Stolz der Kriegerin
sollte, blieb er auf der Südseite des Dreifarbenflusses, richtete seine magischen Sinne jedoch nach Ligaij hinein. Dort gab es einige leicht magisch begabte Leute, die größtenteils von ihren Fähigkeiten nichts wussten, obwohl diese ihren Mitmenschen hilfreich gewesen wären. In der Hinsicht hatten er und die anderen Evaris versagt. Sie hätten Schulen einrichten und die Begabten ausbilden müssen, denn damit hätten sie ihren Einfluss in den Ländern ausbauen können.
Da es jedoch nichts brachte, verschüttetem Wein nachzutrauern, entschloss Tharon sich, noch bis zur nächsten Hafenstadt weiterzugehen und dort seine nutzlose Suche abzubrechen. Wenn er die Anzeichen richtig deutete, war es wichtiger, in Arendhars Nähe zu bleiben. T’wools König war das stabilisierende Element im Süden. Wenn er fiel, würde hier endgültig das Chaos ausbrechen.
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Tharon sah bereits die Mauern von T’woolorok vor sich, die er sich zum Ziel genommen hatte, als er plötzlich das Blau jenes magischen Sängers spürte, der ihn so beunruhigt hatte. Seltsamerweise war es mit einem starken Violett vermischt. Ohne auf die Menschen zu achten, die gleich ihm in die Stadt eilten, verließ er die Straße, lehnte sich an einen Baum und zwang einen der großen Raben, die am Himmel kreisten, unter seinen Willen. Sobald er durch die Augen des Vogels schauen konnte, lenkte er ihn auf den Fluss zu. Eine knappe Meile weiter entdeckte er am Nordufer eine Fähre und einen Wanderer, der in Richtung der Anlegestelle ging. Als Tharon ihn aus der Ferne überprüfte, glaubte er bereits, sich geirrt zu haben, denn der junge Mann erschien ihm alles andere als magisch.
Dann aber sah er die magisch leicht strahlende Katze auf seiner Schulter und die beiden Schwerter. Das eine war eine gute, von Kharimdh geschmiedete Klinge und damit schon ungewöhnlich für einen einfachen Mann aus dem Volk. Das andere aber erschreckte ihn zutiefst. Einen Augenblick lang hoffte er, sich zu irren und eine der Kopien vor sich zu sehen, die sich die Herrscherinnen und Herrscher violetter Länder anfertigen ließen, um damit zu prunken. Doch als er seine magischen Sinne ganz auf diese Waffe richtete, gab es keinen Zweifel mehr.
Es handelte sich um das Original, das Schwert jener violetten Kriegerin, um die er Sirrin immer beneidet hatte. Doch wie kam der Bursche an diese Waffe? Die Antwort darauf konnte ihm nur der Träger des Schwertes geben. Tharon schossen tausend Gedanken durch den Kopf, die er jedoch sofort wieder verwarf. Er konnte nur vermuten, dass es kein Zufall war, der diesem Fremden Tirahs Schwert in die Hand gespielt hatte. Vielleicht hatte Sirrin den jungen Mann geschickt, was er für unwahrscheinlich hielt, oder aber dieser Frong.
Doch was war mit der magischen Kriegerin selbst geschehen? Tharon wusste, dass Sirrins letzter Versuch, die auf den Tod verwundete Tirah wiederzubeleben, misslungen war. Hatte die unvergleichliche Schwertkämpferin nun doch den Weg in die Seelenhallen der Linirias angetreten? Wie war ihr Schwert in die Hände dieses Mannes geraten?
Tharon schob seine Absicht, zu Arendhar zurückzukehren, vorerst beiseite. Da er über den Raben mithörte, wie der Fremde den Fährmann aufforderte, ihn nach T’woolorok überzusetzen, eilte er auf die Stadt zu, lenkte seine Schritte zum Ufer und beobachtete, wie der Gesuchte an Land stieg.
Der junge Mann sah sich kurz um und steuerte auf die nächstgelegene Taverne zu.
»Wenn der Kerl glaubt, die Leute auch hier mit seinen Liedern zum Kampf aufstacheln zu können, stopfe ich ihm seine Laute in den Hals«, murmelte Tharon und folgte dem Wardan in einem gewissen Abstand. Er war noch nicht ganz an der Tavernentür, da flammte drinnen die blaue Magie des Fremden in einer heißen Wolke auf. Gleichzeitig spürte Tharon eine starke, violette Präsenz und hatte das Gefühl, kurz vor einer Katastrophe zu stehen.
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Das ist also T’wool, dachte Rogon, als er die Taverne betrat. Alles wirkte hier größer als zu Hause, von den Gebäuden angefangen über die Tische, Stühle bis hin zu den Bierkrügen und Weinbechern. Auch die Menschen überragten ihn ausnahmslos. Selbst die Schankmaid, die eben sechs volle Krüge auf einen Tisch stellte, war mindestens einen halben Kopf größer als er.
»Nun, wie fühlt man sich als Wichtelmann?«, fragte Tirah spöttisch.
Rogon spürte ihre Anspannung. Es lag keine gute Stimmung in der Gaststube, und er überlegte, ob er wieder gehen und sein Glück
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