Stirb ewig
weiter auf sie geachtet, weil ein Stammgast von seinen Eheproblemen erzählte. Sie kennen das ja.«
»Klar«, bestätigte Grace.
»Also wissen Sie nicht, wohin sie danach wollten?«, erkundigte sich Branson.
Sie schüttelte den Kopf. »Sah nach einer mittelschweren Sauftour aus. Kippten die Drinks runter und verschwanden wieder.«
»Haben Sie hier eine Überwachungskamera?«
Sie bedachte Grace mit einem weiteren koketten Lächeln. »Nein, Schätzchen, tut mir Leid.«
Als sie das Pub verließen und durch den strömenden Regen zu ihrem Wagen eilten, hörte Grace in der Ferne einen Hubschrauber. Er sah hoch, konnte aber nichts erkennen. Sie stiegen ein und knallten die Türen zu, dann rief Grace Bella und Nick an.
»Wie läuft es?«
»Übel«, entgegnete Nicholas. »Nichts Brauchbares. Zwei Pubs haben wir noch. Und bei Ihnen?«
»Noch drei.«
Branson ließ den Motor an. »Ganz schön flott, die Lady«, sagte er zu Grace. »Die wäre nicht abgeneigt.«
»Danke, nach dir.«
»Ich bin glücklich verheiratet. Aber du solltest nicht so wählerisch sein.«
Roy Grace schaute auf sein Handy und dachte an die SMS von Claudine, der polizistenhassenden Veganerin aus Guildford. »Du hast Glück. Mir scheint, die Hälfte aller unverheirateten Frauen ist übergeschnappt.«
Er schwieg einen Moment. »Der Unfall passierte um kurz nach neun. Womöglich war es das letzte Pub, bevor sie ihn in den Sarg legten.«
»Eins hätte zeitlich noch dazwischen gepasst.«
Sie suchten die nächsten drei Pubs auf, doch konnte sich niemand an die jungen Männer erinnern. Nick und Bella stießen auf einen einzigen Wirt, der sie gesehen hatte. Sie waren gegen acht Uhr dreißig gegangen und alle sehr betrunken gewesen. Das Pub lag etwa acht Kilometer entfernt, was Grace ziemlich mutlos machte. Nach all der Mühe waren sie der Frage, wo Michael Harrison stecken konnte, keinen Schritt näher gekommen.
»Wir sollten mit seinem Partner sprechen«, schlug Grace vor. »Wenn er Trauzeuge ist, muss er etwas wissen, meinst du nicht auch?«
»Ich finde, wir sollten die Gegend systematisch durchsuchen.«
»Ja, aber wir müssen das Gebiet eingrenzen.«
Branson ließ den Motor an. »Du hast mal gesagt, du kennst einen Typen, der irgendwas mit einem Pendel macht.«
Grace sah ihn erstaunt an. »Ja, und?«
»Ich weiß den Namen nicht mehr. Du hast gesagt, er kann verloren gegangene Dinge finden, indem er ein Pendel über einer Landkarte schwingen lässt.«
»Ich dachte, du glaubst nicht an so was. Du behauptest doch immer, ich sei ein Idiot, weil ich mich mit solchen Dingen abgebe. Und nun schlägst du vor, wir sollen zusammen hingehen?«
»Ich bin verzweifelt, Roy, mir fällt nichts Besseres ein.«
»Wir machen weiter wie bisher.«
»Vielleicht ist es ja einen Versuch wert.«
Grace lächelte. »Ich habe dich immer für einen Skeptiker gehalten.«
»Bin ich auch. Aber wir suchen einen Burschen, der morgen um zwei Uhr vor den Altar treten soll, und haben – « er sah auf die Uhr »nur noch zweiundzwanzig Stunden, um ihn dorthin zu schaffen. Und etwa achtzig Quadratkilometer Wald, den wir durchkämmen müssten. Und nur noch vier Stunden Tageslicht. Was sagst du dazu?«
Insgeheim war Grace der Ansicht, dass Harry Frame einen Versuch lohnte, bezweifelte aber angesichts des Fiaskos im Gerichtssaal, ob er wirklich seine Karriere dafür aufs Spiel setzen wollte. »Wir sollten zunächst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen, okay?«
»Angst vor dem Boss?«, neckte ihn Branson.
»Wenn du so alt bist wie ich, sorgst du dich auch um deine Pension.«
»Erinnere mich in dreißig Jahren noch mal dran.«
33
ASHLEY HARPER WOHNTE in einem winzigen viktorianischen Reihenhaus in der Nähe einer Bahnlinie. Die Gegend war früher das Arbeiterviertel von Hove gewesen, galt nun aber als zunehmend trendige – und kostspielige – Enklave für Singles und Leute, die ihr erstes Eigenheim kauften. Davon zeugten auch die Autos und die eleganten Haustüren.
Grace und Branson stiegen aus und gingen an einem Golf GTI und einem Renault Cabrio vorbei zum Haus Nr. 119, vor dem ein silberner Audi TT parkte.
Auf ihr Klingeln hin öffnete eine wunderschöne Frau Ende zwanzig die Tür und bedachte Branson mit einem traurigen Lächeln des Wiedererkennens.
»Hallo, Ashley«, sagte er. »Darf ich Ihnen meinen Kollegen Detective Superintendent Grace vorstellen? Wir würden gern mit Ihnen sprechen.«
»Kommen Sie doch herein. Gibt es etwas
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