Störgröße M
vollkommener. Der Vergleich wird Sie erkennen lassen, daß Menschen wie Isobaner die wunschlosesten Wesen sind, die den Kosmos bevölkern. Fliegen Sie hin. Auf der Erde ist nichts zu verbessern. Jetzt nicht und nicht in tausend Jahren. Ihre opfervolle Tätigkeit hat Ihr Denken strapaziert. Gönnen Sie ihm Muße.« Der Minister blickte unendlich gütig. »Wenn Sie zurückkehren, sieht alles ganz anders aus.«
Ein letztes Aufbegehren wagte Grünspan. »Mein Gewissen, mein Ethos! Ich muß verändern. Es drängt mich zu helfen. Ein anderes als solches Leben hätte keinen Sinn mehr.«
»Ja, verändern«, rief der Minister, und in seiner Stimme lag ein sanfter Vorwurf. »Überlassen Sie solche Dinge uns MikroKristalliden, ich bitte Sie.« Er erhob sich. »Genießen und begreifen Sie Isoba. Kehren Sie wieder als ein neuer Mensch, als ein zufriedener. Adieu!«
Grünspan vermied es, den Minister anzusehen. Ein MK! Wie hatte er sich täuschen lassen. Die Glieder waren ihm schwer. Er entfernte sich mit mühsam beherrschten Bewegungen. Das Gespenst des Fortschritts umgab ihn wie ein zähes Medium. Hinter ihm schloß sich die Tür. Einen Augenblick stand er still, dann erreichte ihn sein eigener Ruf. »Ha!« Er würde beweisen, daß auch auf der Erde Hilfe not tat, wenn nicht heute, dann morgen. Irgendeine Ära harrte seines Eingreifens.
Eine ganze Woche verbrachte er damit, darüber nachzudenken. Er prüfte die Gegenwart. Anscheinend vergeblich. Alle Menschen, denen er begegnete, Fremde oder alte Bekannte, machten auf ihn keinen anderen Eindruck als einen zufriedenen. Er traf auf freundliches Unverständnis. Niemand konnte ihm weiterhelfen. Die Zukunft? Er begegnete seiner eigenen Maxime: Wenn der erste Schritt gut ist, kann der zweite nicht falsch sein. Nach kurzem Überlegen kam er darauf, daß darin nicht das Problem lag. Es kommt, resümierte er, darauf an, ihn zu tun, das heißt, man muß ihn vorbereiten.
Du bist zehn Jahre hinter der Zeit zurück, sagten ihm seine Bekannten. Der Fortschritt hat uns solche Sorgen abgenommen.
Nach einer weiteren Woche war er der Verzweiflung nahe und buchte irgendeinen Flug, den nächsten, der abging. Auf Umwegen gelangte er schließlich ans Ziel.
In offenen Fahrzeugen wurden die Passagiere zum Kontrollzentrum des isobanischen Flughafens gefahren. Milde, von zarten Aromen gewürzte Luft umwehte Grünspan. Seine Empfindungen labten sich an der üppigen Vegetation, die den Landeplatz begrenzte.
Berge erhoben sich zur einen, zur anderen Seite weitete sich die See. Die maßvolle Fülle des Lichts gab den Farben eine Kraft, die alles sprengen wollte und alles verband. Ihm war, als wäre er hier geboren, als wäre er hier erschaffen worden. Hatte eine Sonne das Paradies erhellt? Dieses hier umkreisten sieben. Drei künstliche in jeder Hemisphäre sowie das Zentralgestirn. Nie während seiner Tätigkeit hatte er von dieser Welt gehört. Sieben Sonnen! Welche Möglichkeiten! Doch das Licht, die Wärme, waren angenehm und in keiner Weise störend. Die Vollkommenheit bedurfte keines Sonnenschirms.
Nach kurzer, freundlicher Kontrolle durfte er das Gebäude verlassen, und als hätte er damit erst die Grenze zwischen zwei Welten passiert, öffneten sich seine Sinne der Romantik, der Muße. Wie eben noch umwob der Sonnenkranz den Planeten, eine Aureole aus Licht und atmosphärischem Azur. Doch sein Gehör nahm eine Hymne der Helligkeit wahr, klingende Töne, die die Farben in rauschender Komposition verströmten. Maßvoll maßloses Leben erregte Hoffnungen. Dieser Planet war voller offenbarer Geheimnisse.
Im ersten Augenblick identifizierte sein Auge die Störung nicht. Inmitten der Menge der Isobaner erkannte er einen Schatten, eine Silhouette, die nicht hierher gehörte, die Gestalt eines dürren, gebeugten Individuums. Zielbewußt näherte sich ihm Don Penser. Es mochte auf der Erde Gründe gegeben haben, weshalb er ihr Scheiden bedauerte. Hier jedoch irritierte ihn der Anachronismus der Erscheinung bis zur Hilflosigkeit.
Umgeben von der Sanftheit der hiesigen Humanoiden, die von kräftig-schlankem Wuchs und mandeläugig waren, deren Haut in der Farbe des Akazienhonigs schimmerte, zu der das blauschwarz überströmend dichte Haar reizvoll konstrastierte, bildete Pensers mürrische Entschlossenheit, sein bohrend wißbegieriger Blick, ja, selbst sein ausgreifender, unruhvoller Schritt, einen penetranten Gegensatz. In diesem Fluidum des Übermaßes und der Mäßigkeit in einem, der Harmonie, wirkte er
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