so einflussreich ist, dass er es sich leisten kann, die Konventionen zu ignorieren.
Wichtig
Dass sich jemand nicht im Geringsten um Konventionen kümmert und sich dennoch alle um ihn scharen, verleiht ihm erst seinen Nimbus. Für jeden ist zu erkennen, dass derjenige es wirklich geschafft haben muss, weil er es ist, nach dem sich alle richten.
Es kommt noch etwas hinzu: Wer wirklich dazugehört, der weiß auch, wer ungestraft gegen die Konventionen verstoßen darf. Wenn jemand hingegen eine solche „Ausnahmeerscheinung“ mit dem Normalmaß misst und auf seine souveränen Regelverstöße peinlich berührt reagiert, stellt er sich selbst ins Abseits; die Situation entgleitet ihm, weil er die Erwartungen der anderen bricht. Es ist regelrecht peinlich, solche Verstöße nicht gelassen hinzunehmen.
Diese Doppelmoral ist Teil des Spiels. Sie sollten sie einfach zur Kenntnis nehmen. Für Sie heißt das: Sie müssen nicht nur wissen, welchen Konventionen Sie folgen müssen, sondern auch, für wen sie nicht gelten.
Die Faszination des Peinlichen
Alle elementare Komik gründet sich darauf, dass der Mensch in einer lächerlichen und peinlichen Lage handeln muss.
Charlie Chaplin (1889 – 1977)
Im täglichen Leben versuchen wir peinliche Situationen möglichst zu vermeiden. Und wenn sie uns oder unseren Mitmenschen
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