Stolz der Kriegerin
magischem Griff und strebte nach Osten. Doch bereits nach wenigen Schritten wurde er abrupt gestoppt und auf Rogon zugezogen.
Tharon sah mit Erstaunen, aber auch mit Grauen die Augen des jungen Mannes silbern aufflammen. Noch mehr aber schauderte es ihn, als plötzlich weitere Geister vor ihnen auftauchten. Es waren die der toten Velghaner, die während des Überfalls umgekommen waren, aber auch die Geister von Einheimischen, die in dieser Nacht gestorben waren und sich nun wunderten, weshalb sie nicht auf geradem Weg zu den Seelenhallen ihres Gottes ziehen konnten.
Der Bursche ist ein echter Nekromant!, durchfuhr es Tharon. Er selbst hatte diese Kunst während seiner Ausbildung gelernt, Laisa besaß ein gewisses Naturtalent, doch an Rogons Fähigkeit kamen sie beide nicht heran. Ein Gedanke formte sich in seinem Gehirn, der ihm zunächst verrückt, dann aber immer erfolgversprechender erschien.
Hatte Sirrin die unglaublichen Fähigkeiten des jungen Mannes erkannt und ihm deshalb Tirah als Geist zugegeben? Zogen die beiden durch die Lande, um sich aneinander zu gewöhnen und eins zu werden im Kampf? Wartete Sirrin vielleicht bereits im Süden auf sie, um mit ihrer Hilfe bis Rhyallun zu kommen, wo Rhondh seinen grünen Fluch gesprochen hatte? Dort war die einzige Stelle, an der dieser auch gebrochen werden konnte.
Tharon hatte den Fluch von Rhyallun und den Landstreifen mit den in ihm versammelten Totengeistern gründlich untersucht. Ein Nekromant und eine Geisterkriegerin besaßen eine gute Chance, sich ihren Weg durch diese Zone zu bahnen. Wenn es Sirrin mit Tirahs und Rogons Hilfe gelang, den Fluch zu brechen, würde sie als die größte Magierin der Dämmerlande gelten und sein eigener Einfluss noch stärker schwinden.
Zwar besaß er nur wenige Möglichkeiten, sich Informationen von der anderen Stromseite zu verschaffen, aber einem seiner Zuträger in Edessin Dareh gelang es von Zeit zu Zeit, auf dem neutralen Platz der Stadt Nachrichten von drüben zu erhalten. Daher wusste Tharon, wie wenig Einfluss sein weißer Gegenpart Khaton bei den Reichen der eigenen Farbe noch besaß. So tief wollte er niemals sinken. Wenn es eine Möglichkeit gab, den Fluch von Rhyallun zu brechen, wollte er dabei sein und vor den schwarzen Reichen der Dämmerlande als derjenige gelten, der dies vollbracht hatte.
»Du kannst ihnen jetzt deine Fragen stellen!«
Rogons mahnende Stimme beendete Tharons Gedankenspiele und rief ihn wieder in die Gegenwart zurück.
Der Evari nickte dem jungen Mann anerkennend zu und wandte sich an den Anführer der Velghaner, der seiner entsetzten Miene nach nicht im Geringsten begriff, was mit ihm geschah. »Wer gab euch den Befehl, Elanah, Elandhor, Laisa und Rongi zu entführen?«
»Fürst Lankarrad!«
»Der Fürst von Vanaraan und erkorene Erbe des Königs? Weshalb?«
»Er wollte König Arendhar dazu bringen, ihn als neuen König von Vanaraan anzuerkennen«, antwortete der Geist.
Tharon schüttelte den Kopf. »Das ist unlogisch. Lankarrad würde das Königreich so oder so erben.«
»Lankarrad fürchtet sich vor Tobolar. Der Fürst von Lhandhera hat viele Verbündete gewonnen, die ihm helfen könnten, selbst König von Vanaraan zu werden.«
In dieser Weise ging das Verhör weiter. Tharon stellte seine Fragen, und die Antworten darauf hörten sich schlüssig an. Trotzdem kamen sowohl in Laisa wie auch in Rogon immer mehr Zweifel auf.
Rogon, der seine Fähigkeit als Nekromant unbewusst eingesetzt hatte und nun versuchte, sie zu kontrollieren, unterbrach schließlich den Evari. »Auf diese Weise kommen wir nicht weiter. Der Mann weiß nicht mehr. Ich würde lieber jenen Geist dort hinten vernehmen!« Er zeigte dabei auf einen Toten, der bislang versucht hatte, sich seinem magischen Griff zu entziehen, und sich nun hinter anderen Geistern versteckte. Als Rogon ihn ansah, kam der Geist wie von einem Seil gezogen näher und wand sich dabei wie ein getretener Wurm.
»Das ist kein Krieger«, rief Tharon aus.
»Eher ein Höfling. Doch die wissen meistens mehr als die Narren, die für ihren Herrscher in die Schlacht ziehen«, erklärte Laisa und trat auf den Geist zu.
»Kennst du den Namen Frong?«
»Nein!«, stieß der andere zuerst aus, begann dann zu zittern und nickte. »Oh ja, ich kenne ihn.«
»Hat er diesen Überfall befohlen?«
Das gleiche Spiel wiederholte sich. Zuerst stritt der Geist es ab, dann gab er es zu.
Nach einiger Zeit machte der Evari ein Zeichen, die Geister loszulassen. Ihm
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