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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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nichts. Der Blick des Mädchens wurde bittend, fast flehend und sie nickte schließlich. „Ganz sicher.“ Sie ärgerte sich über sich selbst und über ihren Tonfall, der so gehemmt klang, dass sie sich selbst nicht glauben konnte.
    Amy stieg aus und Laine fuhr ohne ein weiteres Wort wieder an. Sie lenkte den Wagen zu Jamian nach Hause und stellte ihn vor der Tür ab. Ihre Hände wollten das lederummantelte Lenkrad, das Jamian manchmal so zärtlich und in Wut rabiat umfasste, nicht recht loslassen. Sie zwang sich dazu und machte sich zu Fuß auf den Weg nach Inverness.
    Sie war immer gern allein gewesen. Aber nie in ihrem langen Leben hatte sie sich dabei einsam gefühlt.
    So wie jetzt.

    *
    Der Wagen hielt vor dem eindrucksvollen Sandsteinbau, in dem der Oberste Senator residierte und Jamian wurde von Magnus und den wortkargen Männern, die er befehligte, durch den Vordereingang hinein geleitet.
    Eine große, mit kunstvollen Marmorfliesen ausgelegte Halle führte in ein opulent eingerichtetes Büro, aus dem klassische Musik ertönte. An den Wänden hingen chinesische Wandteppiche aus fluffigem Yun Brokat, außerdem Gemälde und eine orientalische Maske aus Porzellan. Den dicken Teppich vor dem Ebenholzschreibtisch verunstaltete ein Blutfleck. Jamian wusste, wessen Blut das war. Den Schmerzen in den Schultern trotzend, presste er seine gefesselten Hände härter gegeneinander.
    „Ich bin erfreut , dich zu sehen, Jamian Bryonts. Willkommen.“ Der Oberste Senator erhob sich aus dem Ledersessel und umrundete den Schreibtisch. Er wirkte zufrieden, vielleicht schwang sogar ein Hauch Erleichterung mit. Ob das echt war? Männer von seinem Rang verbargen sich gegenüber dem Fußvolk unter einer Maske aus reservierter Höflichkeit, die blitzschnell in Eiseskälte umschlagen konnte und ebenso rasch zurück. Als blätterten sie ihre Wirkung auf andere in einem Katalog aus Möglichkeiten durch. Vermutlich war jedes Gefühl in einem ledergebundenen Filofax archiviert und stets griffbereit.
    Mit einem Kopfnicken schickte der Oberste Senator Magnus und seine Männer aus dem Büro. „Bedauerlich, dass wir deinen Bruder mit einbeziehen mussten“, sagte er und musterte die Blutflecken auf Jamians T-Shirt. „Ein guter Junge. Du hast uns leider keine Wahl gelassen. Auch dass du verletzt wurdest, lag nicht in meiner Absicht. Du hättest auf Sinead hören sollen. Sie meint es gut mit dir.“
    „Sparen Sie sich die nette Show. Das klang am Telefon ganz anders.“
    „Ich weiß.“ Der Oberste Senator nickte. Für ihn schien das alles eine Selbstverständlichkeit zu sein, als verhandelte er ein Geschäft. „Ich drohe ungern, mein Junge, aber auf freundliches Bitten wärst du mir nicht gefolgt.“
    „Warum tun Sie das, Senator?“, fragte Jamian.
    Dieser ignorierte, dass Jamian auf die korrekte Ansprache verzichtet hatte. „Die Welt wird eine bessere sein, wenn die Blutsauger kein Problem mehr darstellen.“ Lässig ließ er sich auf der Kante seines Schreibtisches nieder. Sein nachdenklicher, aber unbeeindruckter Blick schweifte für den Bruchteil einer Sekunde zu einem gerahmten Bild, das dort aufgestellt war. Jamian konnte nur die Rückseite erkennen, aber klassischerweise stand an dieser prominenten Stelle ein Familienporträt .
    „Es ist unsere Aufgabe, sie in Schach zu halten, Jamian.“
    „Aber nicht, sie auszulöschen!“ Galle stieg ihm im Hals hoch. Der Schmerz in den Schultern ließ nach; verdrängt von einem Gefühl der Taubheit. „Sie handeln ohne das Wissen des Senats! Sie wissen, wie falsch ihr Plan ist, sonst würden sie es nicht verheimlichen. Im Senat bekäme diese Aktion niemals Zustimmung.“
    Der Oberste Senator schüttelte nur sanft den Kopf. An seiner asketische Beherrschung ließ sich noch erahnen, wo die Kienshi ihren Ursprung hatten. Vor langer Zeit waren sie aus einer asiatischen Vereinigung entstanden, die Kampf- und Meditationskunst mit dem überwältigenden Wissen der damaligen Heil- und Körperkunde verband. Heute waren ihre Spuren selbst vor den Augen spezialisierter Historiker zu Mythen und Legenden verwaschen. Ian Drawn gehörte zu den wenigen, die die Vergangenheit nicht ruhen ließen, sondern immer tiefer hineingrub , um sich an ihren Geheimnissen zu nähren und zu wachsen.
    „Ich werde niemanden unnötig in Gefahr bringen“, sagte er. „Daher handle ich im Alleingang. Ich erweise dieser Welt einen Gefallen.“
    Jamian setzte ein boshaftes Grinsen auf. „Blullshit, Meister. Niemanden in

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