Stimmen
hier wäre, würde er uns mit diesem und jenem die Ohren voll schwatzen.«
Sie kehrten in die Küche zurück, wo die beiden Matronen die Schüsseln und das Tablett mit Speiseresten einsammelten. »Alles erledigt«, sagte Hanna in einem Ton, als wartete nun nichts als Langeweile auf sie, faltete das Küchenhandtuch zusammen und legte es weg. »Wir gehen jetzt wohl besser. Ich bin mit Lydia gekommen, aber ich kann auch mit Sherry zurückfahren.«
»Macht nur«, sagte Lydia. »Ich muss mich noch ein bisschen mit Peter unterhalten.«
Kapitel 10
Über den Hügeln dämmerte der Abend herauf. Die sanften Schattierungen von Pfauenblau, die sich in der Ferne am Himmel abzeichneten, verblassten nach und nach. Nachdem das seltsame Pärchen gegangen war, ließ sich Lydia in der Schaukel draußen auf der Veranda nieder und zündete sich eine Zigarette an. Peter blieb am Geländer stehen.
»Er hat kein Testament hinterlassen«, sagte Lydia. »Von irgendwelchen Verwandten hab ich nie gehört. Ich weiß nicht, wer das hier erbt, wahrscheinlich wird es sich der Staat irgendwann schnappen. Also solltest du alles einpacken, was du deiner Meinung nach mit gutem Recht für dich beanspruchen kannst. Ich könnte versuchen, seine Bücher in der Stadt zu verkaufen und das Geld irgendjemandem schicken, den du für geeignet hältst. Ich selbst will überhaupt nichts – weder Bücher noch Geld.«
Peter hatte Verständnis für Phils Nachlässigkeit, er selbst hatte auch nie ein Testament gemacht. »Du solltest einen Rechtsanwalt einschalten«, schlug er vor.
»Ich bin seine Ex, nicht seine Ehefrau. Wahrscheinlich gehört ein Teil des Besitzes der Gemeinde. Ich weiß zwar nicht, welcher Teil, aber sicher nicht das Haus. Ich hab’s noch nie zuvor gesehen und möchte es nur loswerden.«
»Verstehe.«
»Du solltest dich hier mal umsehen. Vielleicht hat er ja irgendwo einen kleinen Schlüssel hinterlassen oder auf irgendeinem Zettel eine Zahlenkombination. Wäre auch möglich, dass er im Schließfach irgendeiner Bank ein Dokument deponiert hat, in dem er dir alles vermacht. Das wäre wunderbar, du würdest mir damit eine Last von den Schultern nehmen.« Mit der Zigarette in der Hand winkte sie ab. Es wurde jetzt schnell dunkel.
»Irgendetwas stimmt hier einfach nicht«, fuhr sie nach kurzem Schweigen fort. »Fass es bitte nicht falsch auf, Peter, aber… kann es sein, dass es an dir liegt? Denn vor deiner Ankunft war die Atmosphäre im Haus noch ganz anders.«
Peter schüttelte den Kopf. »Ich bin nur ein durchgeknallter alter Freund des Verstorbenen.«
Trotz zunehmender Dunkelheit merkte er, dass Lydia ihm einen finsteren Blick zuwarf. »Was soll ich denn deiner Meinung nach im Haus getrieben haben? Hab ich den Laden ausbaldowert? Oder meine Juju-Zauberstäbe geschwungen, um den Geist des armen Phil zu vertreiben und hier selbst einzuziehen?«, erwiderte sie.
»Tut mir Leid, dass ich dich ausgefragt habe; das war unhöflich von mir.«
»Ich schleppe viele Dinge mit mir herum, aber das alles hat nichts mit diesem Haus, sondern allein mit Phil zu tun. Wir waren nicht gut für einander. Aber du hast nicht ohne Grund gefragt, Peter, dazu kenne ich dich zu gut.«
Da Peter sich nicht dazu durchringen konnte, ihr das zu beschreiben, was er in der Nacht gesehen hatte, wiegelte er ab. »Letzte Nacht hab ich hier im Haus deinen Kummer gespürt. Ich bin nicht übersinnlich begabt, aber es war so… sogar ganz deutlich. Nichts weiter.«
»Ist ja nicht zu fassen, Peter Russell. Also bist du trotz allem ein Sensibelchen.«
»Einmal hab ich sogar ein Medium aufgesucht«, erklärte Peter verlegen und wagte sich damit ein Stückchen weiter vor.
Lydia drückte die Zigarette aus. Diesmal ließ sie den Stummel in der mit Sand gefüllten Konservendose liegen. »Ach ja, wirklich?«, fragte sie, offensichtlich erfreut darüber, das Peter sich ihr ein wenig öffnete. »Los, erzähl.«
»Ist schon lange her.«
»Nachdem das mit Daniella passiert ist?«
»Tja.«
Lydia nickte. »Uns allen werden Lektionen erteilt, Phil war eine von meinen. Mit netten, nervösen kleinen Männern komme ich nicht gut aus. Ich hab’s eher mit den fiesen, selbstsicheren Typen.«
»Hank Wuorinos hat mich gestern besucht. Er fliegt zu Filmaufnahmen nach Prag.«
Lydias Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Warum erwähnst du ihn ausgerechnet jetzt?«
»Weil er von dir und Phil gesprochen hat.«
»Hat er dir erzählt, dass ich mit ihm geschlafen
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