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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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konnte. Etwas anderes hatte er sich nie gewünscht. Es war schon weit mehr, als er sich jemals für sein Leben erhofft hatte.
    Denn Phil hatte nie an dauerhaftes Glück geglaubt. Seine eigene Kindheit und Jugend – in Kinderheimen und Pflege­familien, geprägt von Angst und Gewalt – hatten ihm das ausgetrieben. Für ihn war nichts im Leben selbstverständlich. Er wusste nicht, wie lange das mit ihnen halten würde, aber er genoss es. Jede nervenaufreibende Sekunde. Wenn das Glück war, dann war es das Glück eines Drahtseilartisten, dem es gelang, in schwindelnder Höhe nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Er schlug die Augen auf. Mickey stand vor ihm und machte ein besorgtes Gesicht.
    »Boss? Alles in Ordnung?«
    Phil holte tief Luft, dann noch einmal. Wartete, bis er sich sicher war, dass er sprechen konnte.
    »Alles gut, Mickey. Alles gut.« Er schob die Panikattacke beiseite, genau wie den Käfig und die nagenden, undefinierbaren Gedanken, die sein Anblick in ihm ausgelöst hatte. »Kommen Sie. Auf uns wartet jede Menge Arbeit.«
    8 Donna spürte, wie jemand sie an die Schulter stupste. Sie ignorierte es, wälzte sich herum und hoffte, dass es von selbst aufhören würde.
    Tat es aber nicht.
    »Donna …«
    Das Stupsen ging weiter. Wurde noch energischer. Bis es richtig weh tat. Die Stimme sagte ihren Namen noch einmal lauter. »Donna …«
    Donna öffnete die Augen. Und machte sie gleich wieder zu. »Nur noch ein paar Minuten, Ben. Lass Tante Donna noch ein bisschen schlafen.« Scheiße, hatte sie das gerade wirklich gesagt? Tante Donna? Sie war ja nicht mehr ganz dicht.
    Sie hoffte, dass er sie in Ruhe lassen würde. Aber insgeheim wusste sie es besser.
    »Ich hab Hunger …«
    Wut schoss durch Donna Warrens Körper. Ihr erster Impuls war es, dem kleinen Aas eine zu verpassen, mit der Faust, mitten ins Gesicht, damit er kapierte, dass das Scheißleben nun mal nicht fair war, und wenn man Hunger hatte, dann hieß das noch lange nicht, dass man auch was zu essen bekam. Für wen hielt er sie eigentlich? Seine Mutter oder was?
    Sie kniff die Augen ganz fest zu, obwohl sie wusste, dass er sich davon nicht täuschen lassen würde.
    Langsam schob sie einen Arm auf die andere Seite des Betts und tastete herum. »Wo ist denn deine Mutter?« Donnas Stimme hörte sich schleppend an, wie in einem uralten Schulfilm, der mit falscher Geschwindigkeit abgespielt wurde.
    Aber Ben verstand sie trotzdem. »Weiß nicht … Jetzt komm doch, ich hab Hunger …«
    Donna stöhnte. Es nützte nichts. Sie würde wohl aufstehen müssen. Ihre Wut ebbte ab. Arme kleine Kröte, konnte schließlich nichts dafür, dass seine Mutter in der Nacht nicht nach Hause gekommen war. Aber wenn sie kam, dann würde Donna ihr so was von die Meinung sagen … Sie einfach mit dem Kind hier alleine zu lassen. Es würde nicht lange dauern – von wegen.
    Sie schwang sich aus dem Bett und stellte die Füße auf den Boden. Die Kälte weckte sie aus ihrer Benommenheit, und sie erschauerte kurz. In ihrem Kopf drehte sich alles. Zu viel Alk gestern Abend. Cider und Wodka-Cocktails. Selbst gemixt. Mit schwarzer Johannisbeere. Sie hatte das für eine geniale Idee gehalten, vor allem als Bench und Tommer vorbeigekommen waren und Gras und Charlie mitgebracht hatten. Zu blöd, dass Faith nicht dabei gewesen war. Wusste ja nicht, was sie verpasst hatte. Außerdem hätte sie ihr ein bisschen dabei helfen können, sich um die beiden zu kümmern, statt einen auf geheime Mission zu machen und einfach abzuhauen. So hatte Donna es beiden alleine besorgen müssen. Die Drogen und der Alk wollten schließlich bezahlt werden. Das war nur fair. Es hatte ihr nichts ausgemacht. Nicht viel jedenfalls.
    Sie sah Ben an, der in seinem verwaschenen Spiderman-Schlafanzug dastand. Er war nicht der erste Junge, der ihn trug. »Schon gut …« Sie zog sich den Bademantel über. »Komme ja schon …«
    Als sie es nach unten geschafft hatte, wobei ihre Knochen ächzten, als wäre sie mindestens zehn, wenn nicht gar zwanzig Jahre älter als ihre zweiunddreißig, wartete Ben bereits in der Küche auf sie. Wahrscheinlich hatte er die Schränke durchwühlt, um zu sehen, was da war. Vielleicht hatte er sich sogar was rausgenommen. Und trotzdem sollte sie jetzt noch für ihn kochen. Kleine Ratte.
    Im Wohnzimmer blieb sie stehen und beäugte das Chaos der vergangenen Nacht. Typisch. Einfach aufkreuzen, eine Sauerei veranstalten und sich dann verpissen. Aber sie hatte keinen Grund zum Meckern.

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