Stirb, mein Prinz
Seine Röhrenjeans war ebenfalls schwarz und für seine pfeifenputzerdünnen Beine fast schon zu weit. Sein einstmals schwarzes, mittlerweile zu Grau verblichenes T-Shirt verkündete den Namen einer von ihm verehrten Band. Eine, die sich getrennt, wieder vereint und erneut getrennt hatte und von der drei Gründungsmitglieder verschiedenen Formen der Selbstschädigung erlegen waren. Dazu eine schwarze Weste und schwarze Lederjacke. Es war dieselbe, die er immer anhatte und die schon so alt war, dass sie mindestens dreimal aus der Mode und wieder in Mode gekommen war, ohne dass ihr Träger etwas davon gemerkt hätte. Sein Haar war ein verfilztes Nest aus schwarzgefärbten Igelstacheln. Er sah alt genug aus, um früher ein Mod gewesen zu sein, aber dem Kleidungsstil nach zu urteilen, hatte er zuletzt dem Punk nahegestanden und seitdem keine Kraft mehr gehabt, sich neu zu erfinden.
Er behauptete von sich, Dichter zu sein, hatte allerdings nie etwas veröffentlicht, zumindest nicht soweit Mickey wusste. Er behauptete auch, früher mal ein Rockstar gewesen zu sein, obwohl sich niemand daran erinnern konnte, dass er jemals ein Konzert gespielt oder ein Album rausgebracht hätte. Auf alle Fälle aber war er stets ein Verfechter von Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll gewesen. Na ja, zumindest was die Drogen anging. Trotzdem, er schien jeden in der Gegend zu kennen, die Guten wie die Bösen, und hatte ein Händchen dafür, Dinge aus Kreisen herauszufinden, in die Mickey niemals hätte vordringen können.
»Tricky Dicky Shaw«, sagte Mickey.
Stuart runzelte die Stirn. »Tricky Dicky Shaw … na, wenn das mal keine Begegnung mit der Vergangenheit ist …«
»Sein Sohn war in der Stadt«, sagte Mickey. »Unter dem Namen Adam Weaver. Wurde gestern im Halstead Manor Hotel ermordet.«
»Hab davon gehört«, sagte Stuart. »Schon ’ne Ahnung, wer’s war?«
»Das wollte ich dich gerade fragen.«
»Ah. Kapiert.« Er nickte. »Tricky Dicky Shaw. Tja, was sagt man dazu …«
»Meinst du, du könntest dich mal ein bisschen umhören? Ein paar Sachen für mich rausfinden?«
Stuart zuckte die Achseln. »Klar. Mal sehen, was so geht.« Erneutes Stirnrunzeln. Höchste Konzentration. »Adam Weaver … der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Gut. Dann hast du ja schon einen Ansatzpunkt.«
»Wann soll ich mich wieder bei dir melden?«
»Sobald du was rausgefunden hast. So schnell wie möglich.«
»Alles klar, Mr Philips.«
»Okay. Ruf mich an, wenn du was hast.« Mickey wollte gehen, doch Stuart hielt ihn zurück. Mickey drehte sich noch mal um.
»Du könntest mir nicht zufällig ’nen kleinen Vorschuss geben? So als Teilzahlung?«
Mickey stöhnte. Aber er hatte nichts anderes erwartet und war entsprechend vorbereitet. Es war so etwas wie ihr angestammtes Ritual. Er fischte einen Zehner aus seiner Tasche. »Bitte sehr.«
»Die Firma dankt, Mr Philips. Hey, hab ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass du denselben Namen hast wie der Typ, der Elvis und Johnny Cash entdeckt hat?«
»Nur ungefähr jedes Mal, wenn wir uns sehen, Stuart«, sagte Mickey mit einem müden Lächeln. »Und es ist bloß der Nachname. Melde dich, sobald du was weißt.«
»Ist gebongt.«
Mickey ging davon. Es war nicht gerade eine Verfolgungsjagd, aber auf jeden Fall besser als Papierkram.
67 Das Minories Café war in den hinteren Räumen der Kunstgalerie gleichen Namens untergebracht, die gegenüber vom Schloss in einem großen georgianischen Gebäude auf dem East Hill lag. Die Dielen, das bunt zusammengewürfelte Mobiliar und natürlich die üppigen Torten und Quiches machten es zu einem von Marinas Lieblingscafés für die Mittagspause. Jetzt war sie mit Don hergekommen, denn es war überdies ein Ort, an dem sie keine Gefahr liefen, einem Kollegen aus dem Revier zu begegnen.
Das Wetter ließ es gerade noch zu, sich nach draußen zu setzen. Sie wählten einen Tisch, der so weit wie möglich von den anderen Gästen entfernt war, denn niemand sollte hören, worüber sie zu sprechen hatten.
Marina starrte ihre leere Tasse an, die innen bereits trocken war, ein Indiz dafür, wie lange sie schon hier saßen. Sie blinzelte, als erwache sie aus einer Trance, lehnte sich zurück und sah sich um.
Der Garten mit seiner Ansammlung architektonischer Kuriositäten, den scheinbar wahllos platzierten Torbögen und Gewölben, erinnerte sie normalerweise immer an ein Portmeirion im Miniaturformat. Aber in diesem Augenblick hatte sie keine Augen dafür. Sie
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