Stolz der Kriegerin
Evari schüttelte jedoch den Kopf. »Ich will Euch nicht der Gesellschaft Eurer Getreuen berauben, König von T’wool. Ein Diener soll mir einen Becher Wein bringen. Damit bin ich fürs Erste zufrieden.«
Arendhar fragte sich, was dieser Auftritt sollte, der so gar nicht zu Tharon passte. Noch mehr aber wunderte er sich, dass der Evari ihn nicht wie sonst mit seinem Namen, sondern als König von T’wool ansprach.
Tharon bekam sofort einen Becher Wein gereicht, aber als ein Diener unterwürfig fragte, ob er einen Stuhl bringen solle, lehnte der Evari ab. »Nein, ich bleibe stehen. Mein Blick reicht dann weiter.«
Er betrachtete die Herren an der Tafel mit so finsterer Miene, als wolle er jedem bis auf den Grund seines Herzens schauen. Etliche, darunter auch der Oberpriester und Rakkarr von T’walun, rutschten unruhig auf ihren Sitzen herum und mieden es, den Evari anzusehen.
Nun herrschte eine Stimmung im Raum, bei der selbst ein glühendes Feuer hätte erfrieren können. Kaum jemand wagte zu essen, und schließlich waren alle froh, als Arendhar das Trauerspiel beendete und den Dienern befahl, ihm die Schüssel zu bringen, damit er sich die Hände waschen könne.
»Ich bitte die Herren, mich nun zu entschuldigen. Wie es aussieht, muss ich nun dem hohen Herrn Evari Rede und Antwort stehen.« Arendhar versuchte, die Anspannung im Raum mit dieser Bemerkung zu mindern, doch die Mienen der Höflinge blieben starr.
Der Oberpriester stand halb auf, setzte sich dann aber wieder, ohne etwas zu sagen. Spätestens am Abend wird er kommen und mir erklären, was ich in seinen Augen alles falsch mache, dachte Arendhar. Doch in dieser Hinsicht hatte er keine Wahl. Der hohe schwarze Synod der Heiligen Stadt hatte seinen Schwur bewertet und befunden, dass seine Ehre es erforderte, das Angebot König Eldrins von Urdil anzunehmen. Natürlich hatten die Priester von Edessin Dareh ihn gerügt, einen so missverständlichen Eid abgelegt zu haben. Doch als König von T’wool und mächtigster Herrscher der Dämmerlande hatte er zu seinem Wort zu stehen. In diesem Bewusstsein verließ Arendhar den Bankettsaal und war froh, als er kurz darauf seine privaten Räume betreten konnte.
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Tharon wartete bereits auf ihn, denn er hatte es vorgezogen, sich kurzerhand in die Gemächer des Königs zu versetzen. »Die Stimmung in deiner Halle war auch schon einmal fröhlicher«, begrüßte er Arendhar mit einem Lachen, das im krassen Widerspruch zu seiner ernsten Miene stand.
»Sie wollen keine Grüne als Königin, wagen es aber nicht, es mir ins Gesicht zu sagen«, erklärte der König mit einem Achselzucken.
»Du solltest ihre Meinung nicht auf die leichte Schulter nehmen, mein Freund«, mahnte Tharon. »Die T’wooler sind treu, aber sie halten auch an ihren Prinzipien fest. Stehen Treue und Tradition im Widerspruch, weiß ich nicht, für was sie sich entscheiden werden.«
»Du befürchtest eine Rebellion?« Der Gedanke erschien Arendhar so absurd, dass er ihn kaum auszusprechen wagte.
»Ich befürchte gar nichts! Aber ich rate dir, den Schutz deines Lebens und den deiner zukünftigen zweiten Gemahlin, sofern sie überhaupt über den Großen Strom kommt, nur Männern anzuvertrauen, deren Treue du persönlich erprobt hast.«
Diese Warnung war deutlich. Arendhar starrte den Evari an und wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über die Stirn. »Steht es so schlecht in T’wool?«
»Das Volk von T’wool würde die Frau aus dem Westen akzeptieren, weil sie als Geisel und Siegesbeute kommt. Doch die hohen Herrn von T’wool sehen das anders. Sie haben dich als halben Knaben auf den Thron gesetzt und glauben, dir auch jetzt noch sagen zu dürfen, was für dich gut ist und was nicht. Auch sehen sie sich als Hüter t’woolischer Traditionen, denen du in ihren Augen Hohn sprichst. Darum solltest du deine Augen sehr weit offen halten. Ich fürchte nicht nur die Narren um den Oberpriester und Rakkarr, der sich von dem Gedanken blenden lässt, mehr Recht auf den Thron von T’wool zu besitzen als ein Sohn von dir und einer grünen Gemahlin.«
Tharon schwieg einen Moment und fixierte Arendhars Blick mit dem seinen. »Hast du die Entführung von Prinzessin Zhirilah vergessen?!«
Der König sah ihn verblüfft an. »Wie könnte ich das!«
»Dennoch reichen deine Überlegungen nicht weit genug. Die Entführung wäre ohne Unterstützung aus deiner nächsten Umgebung niemals gelungen. Nur eine Handvoll Leute wusste wann die Prinzessin aus
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