Stirb, mein Prinz
den blendenden Lichtern. Nichts zu sehen. Da war niemand.
Erneut blickte er sich um. Fenton konnte nirgendwohin. Nirgendwohin.
Mickey knurrte und schüttelte den Kopf.
Völlig unmöglich.
Er sah noch einmal genauer hin. Ging an den Containern entlang. Links von ihm, am Fuß des höchsten Containerstapels, war ein merkwürdiger Schatten. Mickey ging darauf zu und blieb ein Stück davor stehen.
Es war nur ein ganz schmaler dunkler Streifen. Wenn er nicht so wachsam gewesen wäre, hätte er ihn gar nicht bemerkt. Er trat näher, um ihn sich genauer anzusehen. In die stählerne Seite des Containers war eine Tür eingelassen. Sie war mit zwei Riegeln und einem Vorhängeschloss gesichert. Die Riegel waren aufgeschoben, das Schloss nicht eingerastet, die Tür nur angelehnt. Das war es, was den Schatten verursacht hatte.
Hierhin war Fenton also verschwunden. Er hatte sich Mühe gegeben, die Tür hinter sich zu schließen, hatte aber die Riegel von innen nicht vorschieben können.
Mickey öffnete die Tür und schlüpfte in den Container. Er hatte die Waffe im Anschlag und war auf alles gefasst.
Nur nicht auf den Anblick, der sich ihm bot.
129 Phil war wie gelähmt, während die Klinge unaufhaltsam auf ihn zukam.
Finn schrie von von Sinnen. »Nein! Nein! Er bringt dich um … nicht!«
Die Stimme des Jungen riss ihn aus seiner Erstarrung. Phil taumelte zur Seite. Im nächsten Moment fuhr die Sichel dort durch die Luft, wo er eben noch gestanden hatte.
In seinem Kopf drehte sich alles. Sein Arm wurde langsam taub.
Gärtner holte erneut aus.
Und wieder konnte Phil ihm gerade noch rechtzeitig ausweichen.
Lange würde er das nicht mehr durchhalten. Er hatte viel Blut verloren und wurde immer schwächer. Das Adrenalin, das durch seine Adern rauschte, beschleunigte den Blutverlust nur noch.
Er stolperte und wäre fast gestürzt. Nein. Das durfte nicht passieren. Mit letzter Kraft hielt er sich aufrecht.
Und wieder griff Gärtner an. Er blutete fast genauso stark wie Phil, doch das schien ihn nicht aufzuhalten. Phil wusste, dass es diesmal passieren würde. Einen von beiden würde es jetzt erwischen. Ihn oder Gärtner.
Er versuchte, seinen Gegner aus dem Konzept zu bringen.
»Nehmen Sie die Maske ab …«
Gärtner beachtete seine Worte nicht.
»Nehmen Sie sie ab. Ich will Ihr Gesicht sehen …«
Gärtner machte ein Geräusch. Vielleicht war es ein Lachen, aber vielleicht hatte er sich auch nur geräuspert. Ohne die Sichel loszulassen, nahm er die Maske und zog sie sich vom Kopf.
»Schon besser. Jetzt kann ich Sie sehen.«
Gärtner schleuderte die Maske in eine Ecke. Lächelte. »Diesmal kriege ich dich.«
»Wird auch Zeit«, entgegnete Phil. Hoffentlich würde er sich lange genug aufrecht halten können, um die Sache zu Ende zu bringen. »Es ist schon spät. Die Tagundnachtgleiche ist fast vorbei. Nicht dass Sie sie noch verpassen …«
Wutentbrannt stürzte sich Gärtner auf ihn.
»Phil, pass auf!«
Eine Stimme. Hinter ihnen. Phil erkannte sie sofort.
Gärtner wirbelte herum, Erstaunen auf dem Gesicht.
Phil zögerte nicht. Mit einem Schritt war er bei ihm. Er zog ihm die Klinge über die Kehle und sprang dann hastig zurück, als das Blut aus der Wunde schoss und auf ihn spritzte.
Gärtner ließ seine Sichel fallen und griff sich an den Hals. Ein Gurgeln drang aus seinem Mund. Er versuchte den Blutfluss zu stoppen, indem er die Finger in die Wunde drückte. Er drückte fester und fester. Noch mehr Gurgeln. Das Blut floss immer schneller.
Phil sah ihm zu. Sein Gesicht zeigte keine Regung.
Gärtner sackte auf dem Steinboden in die Knie. Er sah mit fragendem Blick zu Phil hoch, als verlange er eine Erklärung von ihm.
Phil hatte keine zu bieten. Schweigend starrte er zurück.
Gärtner kippte nach vorn. Sein Kopf traf den Steinfußboden mit einem dumpfen Schlag. Mit weit aufgerissenen Augen lag er da, während der Blutstrom zu einem Rinnsal wurde und schließlich versiegte.
Phil stieß einen Seufzer aus und spürte, wie die Beine unter ihm nachgaben.
Marina eilte an seine Seite. »Ich halte dich«, sagte sie. »Ich halte dich.«
Er legte den Arm um sie und ließ sich von ihr stützen. Er sah zum Käfig. Zu dem Jungen, der darin kauerte. »Du … du hast mir … das Leben gerettet …« Er lächelte matt.
Zusammen mit Marina ging er auf Finn zu.
»Jetzt holen wir dich da raus.«
Finn hatte aufgehört, zu weinen und zu schreien. Ungläubig sah er sie an.
Er rührte sich nicht. Er wollte –
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