Stoerfall in Reaktor 1
nichts, was konkret ist«, sagt sie. »Wir stochern bisher nur rum und reimen uns irgendwas zusammen. Unsere Informationen reichen nicht, um jetzt schon was zu unternehmen. Selbst wenn uns jemand zuhören würde, hätte keiner eine Chance, irgendwas daraus zu machen. Und im schlimmsten Fall würde es nur dazu führen, dass sie im AKW Panik kriegen und alle Unterlagen verschwinden lassen, die irgendwas beweisen könnten. Das darf nicht passieren, verstehst du? Wir müssen selbst dranbleiben an der Sache, anders geht es nicht. Lass uns erst mal hoffen, dass diese beiden Ex-Bullen vielleicht denken, es wäre wirklich nur eine bescheuerte Aktion von irgendwelchen Leuten gewesen, die sonst nichts weiter wissen. Und dass sie das Interesse an der ganzen Sache wieder verlieren, wenn jetzt nicht noch irgendwas passiert. Also sag auch Jannik, dass ihr einfach nur … gar nichts macht. Und Alex genauso! Und wenn wir uns in der Schule sehen, machen wir es so wie immer, nichts hat sich verändert, du hängst mit deinen Leuten ab und ich, ich hab die Band. Was anderes interessiert mich nicht, das weiß ja sowieso jeder.«
»Schon klar …«
»He«, sagt Hannah wieder, als wüsste sie genau, was Lukas gerade denkt, »fang jetzt bloß nicht an sentimental zu werden. Dass du gerade hier bei mir bist, heißt nichts weiter, als dass wir … einen Deal miteinander haben, klar? Sonst nichts. Kein Neuanfang für irgendein Romeo-und-Julia-Ding, oder so was. Wenn ich damit klarkomme, kannst du das auch. Und jetzt gehst du am besten schön brav nach Hause und machst das, was du sonst um diese Zeit auch machst. Ich spiel noch ein bisschen am Computer, mal sehen, ob ich noch weiter in ihr System reinkomme.«
Lukas nickt. »Also dann«, sagt er, wenn auch ein bisschen enttäuscht. Aber sie hat recht, natürlich hat sie das.
Aber als er aufsteht, legt Hannah warnend den Finger an ihre Lippen. Gleich darauf hört auch Lukas die Stimmen. Unten, auf der Terrasse neben der Feuertreppe.
»Meine Eltern sind zurück«, flüstert Hannah. Sie blickt auf die Uhr. »Kurz vor eins, ich hoffe nicht, dass sie ausgerechnet jetzt auf die Idee kommen, draußen noch was trinken zu wollen.«
Sie schaltet das Licht im Zimmer aus und macht vorsichtig die Tür zur Feuertreppe einen Spaltbreit auf.
Es klingt, als würden ihre Eltern sich streiten.
»Du bist kaum noch einen Abend zu Hause gewesen in letzter Zeit«, beschwert sich Hannahs Mutter. »Bist du eigentlich mit mir verheiratet oder mit dem Werk? Bitte, Sebastian, ja? Gibt es da irgendwas, worüber wir reden sollten?«
»Waren wir heute Abend im Theater oder nicht?«, antwortet Hannahs Vater deutlich gereizt.
»Ach, soll ich mich vielleicht auch noch dafür bedanken, dass du großzügigerweise mal wieder mit mir in der Stadt warst? Und damit ist es jetzt erledigt, oder was? Nein, mein Lieber, so nicht! So mache ich das nicht mehr länger mit. Und du brauchst auch keine Flasche Wein mehr aufzumachen. Nicht für mich! Wenn du jetzt vorhast, dich zu betrinken, dann mach das gefälligst alleine!«
Eine Tür knallt. Ein Stuhl wird über den Boden gerückt, gleich darauf ploppt ein Korken, und dann hören Lukas und Hannah, wie Wein in ein Glas geschenkt wird. Hannah streckt den Kopf durch die Tür, bis sie die Terrasse überblicken kann. Lukas riecht deutlich Zigarettenrauch.
Hannah dreht sich zurück ins Zimmer. Ganz leise schließt sie die Tür. Lukas kann ihr Gesicht in der Dunkelheit nur als verschwommenen Fleck erkennen. Ihre Augen wirken riesig.
»Dumm gelaufen«, flüstert Hannah. »Wenn ich die Lage richtig einschätze, sitzt er da jetzt, bis die Flasche leer ist. Und das kann dauern …«
»Und wenn ich vorne bei euch rausschleiche? Wir warten, bis deine Mutter im Bett ist und dann …«
»Das wäre eine Möglichkeit«, antwortet Hannah immer noch flüsternd, wobei sie das »eine« deutlich betont. »Oder wir nehmen es als das, was es ist: Eine Imponderabilie!«
»Eine was?«
»Ein unvorhergesehener Zwischenfall, etwas, was passiert, ohne dass du damit rechnen konntest. Und was eine spontane Entscheidung erfordert. Wobei ich glaube, dass es das Wort nicht im Singular gibt, aber egal.«
Hannah hat sich bei ihren Worten nicht bewegt, immer noch sieht Lukas sie als Silhouette vor dem schwachen Licht des Mondes, das schräg in ihr Zimmer fällt. Aber jetzt streift sie sich ihr T-Shirt über den Kopf, lässt es achtlos auf den Boden fallen und kommt zu ihm.
Als er ihre nackte Haut an seinen
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