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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Schnitzereien – Fruchtbarkeitsgöttinnen, Phallussymbole und mythologische Tiere.
    Es sah gut aus. Es war nur von allem ein bißchen zu viel. Immerhin, Geld und Geschmack… Fragte sich nur, wessen Geschmack. Treys oder des Innenarchitekten.
    „Sieht ja toll aus“, stellte Katja fest – toll kann alles mögliche bedeuten. „Ganz schön feudal hier. Hätte ich nicht gedacht, daß man als schlichter Chefredakteur…“
    Buth lachte. „Seine Frau ist eine geborene Neureich… Aber nichts gegen unseren Dr. phil. – er hat mit seinen Fernsehspielen auch schon ein paar Pfennige nebenbei verdient.“ Er ließ sich in den Sessel fallen.
    Katja setzte sich auf das Sofa. „Hans-Dieter Trey. Nie gehört…“
    „Können Sie auch nicht. Das macht er unter einem Pseudonym. Was er da schreibt, paßt nicht ganz ins Brammer Tageblatt … Aber das bleibt bitte unter uns.“
    „Natürlich.“
    Sie fand Buth immer sympathischer. Es war schön, daß er mit Kossack befreundet war, da sah sie ihn öfter. Wenn er auch politisch ganz woanders stand, aber als Mensch…
    „Als Lyriker hat er sich auch betätigt“, sagte Buth: „Glanzlos zittern die Lichter der Nacht und so.“
    „Ach? Hätt ich ihm gar nicht zugetraut.“
    „Ja, die Leute vom zweiten Bildungsweg!“ spottete Buth. „Angefangen hat er als Maurer.“
    „Ich find’s toll.“ Diesmal meinte sie es eindeutig positiv.
    „Er ist schon ein toller, aber kein Toller.“
    Katja sah ihn verständnislos an.
    Buth ging zur Schrankwand, zupfte einen Band des voluminösen Lexikons heraus und las genüßlich: „Toller, Ernst, kommunistischer Politiker und Schriftsteller, geboren 1.12.1893 in Samotschin (Posen), gestorben durch Selbstmord 22.5.1939 in New York. Seine revolutionären expressionistischen Dichtungen erregten starkes Aufsehen.“
    Katja war beeindruckt. Und das bei einem Bauunternehmer…
    Buth konnte offenbar Gedanken lesen. Er grinste. „Sie stellen sich Unternehmer, noch dazu Bauunternehmer, auch nur als tumbe, geldgierige Blutsauger vor, was?“
    „Klassenfeind bleibt Klassenfeind, auch wenn er so ist wie Sie“, erwiderte sie etwas hölzern.
    „Feinde soll man ja bekanntlich lieben… Klassenfeinde auch?“
    „Ich werde mich hüten, ja zu sagen.“
    „Um Gottes willen, ich will Ihnen da nichts einbrocken – Ihre Glaubensgenossen reagieren ja auf so was allergisch.“
    Katja fand zur alten Form zurück. „Bei Ihnen nicht; da wissen doch alle, daß Sie Hunderten von Menschen Lohn und Brot geben und Bramme ohne die BUTH KG in zehn Jahren so daliegen würde wie heutzutage Mykenä.“
    „Ich merke, Sie schießen sich langsam ein.“
    „Das scheint Sie zu amüsieren?“ fragte Katja drohend. Sie war sich ihrer Ohnmacht bewußt und unterdrückte mühsam ihren Zorn.
    „Ich bin nicht amüsierter als meine Arbeiter. Die wissen genau, daß ich kaum schlimmer bin als die Bürokraten in fernen Ministerien oder die Räte, die sie wählen und die dann großkotzig auf diejenigen herabsehen, die immer noch die Dreckarbeit machen… Die verstehen mehr von Soziologie als Sie von Mosca und Pareto; die haben klar erkannt, daß sie lediglich eine Elite gegen eine andere eintauschen würden.“
    Katja protestierte dagegen, und sie stritten sich so lange, bis Buth ihr einen Highball mixte.
    „Tun Sie nicht zuviel Arsen rein“, lachte Katja.
    „Wenn schon was, dann höchstens Aphrodisiaka.“
    „Typische Herrenallüren: automatisch Anspruch erheben auf die Töchter der Arbeiterklasse.“
    „Nur auf die schönsten.“
    „Danke! Aber trotzdem.“
    „Allerdings war Ihr Großvater Oberstaatsanwalt, also schlimmster Knecht der herrschenden Klasse, und Ihr Vater ist immerhin Hotel-Direktor mit mindestens dreitausend netto im Monat. Wie geht’s ihm eigentlich?“
    Katja entspannte sich wieder. Buth war viel zu nett, als daß man dauernd aggressiv sein konnte. „Er freut sich über den Familienzuwachs.“
    Buth nickte. „Ist ja auch eine tolle Geschichte! Meinen herzlichsten Glückwunsch auch noch, daß sich alles so in Wohlgefallen aufgelöst hat. Ist wohl nicht der richtige Ausdruck, aber… Sagen Sie mal, wie machen Sie’s eigentlich mit dem Namen?“
    „Ich werd wohl meinen behalten.“
    „Katja Kossack wäre auch nicht schlecht. Aber vielleicht heiraten Sie ja bald…“
    „Nicht daß ich wüßte.“
    „Tja… Wie fühlt man sich denn so, wenn man plötzlich Tochter geworden ist?“
    „Wie neugeboren.“
    Buth wechselte das Thema und fragte sie nach einigen

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