Stimmen
andererseits aber auch billig aus. Er zog sie heraus und stellte sie so in die Mitte des Kaminsimses, dass zwei Urnen zu sehen waren: eine auf dem Sims, die andere im Spiegel darüber. Phil positiv und Phil negativ, spiegelverkehrt.
Als es ein Uhr wurde, war Peter verärgert und machte sich überhaupt keinen Kopf mehr darum, was er später bei der Totenfeier sagen sollte. Um zwei schäumte er vor Wut. Er öffnete eine Dose mit Backbohnen, die er hinten im Schrank gefunden hatte, und aß sie kalt. Während er die süßen geräucherten Bohnen mit Schweinegrieben löffelte, dachte er an all die Speisen für den Totenschmaus, die Lydia zweifellos mitbringen würde.
Als er den letzten Bissen verschlungen hatte, meldete sich das Trans in seiner Jackentasche. Er nahm ab. »Ja?«
»Hab ich den Teilnehmer erreicht, den ich sprechen möchte?«
»Wer ist dran?«, fragte Peter.
»Stanley Weinstein. Mrs. Benoliel hat mir gesagt, dass Sie in der Bay Area sind. Ich rufe an, um mich bei Ihnen zu bedanken.«
»Wofür?«
»Dafür, dass Sie Mr. Benoliel dazu überredet haben, in unsere Firma zu investieren.«
»Hab ich das?«
»Das haben Sie tatsächlich, er hat sich dazu entschlossen. Wir sind völlig aus dem Häuschen. Ich möchte Sie zu einem Besuch in unserer Zentrale einladen, wo Sie unser Team kennen lernen können. Wir haben einen Teil Ihres Vermittlungshonorars hier und, falls Sie Interesse haben, vielleicht auch Arbeit für Sie. Ich hab meine Hausaufgaben inzwischen gemacht… wusste ja gar nicht, dass ich es mit einer Berühmtheit zu tun habe!«
Peter starrte durchs Fenster auf die Stadt. »Wo ist Ihre Zentrale überhaupt?«
»Michelle hat erzählt, dass Sie derzeit irgendwo in Marin sind. Wir befinden uns ganz in Ihrer Nähe, falls Sie tatsächlich dort sein sollten. Das kann ich natürlich nicht wissen, denn ein Trans lässt sich nicht lokalisieren, Ihre Privatsphäre ist vollkommen geschützt.«
»Ich bin in Tiburon.«
»Das ist ja großartig, wir sind nicht mal eine halbe Stunde von Ihnen entfernt. Am besten, ich gebe Ihnen eine Wegbeschreibung durch. Eigentlich können Sie’s gar nicht verfehlen. Wissen Sie, wo das alte San-Andreas-Gefängnis liegt?«
»Bin noch nie dort gewesen.«
»Jetzt haben Sie Ihre Chance. Der kalifornische Strafvollzug hat das Gefängnis vor drei Jahren geschlossen, um das Grundstück zu veräußern. Ist sehr feudal, fast hundertachtzig Hektar groß, mit tollem Ausblick auf die Bucht.«
»Das wusste ich gar nicht.«
»Wir haben Räume im ehemaligen Todestrakt angemietet, gleich neben der Gaskammer. Wann können Sie bei uns sein?«
»Heute findet hier eine Totenfeier statt. Vielleicht morgen?«
»Das mit Ihrem Freund tut mir Leid, mein herzliches Beileid.«
»Danke.«
»Selbstverständlich müssen Sie sich Zeit lassen. Wie wär’s, wenn wir uns morgen Vormittag gegen elf treffen – oder ist das zu früh?«
Peter sah ein, dass er das Geld mehr als dringend für die Heimfahrt brauchen konnte. »Danke, bin um elf bei Ihnen.«
Weinstein gab ihm seine Trans-Nummer und zur Sicherheit auch die Festnetz-Nummer seines Büros. »Hin und wieder haben wir immer noch technische Probleme«, erklärte er. »Allerdings sind das nur vorübergehende Ausfälle.«
Peter notierte sich die Nummern mit Kuli auf einem alten, irgendwo herausgeschnittenen Notizzettel.
»Ich freu mich schon auf Ihren Besuch. Glaube, das Ganze wird Ihnen Spaß machen.« Weinstein legte auf, ohne dass im Trans auch nur ein Klicken zu hören war. Was nun an Peters Ohr drang, war eine umso tiefere Stille. Nachdem er den Apparat zugeklappt hatte, drehte er das Notizblatt um. Sparsam wie immer, hatte Phil ein altes getipptes Manuskript zu Notizpapier zerschnitten. Auf der Rückseite entdeckte Peter Bruchstücke eines Dialogs:
»Spielen Sie irgendwelche Spielchen?«, fragte Megan ihn und leckte sich über die Lippen.
»Eigentlich nicht, bin nicht besonders gut darin«, erwiderte Carlton mit rauer Stimme.
»Warum nicht? Haben Sie etwas gegen Spielregeln?«
Peter faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Hemdtasche. Danach ging er zum fünften Mal in zwei Stunden die Auffahrt hoch, um nachzusehen, ob sich irgendwelche Wagen näherten. Einen Moment lang fragte er sich, ob Lydia vielleicht einen tödlichen Unfall gehabt hatte und er letzte Nacht tatsächlich ihrem Geist begegnet war. Vielleicht hatte sie ja Selbstmord begangen. Hatte sich seine fünfhundert Dollar geschnappt und war die Küstenstraße
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