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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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man aber von hier aus nicht
sehen konnte. Ein Riegel Tannenwald schob sich als Sichtblende dazwischen.
    Sigi, der auf der Schwelle stand,
meinte: „So, Jungs, die Weiber sind wir los. Jetzt räumen wir ab und die Küche
auf. Selbständig muß man sein, sage ich immer.“
    Tim sah auf die Uhr. Zwei Kilometer
Entfernung, dachte er. Selbst diese Liliput-Kraftdroschke schafft das in
wenigen Minuten. Und Pauline ist zuverlässig. Eigentlich könnte ich mich schon
neben das Telefon stellen.
    Er ging dann aber doch in die Küche und
half beim Abwasch, denn Sigi — dessen Landhaus ansonsten mit allen Schikanen
ausgestattet war — besaß keine Geschirrspülmaschine.
    Zehn Minuten vergingen.
    Klößchen stopfte sich immer mal wieder
Käse oder Schinken in den Mund, heimlich natürlich. Was leicht war. Denn Sigi
saß am Tisch, spielte den Hausherrn und las die ,Bad-Fäßliftl-Nachrichten’.
    Tim wurde unruhig.
    Vor einer Viertelstunde waren die junge
und die alte Dame losgefahren. Sie mußten längst zu Hause sein.
    Aber das Telefon schwieg.

10. Weltfirma Klawim & Co
     
    Erwürgen könnte ich die beiden, dachte
Rüdiger Klawim. Die quatschten und quatschten. Ich sitze hier — mit kaltem
Schweiß am ganzen Körper. Der Kellner guckt mich schon an, als hätte ich ‘ne
Meise. Aber was soll ich machen? Mich hinter dieser Reporterin
vorbeischleichen? Garantiert sagt dann die andere: Da ist dieser Glubsch-Specht
— Susi dreht sich um, erkennt mich, und ihre verdammte Zeitungsstory kriegt
noch das I-Tüpfelchen.
    Er winkte dem Kellner, um ein viertes
Bier und den dritten Schnaps zu bestellen.
    Im Restaurant des Kur-Hotels war es
inzwischen ziemlich leer. Gäste nur noch an vier Tischen — Rüdiger und Susi
sowie Tanja mitgerechnet. Drei Kellner standen herum und fühlten sich nicht
ausgelastet.
    Gerade als Rüdiger bestellen wollte,
hörte er, wie Susi sagte: „Entschuldige mich einen Moment. Bin gleich wieder
da.“ Ihr Stuhl wurde gerückt. Sie stand auf.
    „Bitte, zahlen!“ stieß Rüdiger hervor.
Und griff nach der Brieftasche.
    Jetzt ging es um Sekunden. Wie lange
blieb die Reporterin auf der Toilette?
    Erschrocken stellte Rüdiger fest, daß
er Mair-Chateauforts Brieftasche in der Hand hielt. Aber der steifrückige
Kellner hatte nichts gemerkt.
    Rüdiger gab ein viel zu hohes
Trinkgeld, trocknete sich die Stirn mit dem Taschentuch und kam hinter seiner
Palme hervor.
    Tanja bedachte ihn mit verächtlichem
Blick. Den fühlte er im Rücken, während er wie gehetzt zum Ausgang jagte,
darauf gefaßt, daß die Reporterin zurückkam und plötzlich vor ihm stand. Was
dann?
    Er hatte Glück. Susi weit und breit
nicht zu sehen. Der Lift war unten. Als die Tür sich schloß, atmete Rüdiger
auf.
    Ihm war klar: Hier konnte er nicht
bleiben. Weder im Hotel noch in Bad Fäßliftl. Sobald die Zeitung ausgeliefert
wurde, bestand höchste Gefahr für ihn. Sicherlich — nicht jede Phantomzeichnung
ähnelt dem, den sie darstellen soll. Aber es war besser, mit dem Schlimmsten zu
rechnen — in diesem Fall mit einem gelungenen Porträt.
    Dieses Schmierblatt, dachte er, ist
bestimmt eine Morgenzeitung. Also ab durch die Mitte — und zwar sofort.
    Im dritten Stock stieg er aus. Das
Zimmer Nr. 311 lag parkseitig. Das Bett war aufgeschlagen. Eine eingepackte
Praline verzierte das Kopfkissen. Netter Service. Überhaupt — ein zauberhaftes
Zimmer. Schade! Von hier aus auf Diebestour zu gehen in die anderen Zimmer — es
wäre die reinste Erholung gewesen.
    Er griff zum Telefon, überlegte kurz
und rief dann die Wettervorhersage in Bayern an.
    Fünf Minuten lang ließ er die
Schallplatte reden, legte den Hörer neben den Apparat und wusch sich Gesicht
und Hände im Bad. Es war ochsenblutrot gekachelt. Aufregend.
    Er beendete das einseitige Gespräch. Er
brauchte es auf der Rechnung. Natürlich hatte der Telefongebühren-Computer des
Hotels das Ferngespräch registriert und Zimmer 311 entsprechend belastet.
    Rüdiger verließ das Zimmer, schloß ab,
nahm diesmal die Treppe und luchste, als er die Hotelhalle erreichte,
vorsichtshalber um die Ecke. Nicht daß er dieser Susi ausgerechnet jetzt in den
Weg lief.
    Zu seiner Erleichterung stellte der
Dieb fest: Im Restaurant waren die Lichter erloschen. Null Betrieb.
Geschlossene Türen. Und niemand hockte in der Halle herum.
    Mit grämlicher Miene trat der Dieb an
die Rezeption.
    Der Portier kam aus dem Büro, das
dahinter lag. Derselbe Typ wie vorhin. Die Froschaugen blinzelten müde, obwohl
er

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