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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Akte steht?«
    Rose Martin ließ sich gegen die Lehne ihres Sessels sinken und funkelte Marina an.
    Marina dagegen beugte sich noch weiter nach vorn. »Es ist doch so, Rose. In den letzten fünf Monaten haben Sie sich geweigert, mit mir zu sprechen. Sie haben jedes meiner Hilfsangebote abgeblockt.«
    »Weil ich keine Hilfe gebraucht habe. Ich bin alleine damit klargekommen.«
    »Sagen Sie. Sie wollten nicht einmal das Anti-Aggressions-Training mitmachen, das ich Ihnen empfohlen habe.«
    Bei diesen Worten blitzten Roses Augen auf. »Ich habe Ihre Hilfe nicht gebraucht«, wiederholte sie.
    Erneut seufzte Marina. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich weiß, wie Sie sich fühlen.«
    Rose schnaubte. »Ist das jetzt die Stelle, an der Sie einen auf beste Freundin machen? Mir sagen, dass Sie die Einzige sind, die mich wirklich versteht?«
    Marina warf einen Blick auf die Notizen in ihrem Schoß und traf eine Entscheidung. Sie hob den Kopf. »Nein, ist es nicht, Rose.« Ihr kühler, entschiedener Tonfall verbarg den Ärger, den sie wegen des Benehmens dieser Frau empfand. »Das ist die Stelle, an der ich die Professionalität mal für einen kurzen Moment beiseitelasse und vom Drehbuch abweiche. Die Stelle, an der Sie vergessen, dass ich eine Psychologin bin und Sie eine Polizistin. An der wir uns ganz einfach von Mensch zu Mensch unterhalten.«
    Rose schwieg.
    »Ich weiß wirklich, was Sie durchmachen, Rose. Weil mir nämlich dasselbe passiert ist. Das war vor Ihrer Zeit hier, aber die Umstände waren ganz ähnlich. Wenn Sie mir nicht glauben, prüfen Sie es nach.«
    Marina musste kurz innehalten und gegen die Erinnerungen ankämpfen, die auf sie einströmten. Dann fuhr sie fort.
    »Und ich habe genauso reagiert wie Sie. Ich habe gedacht, ich werde schon damit fertig. Das Leben geht weiter – ich muss einfach so tun, als wäre nichts gewesen. Ich habe es versucht. Und es ging nicht.« Sie musste die Gefühle in ihrer Stimme mühsam zurückhalten.
    Die Fassade zeigte erste Risse. Rose sah sie interessiert an. »Und dann?«
    Marina zuckte die Achseln. »Habe ich angefangen, daran zu arbeiten. Schritt für Schritt. Es hat eine ganze Weile gedauert. Länger, als ich anfangs gedacht hätte. Länger, als ich überhaupt für angemessen hielt. Es war nicht leicht. Aber ich habe es geschafft. Mit der Zeit.«
    Die zwei Frauen saßen da und schwiegen. Dann klingelte Roses Handy.
    Sie nahm ab, obwohl Marina gerade sagen wollte, dass sie das Gerät vor der Sitzung hätte ausschalten sollen. Marina beobachtete die Miene der anderen Frau. Feindseligkeit verwandelte sich in höfliches Interesse, und schließlich fing sie beim Zuhören sogar an zu lächeln.
    Rose holte ein Notizbuch und einen Stift aus ihrer Tasche und schrieb sich etwas auf. Dann beendete sie das Gespräch und sah Marina an.
    »Das war DCI Glass. Er hat einen Fall, den ich übernehmen muss.«
    Marina nickte. Die Wortwahl war ihr nicht entgangen. Muss . »Aha, und wann?«
    »Jetzt gleich. Personalmangel. Er ist der Meinung, dass ich wieder voll einsatzfähig bin.«
    »Ist er das?«
    Erneut ein Lächeln von Rose Martin. Ein Siegeslächeln, voller Adrenalin.
    Marina hob die Schultern. »Na, dann gehen Sie wohl besser.«
    »Müssen Sie nicht noch einen Bericht über mich schreiben?«
    »Das scheint ja nun wohl überflüssig geworden zu sein, nicht wahr?«
    Rose verließ den Raum.
    Marina schüttelte den Kopf und schob die Gedanken an Rose Martin beiseite. Sie sah nach, wann ihr nächster Termin war, und warf einen Blick auf die Uhr. Überlegte, was sie zu Mittag essen sollte. Fragte sich, was ihre Tochter Josephina bei ihren Großeltern wohl gerade machte. Da klingelte ihr Telefon.
    Sie nahm ab. Es war DC Anni Hepburn.
    »Störe ich?« Und dann, noch ehe Marina antworten konnte: »Was sagen Sie zu einem kleinen Tapetenwechsel?«
    Marina beugte sich vor. »Worum geht’s denn?«
    Annis Tonfall wurde stockend. »Ich bin gerade im Krankenhaus. Im General Hospital. Und ich könnte wirklich ein bisschen Hilfe brauchen …«
    6 Paul hatte ihn in die Höhle gesperrt. So tief hinein, wie es nur ging. Hatte hinter ihm noch alles Mögliche hineingestopft. Um den Ausgang zu verbarrikadieren. Hoffentlich kam er nie wieder raus.
    Ganz bis in den hintersten Winkel, den schwarzen, nasskalten, hintersten Winkel. Wo die verlorenen Seelen schrien und weinten und klagten. Wo die abscheulichen dreckverkrusteten Erdkreaturen hausten. In den allerhintersten Winkel. Weit weg vom Licht. So weit weg

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