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Stirb ewig

Titel: Stirb ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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hing. Trotz der undurchsichtigen Fenster, die ohnehin zu hoch waren, um einen Ausblick zu bieten, wirkte der Raum mit den weißen Wänden luftig und verströmte pure Energie, ganz anders als die Besprechungsräume der Polizeiwachen, die Grace bisher erlebt hatte.
    Die L-förmige Soko-Zentrale sah geradezu futuristisch aus und hätte sich auch gut in Cape Canaveral gemacht. Im Gegensatz zu anderen Polizeibüros gab es hier keine persönlichen Besitztümer auf Schreibtischen und an den Wänden. Keine Familienfotos, Fußballposter, Listen von Sportereignissen oder witzigen Karikaturen. Alle Gegenstände, bis auf die Möbel und Computer, waren Bestandteil der jeweiligen Ermittlungen. Eine weitere Ausnahme bildete der Nudelsuppentopf, in den Detective Inspector Michael Cowan, ein müde dreinblickender, langhaariger Mensch in Jeans und Karohemd, gerade seinen Plastiklöffel tauchte.
    Vor einem anderen Rechner saß Jason Piette, einer der scharfsinnigsten Ermittler, mit denen Grace je gearbeitet hatte, Cola in der Hand, die Augen auf den Flachbildschirm geheftet. Er hätte alles darauf gewettet, dass Piette eines Tages die Metropolitan Police leiten würde – das höchste Amt, das ein britischer Polizist erreichen konnte.
    Zu jedem Arbeitsbereich gehörten mindestens ein Bereichsleiter, gewöhnlich ein Detective Sergeant oder Detective Inspector, ein Systemmanager, meist ein rangniedrigerer Beamter, ein Datenbankspezialist und eine Bürokraft.
    Michael Cowan begrüßte Grace herzlich. »Wie geht’s, Roy? Du siehst aber schick aus.«
    »Alles nur für euch – aber die Mühe hätte ich mir wohl sparen können.«
    »Ha, ha!«
    »Was isst du da für einen Mist?«, fragte Grace. »Hast du eine Ahnung, was da alles drin ist?«
    Michael Cowan verdrehte grinsend die Augen. »Chemikalien, Baby, die halten mich fit.«
    Grace schüttelte den Kopf. »Hier riechts wie im China-Imbiss.«
    Cowan deutete auf die Tafel, die neben ihm stand. SOKO LISBON. »Du kannst gern mein Problem hier übernehmen. Ich habe dafür ein heißes Date sausen lassen.«
    »Ich würde nur zu gern mit dir tauschen.«
    Cowan schaute ihn neugierig an. »Und?«
    »Ich glaube, du würdest dankend ablehnen.«
    »So schlimm?«
    »Schlimmer.«
     

    54
     
     
     
    IM SCHEINWERFERLICHT KONNTE MARK in einer Linkskurve eine Ansammlung von Kränzen ausmachen. Einige lagen am Straßenrand im Gras, andere lehnten an einem Baum und einer Hecke. Es waren noch mehr als beim letzten Mal.
    Er nahm den Fuß vom Gas. Ein Schauer überlief ihn, ließ ihn im Innersten erbeben. Er sah die Kränze im Schein der Rücklichter verschwinden, bis die Nacht sie verschluckt hatte. Josh, Pete, Luke, Robbo.
    Er selbst, wenn das Flugzeug keine Verspätung gehabt hätte. Natürlich hätte dann ohnehin alles anders ausgesehen. Er trat das Gaspedal durch, wollte weg, nur weg, die Gänsehaut verjagen. Sein Handy meldete sich. Ashleys Nummer im Display.
    Er antwortete über die Freisprechanlage, voller Sehnsucht nach menschlicher Gesellschaft. »Hi.«
    »Und?« Sie klang so frostig wie zuvor.
    »Bin unterwegs.«
    »Jetzt erst?«
    »Ich musste warten, bis es dunkel war. Ich glaube, wir sollten das nicht am Handy besprechen – ich komme zu dir, wenn ich fertig bin.«
    »Das wäre wirklich dumm.«
    »Stimmt. Ich – wie geht es Gill?«
    »Aufgelöst. Was hattest du erwartet?«
    »Hm.«
    »Hm? Alles okay?«
    »Geht so.«
    »Bist du jetzt nüchtern?«
    »Natürlich«, erwiderte er gereizt.
    »Klingst aber nicht gut.«
    »Mir geht es auch nicht gut, kapiert?«
    »Kapiert. Aber du machst es?«
    »Wie besprochen.«
    »Rufst du mich danach an?«
    »Klar.«
    Er hängte ein. Vor ihm tauchte Nebel auf, ein feuchter Film überzog die Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer quietschten. Mark schaltete sie aus. Das Gebüsch am Waldrand kam ihm vertraut vor, und er fuhr langsamer, um die Abzweigung nicht zu verpassen.
    Kurz darauf ratterte er über das erste Viehgitter, dann über das zweite, die Scheinwerfer schossen wie zwei Laserstrahlen durch den Nebel. Der Wagen holperte über den Feldweg, er fuhr zu schnell, fürchtete sich vor den Bäumen, die drohend näher zu rücken schienen, und schaute in den Spiegel, ob…
    Ob was?
    Er war nahe dran. Ein leises Murmeln aus dem Radio lenkte ihn ab, er stellte es aus. Sein Atem ging schneller, Schweiß rann ihm über Rücken und Schläfen. Die Motorhaube senkte sich nach vorn, als er mit den Vorderrädern in eine tiefe Pfütze rollte, Tropfen klatschten wie

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