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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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– willkommen in der strahlend hellen Zukunft. Miteinander vernetzte Stimmen lösen das Schweigen des Todes ab. Irgendetwas in der Richtung. Sie sind hier der Künstler.«
    Peter sah auf, vergrub die Hände tief in die Taschen und drehte sich nochmals um. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Früher hat man diesen Ort wie eine Kirche behandelt«, erklärte Weinstein, dessen Augen immer noch funkelten. »Nur, dass die Priester Sam-Brown-Gürtel und Achtunddreißiger getragen haben und die armen Sünder orangefarbene Anzüge und Fesseln. Feierliche Prozessionen, bei denen man Schritt für Schritt vorrückte. Alles da, bis auf die Orgelmusik. Jetzt gehört das alles uns… Na ja, jedenfalls zahlen wir die Miete dafür.«
    Peter versuchte sich diesen schrecklichen Ort als letzte Station eines Menschen auf dieser Erde vorzustellen, als letzten Anblick, den ein Gefangener von dieser Welt mitnahm: uralt, leicht korrodiert, voll grausamer, von Wissenschaftlern ausgetüftelter Effizienz. »Reißen Sie das hier ab«, sagte er und schluckte an dem Kloß in seinem Hals.
    »Wie bitte?«
    »Ich würde die Abrissbirne holen und alles niederreißen.«
    »Sie glauben nicht, dass wir den Ort nutzen können?«
    Peter verzog angewidert das Gesicht. Er wusste ein wenig über die Todesstrafe, hatte einiges darüber gelesen, als er Ideen für Horrorfilme gesammelt hatte. Hatte zugesehen, wie Susan Hayward genau in diese Kammer – oder eine ganz ähnliche, rekonstruiert an irgendeinem Drehort in Hollywood – geführt worden war.
    Ich will leben. Hier hatte man Angestellte des öffentlichen Dienstes dafür bezahlt, menschliche Wesen in lebloses Fleisch zu verwandeln.
    Einen Augenblick lang vergaß er, dass er nicht zwinkern durfte. Als er die Augen schloss, weil sie so trocken waren und er sich von den Schmerzen und dem Anblick der Kammer erholen wollte, sah er… nichts. Nur das diffuse, herabsinkende Sonnenlicht, rötlich eingefärbt von dem Blut, das immer noch in seinen Augenlidern pulsierte. Aber jenseits der Stille lag wie Magma unterhalb eines schlafenden Vulkans…
    Hör auf damit, verdammt noch mal. Er zwinkerte mehrmals. Nichts. Noch nichts. Er holte tief Luft. Der Anblick dieser Todeskammer musste ja dazu führen, dass er alles in einem grausigen Licht sah. Du bist noch am Leben. Also komm gefälligst damit klar.
    »Na ja, Scheiße, was soll man denn sonst mit so einem Ort anfangen?«, fragte Weinstein. »Man muss ihm mit Hilfe von Spitzentechnologie den Stinkfinger zeigen, würde ich sagen. Also haben wir unser Herzstück hier rein verlegt, das Herz von Trans, das technologisch am höchsten entwickelte elektronische Gerät auf Erden – Arpads Transponder. Wir mussten die Energieversorgung nicht einmal aufrüsten. Und wissen Sie was? Den elektrischen Stuhl haben die in Wirklichkeit nie benutzt. Die haben die Leute entweder aufgehängt, vergast oder ihnen die Todesspritze gegeben.« Weinstein schwenkte herum und klopfte auf das dick verglaste Fenster der Kammer. »Man kann sie fast darin sehen, nicht wahr?«
    Peter wandte den Blick ab.
    »Man hat sie festgebunden.« Weinsteins Augen weiteten sich nachdenklich, während sein Adamsapfel auf und ab hüpfte. »Und dann haben sie diese Kügelchen fallen lassen – das hat man damals doch so gemacht, oder? Gas, das aus Behältern voller Säure ausgeworfen wurde. Das Salz der Blausäure. Oder man wurde auf einen Tisch geschnallt und musste zulassen, dass der Arzt einem die Arterie zusammenkniff und die Nadel einführte. Tat der Einstich weh? Haben die erst Alkohol benutzt, um die Einstichstelle zu desinfizieren? Wozu überhaupt? Schließlich brauchte sich der Patient um Infektionen nicht mehr zu sorgen, stimmt’s?« Weinstein war jetzt richtig in Fahrt gekommen.
    Mit einiger Verlegenheit stellte Peter fest, dass sich in Weinsteins Schritt eine kleine, aber deutlich sichtbare Wölbung abzeichnete.
    Weinstein deutete auf die eisernen Bogen. »Ich glaube nicht, dass hier jemals irgendjemand gehängt worden ist.«
    »Hier drinnen nicht«, erwiderte Peter, dem übel war. »Die Galgen haben sie draußen aufgebaut.«
     
    •
     
    Als sie in Weinsteins Büro zurückgekehrt waren, schrieb er Peter den Scheck über die restliche Summe aus, gab ihm mit der schwungvollen Geste eines Magiers sein Trans zurück und versicherte, sie würden ihr Gespräch bald fortsetzen.
    Die Zusammenarbeit galt als abgemacht.
    Während Weinstein ihn nach draußen zum Empfang begleitete, zwinkerte Peter

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