Stirb ewig
hatte etwas gegen ihn in der Hand.
Er lenkte mit den Knien und zog die Gummihandschuhe aus, ließ sie auf den Boden fallen. Natürlich, das passte doch zu Michael. Typisch für ihn. Michael, der Scherzbold. Hatte er das alles selbst inszeniert?
Seine eigene Hochzeit verpasst?
Wilde Gedanken rasten durch seinen Kopf. Hatte Michael Lunte gerochen wegen Ashley? Gehörte das zu seinem Racheplan? Sie kannten sich, seit sie dreizehn waren. Eine Ewigkeit. Michael war clever und erledigte Probleme auf seine Weise. Wenn er nun doch etwas spitzgekriegt hatte? Andererseits waren er und Ashley ungeheuer vorsichtig gewesen.
Er dachte an den Tag, als sie sich auf die Anzeige im Sussex Argus gemeldet hatte und im Büro aufgetaucht war. Sie kam einfach herein, smart, wunderschön, war den anderen Bewerberinnen haushoch überlegen. Spielte in einer anderen Liga.
Er hatte sich gerade erst von seiner langjährigen Freundin getrennt und sich sofort in Ashley verliebt, wie er sich noch nie zuvor verliebt hatte. Sie verstanden sich auf Anhieb, was Michael gar nicht zu bemerken schien. Als sie einen Monat später die Stelle antrat, schliefen sie bereits miteinander.
Nach drei Monaten geheimer Liebschaft gestand sie Mark, dass Michael ganz heiß auf sie sei und sie zum Essen eingeladen habe. Was sie nun tun solle.
Mark war wütend gewesen, ließ sich aber nichts anmerken. Sein Leben lang hatte er in Michaels Schatten gestanden. Michael kriegte immer auf Partys die hübschesten Mädchen ab, Michael überredete die Bank zu einem Darlehen, mit dem er die erste heruntergekommene Immobilie kaufte und einen dicken Profit einstrich, während Mark sich in einer kleinen Buchhaltungsfirma mit einem mageren Gehalt abstrampelte.
Als sie beschlossen hatten, sich zusammenzutun, war es wiederum Michael gewesen, der das Kapital beisteuerte – und dafür zwei Drittel vom Gewinn absahnte. Mittlerweile war ihr Unternehmen mehrere Millionen Pfund wert. Und Michael besaß den Löwenanteil.
Als Ashley damals zu ihnen kam, hatte zum ersten Mal eine Frau erst ihn und dann Michael angeschaut. Und Mark hatte alles auf eine Karte gesetzt und sich mit ihr verabredet.
Danach war alles Ashleys Idee gewesen. Sie musste Michael nur heiraten – und sich geschickt wieder scheiden lassen. Ihn mit einer Hure zusammenbringen und einen Schnüffler mit Kamera hinterherschicken. Sie würde sich mit der Hälfte von Michaels Vermögen begnügen, die ihnen aber zusammen mit Marks 33,3 Prozent die Mehrheit verschaffen würde. Die Kontrolle über die Firma. Ein Volltreffer. So long, Michael.
Todsicher.
Nur war nie von Mord die Rede gewesen.
56
ASHLEY ÖFFNETE in einem cremefarbenen Bademantel, das nasse Haar offen auf den Schultern, und schaute Marks schlammbedeckte Gestalt mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Zorn an.
»Bist du wahnsinnig geworden?«, begrüßte sie ihn. »Wie kannst du herkommen, und das um diese Zeit? Es ist zwanzig nach zwölf!«
»Lass mich rein. Einen Anruf konnte ich nicht riskieren. Wir müssen reden.«
Sie gab nach, da sein verzweifelter Ton sie überraschte, schaute aber links und rechts die Straße hinunter. »Ist dir jemand gefolgt?«
»Nein.«
Sie blickte auf seine Füße. »Mark, was zum Teufel – sieh dir mal deine Stiefel an!«
Er betrachtete seine verdreckten Gummistiefel, zog sie aus und trug sie ins Haus. Mit den Stiefeln in der Hand stand er im offenen Wohnbereich und starrte auf die blinkenden Lichter der HiFi-Anlage an der Wand, deren Ton abgestellt war.
Ashley schloss die Haustür und sah ihn besorgt an. »Du siehst furchtbar aus.«
»Ich brauche was zu trinken.«
»Ich dachte, du hättest genug für heute.«
»Jetzt bin ich verdammt nüchtern.«
Sie half ihm, den Anorak auszuziehen. »Was möchtest du? Whisky?«
»Balvenie, falls du welchen hast.«
»Du könntest ein Bad vertragen.« Sie ging in die Küche. »Und, war es so schlimm? Hast du den Pilot?«
»Wir haben ein Problem.«
Ashley schoss herum. »Wie bitte?«
Mark sah sie hilflos an. »Er war nicht da.«
»Nicht da?«
»Nein – er – ich weiß nicht – er – «
»Du meinst, der Sarg war nicht da?«
Mark erzählte ihr alles. Ashley reagierte, indem sie die Jalousien schloss, ihm Whisky eingoss und sich selbst einen schwarzen Kaffee kochte. Dann setzten sie sich einander gegenüber auf die Sofas.
»Kann es sein, dass du an der falschen Stelle gewesen bist?«
»Und dass es zwei Särge gibt? Nein. Ich habe die Stelle selber
Weitere Kostenlose Bücher