Stirb ewig
Taschen. »Ich war in den letzten Tagen einfach zu nah an der Sache dran. Und was sagt dir dein Gefühl?«
Branson raufte sich frustriert die Haare. »Mann, muss das wirklich immer sein? Kannst du nicht einmal meine Frage beantworten?«
»Keine Ahnung. Wieso?«
»Scheiße, manchmal gehst du mir echt auf die Eier!«
»Na super. Du hattest ein nettes Wochenende mit deiner Familie, hast mich deine Arbeit tun lassen – und jetzt gehe ich dir auf die Eier?«
»Nennst du drei Stunden Hin- und Rückfahrt auf der M1 samt einer streitlustigen Ehefrau und zwei brüllenden Kindern etwa ein nettes Wochenende? Nächstes Mal fährst du mit ihnen nach Solihull, während ich hier bleibe und deinen Scheiß erledige. Abgemacht?«
»Abgemacht.«
Grace ging zu seinem Wagen. Branson zögerte. »Also, was sagt dir dein Gefühl?«
»Es gibt mehr Dinge, Horatio – das sagt es mir.«
»Will heißen?«
»Ich kann es noch nicht deutlicher formulieren. Aber ich habe bei Mark Warren und Ashley Harper ein ganz schlechtes Gefühl.«
»Inwiefern?«
»Einfach so.«
Grace klopfte seinem Freund herzlich auf den Rücken, stieg ein und fuhr zum Sicherheitstor. Als er auf die Hauptstraße abbog, die einen herrlichen Blick auf Brighton and Hove, das Meer und die Sonne bot, die noch hoch am kobaltblauen Himmel stand, legte er Bob Bergs Riddles ein. Allmählich wurde er ruhiger. Und einige köstliche Momente lang verdrängte Cleo Morey alle Erinnerungen an den Fall.
Er lächelte.
Dann wanderten seine Gedanken wieder zur Arbeit, zu der langen Fahrt nach Südlondon und zurück, die vor ihm lag. Wenn er Glück hatte, wäre er um Mitternacht zu Hause.
62
MARK TIGERTE IN JEANS und Sweartshirt durch die Wohnung, ein Whiskyglas in der Hand. Er konnte sich einfach nicht ruhig hinsetzen und nachdenken. Der Fernseher lief ohne Ton. Der Schauspieler Michael Kitchen irrte mit versteinertem Gesicht durch eine vom Krieg geprägte südenglische Landschaft, die Mark vage vertraut vorkam – er vermutete sie irgendwo in der Nähe von Hastings.
Er hatte die Wohnungstür verschlossen und verriegelt. Der Balkon war ohnehin sicher, da er sich im vierten Stock befand.
Zehn Uhr. Es war fast dunkel. Noch drei Wochen bis zum längsten Tag des Jahres. Durch die Balkontür sah er ein einzelnes Licht, das draußen auf den Wellen tanzte. Ein kleines Boot oder eine Jacht.
Er und Michael waren seit Wochen nicht mehr mit ihrer Zehn-Meter-Rennschaluppe »Double M« hinausgefahren. Eigentlich hatte er heute im Jachthafen daran arbeiten wollen. Boote durfte man nie lange vernachlässigen, sonst gab es Lecks, Rost, Risse oder die Farbe blätterte ab.
In Wirklichkeit bedeutete das Boot eine Last für ihn. Er legte keinen Wert auf den ganzen Zirkus und hatte schreckliche Angst vor rauem Wetter. Doch für Michael war Segeln schon immer ein Teil seines Lebens gewesen. Und wenn er Michaels Geschäftspartner bleiben wollte, musste er wohl oder übel auch dessen Hobby teilen.
Natürlich hatten sie eine Menge Spaß gehabt. Viele schöne, windreiche Tage unter strahlend blauem Himmel. Wochenenden, an denen sie bis Devon und Cornwall oder auch hinüber zur französischen Küste oder den Kanalinseln gesegelt waren. Dennoch konnte er durchaus mit der Vorstellung leben, nie wieder einen Fuß auf eine Jacht zu setzen.
Wo zum Teufel steckst du, Michael?
Er trank Whisky, setzte sich aufs Sofa, lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander, fühlte sich ungeheuer verwirrt. Michael und Ashley hätten heute in ihre romantischen Flitterwochen starten sollen, was er lange verdrängt hatte. Dass Ashley mit Michael schlafen würde, und zwar mehr als einmal, gehörte schließlich dazu. Außer, ihr fiel eine Entschuldigung ein. Sie hatte ihm zwar versprochen, sich etwas einfallen zu lassen, aber das würde wohl kaum zwei Wochen lang funktionieren.
Zudem wusste er, dass sie bereits mit Michael geschlafen hatte, es war Teil ihres Plans. Immerhin hatte sie ihm erzählt, Michael sei im Bett nichts wert.
Falls sie denn die Wahrheit gesagt hatte.
Mark klapperte mit den Eiswürfeln im Glas und trank weiter. Die beste Lösung war noch, dass die Jungs es sich anders überlegt hatten – er wusste, dass es Pete sehr unwohl bei dem Gedanken gewesen war, Michael lebendig zu begraben. Vielleicht hatten sie ihn ja woanders eingesperrt?
Er hatte die Witwen von Pete, Luke und Josh und auch Robbos Vater angerufen und sich erkundigt, wann die Beerdigungen stattfinden würden. Doch
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