Stolz der Kriegerin
kurzen Prozess. Oder glaubst du etwa, hier hätte auch nur einer zu deinen Gunsten gesprochen?«
»Das hätten sie gewiss nicht«, antwortete Rogon und musterte Tharon mit einem scharfen Blick. Der Mann wirkte auf ihn wie eine schwarze Fackel. »Du bist ein Magier, sonst hättest du diese Schurken nicht so leicht zum Aufgeben gebracht!«
Tharon antwortete mit einem geschmeichelten Lächeln. »Nun, ein paar kleine Fähigkeiten nenne ich mein Eigen. Die meisten Barden tun dies, du ja auch.«
»Wie meinst du das?«
»Ich meine deine Katze. Sie sah aus, als wolle sie dir wenigstens einen der Kerle vom Hals halten. Sie sollte sich jedoch mehr an Gegner halten, die nicht um so viel größer sind.« Tharon streckte lächelnd die Hand aus und streichelte Jade, die immer noch unerschütterlich auf Rogons Schulter saß.
»Ich hätte dem Kerl schon eingeheizt!«, las er in dem Moment, in dem er die Katze berührte, in ihrem Kopf. Das Tier war nicht nur magisch, sondern auch intelligenter als alles, was an Rassegefährten in T’wool herumlief.
»Ein bemerkenswertes Wesen! Ich habe von diesen Katzen in alten Liedern gehört. Sie waren damals nicht die Schoßtierchen, als die die Damen der blauen Reiche sie heutzutage sehen, sondern dienten Ilynas Kriegerinnen als Boten und Späher. Sie griffen auf der Seite ihrer Besitzerinnen sogar in die Kriege ein. Ich habe … singen gehört, dass sie in der Lage sind, mit ihren Zähnen und Krallen die Halsschlagader eines Menschen oder Eirun zu zerfetzen.«
Beinahe hätte Tharon sich verraten und gesagt, er habe dies selbst erlebt. Doch auch wenn einem magisch begabten Barden die mehrfache Spanne eines normalen Menschenlebens zugemessen war, so hätte einer, der noch die Götterkriege erlebt hatte, Aufsehen erregt.
Rogon wusste, dass ihn ein Sieg über die aufgeblasenen Kerle erst recht in Schwierigkeiten gebracht hätte, und beruhigte sich wieder, während Tirah weiterhin auf der Hut blieb. Den Barden Daar kannte sie aus erheblich früherer Zeit, und daher versuchte sie, sich an das Geheimnis zu erinnern, das diesen umgab.
»Ich sage dir Dank und lade dich zum Wein und unserem Festmahl ein«, erklärte Rogon mit einem Seitenblick auf den nach nichts aussehenden Fischeintopf, den ihnen die Schankmaid eben vorsetzte.
»Dann danke ich dir und lade dich zur nächsten Mahlzeit ein!« Tharon klopfte Rogon scheinbar kameradschaftlich auf die Schulter, versuchte dabei aber mit seinen Kräften, tiefer in den jungen Mann einzudringen. Zu seiner Überraschung stieß er jedoch auf einen magischen Schild, der auch für ihn undurchdringlich war. Solch exzellente Selbstabschirmer gab es selbst in Ilynas eigenem Land weniger als Finger an einer Hand. Am meisten aber irritierte ihn die Tatsache, dass der junge Wardan bisher magisch kaum ausgebildet zu sein schien. Wie es aussah, war er an ein wildes Talent geraten, das ihm wahrscheinlich noch einige Überraschungen bereiten würde. Schon deshalb durfte er den Burschen nicht mehr aus den Augen lassen.
»Hast du auch einen Namen, mein Freund?«, fragte er, um mehr über sein Gegenüber zu erfahren.
»Ich bin Rogon a’Gree«, antwortete Rogon kurz angebunden.
»Rogon von oder mit der Katze?«, spöttelte Tharon und hob sofort die Hand, als er merkte, dass die Magie des jungen Mannes wieder aufflammte.
»Das war nur ein Scherz! Deiner Aussprache nach musst du ein Edelmann aus den nördlichen Wardan-Reichen sein, und doch deutet dein Akzent auf die Heilige Stadt hin.«
»Dort habe ich sechs Jahre meines Lebens verbracht, und das mag meine Zunge gefärbt haben«, erklärte Rogon und lenkte Tharon damit, ohne es zu wollen, auf eine falsche Spur.
Der Evari nahm nun an, in ihm den Nachfahren eines der alten, hochadligen Priestergeschlechter zu sehen, die sich ihre Fähigkeiten durch entsprechende Heiraten besser bewahrt hatten als die meisten anderen Menschen. Meistens blieben diese Leute in ihrer Heimat oder dienten im blauen Tempel von Edessin Dareh. Rogon a’Gree hingegen hatte ein Leben auf Wanderschaft gewählt. Tharon witterte ein Geheimnis dahinter und gab sich daher so freundlich, als säße ihm sein liebster Freund gegenüber und kein Mann, der genauso gut ein Anhänger des Unruhestifters Frong sein konnte.
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Zwölftes Kapitel
Vanaraan
L aisa wachte mitten in der Nacht auf und konnte nicht sagen, ob ein Geräusch oder ihr Instinkt sie geweckt hatte. Da sie gelernt hatte, Letzterem zu vertrauen, verließ sie ihr Lager und huschte
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