Stolz der Kriegerin
klammerten sich an der Welt fest, um noch etwas zuwege bringen zu können.
Derjenige aber, der in ihm steckte, wirkte noch verdammt lebendig. Außerdem konnte es kein normaler Mensch sein, denn dafür war er zu stark. War es der Geist eines Dämons von der anderen Seite, der noch aus den Götterkriegen stammte?, fragte Rogon sich. Doch als er in sich hineinhorchte, fühlte er keine der Farben aus dem Westen in sich. Stattdessen hielt sich eine kleine, aber sehr kompakte violette Präsenz in ihm auf.
Zu seinem Leidwesen konnte er sich nur noch schemenhaft an das erinnern, was in Tirahs Tempel geschehen war. Sung hatte ihn niedergeschlagen, um ihn in einer kruden Zeremonie irgendwelchen Geistern opfern zu wollen. War dies schon früher einmal geschehen, und trug er nun den Geist eines dieser Opfer in sich? Wenn ja, hatte dieses Wesen Schreckliches erleiden müssen. Unwillkürlich empfand Rogon Mitleid und versuchte, es zu beruhigen.
»Ich tu dir nichts, wenn du dich still verhältst. Wenn es möglich ist, werde ich dir sogar helfen. Du musst mit nur sagen, wie dies möglich ist!«
In seinem Innern hörte Tirah die Worte geistig mit und bleckte imaginäre Zähne. Du hilfst mir am besten, wenn du mir auf der Stelle deinen Körper überlässt, dachte sie. Das hier war keine Gegend für ein Wardan-Jüngelchen, mochte es auch unbekannte magische Kräfte besitzen. In den Ödlanden waren andere Fähigkeiten gefragt.
Als hätte sie es herbeigerufen, hörten sie und ihr Wirt im gleichen Augenblick ein zorniges Brüllen. Rogon passierte gerade eine bizarre Felsgruppe aus halb geschmolzenem Gestein, als er in etwa hundert Schritt Entfernung einen weiteren Dornenwald erblickte, an dessen Rand ein skurriles Geschöpf grüner Farbe gerade eine Beute zerriss.
»Ein Kampfmonster des Westens! Bring dich in Sicherheit!«, schrie Tirah geistig auf. Allerdings begriff sie ebenso wie Rogon, dass es dafür zu spät war.
Das Viehzeug war etwa anderthalb Schritt hoch und gut fünf Schritt lang. Zweieinhalb davon bestanden aus einem oberschenkeldicken Schwanz mit mehreren Giftstacheln am hinteren Ende. Der gedrungene Leib stand auf sechs stämmigen Beinen und endete in einem keilförmigen Kopf mit gewaltigen Kiefern, in denen fingerlange Reißzähne saßen. Dazu war das Ungeheuer mit grün schimmernden Schuppen gepanzert, die nur ganz besondere Schwerter zu durchdringen vermochten.
Die letzte Information versuchte Tirah ihrem Wirt zu übermitteln und sah durch seine Augen, wie das Geschöpf sich von der zuletzt geschlagenen Mahlzeit abwandte und mit nach links gebogenem, scheinbar stichbereit gehaltenem Schwanz auf sie zukam.
Instinktiv achtete Rogon auf diese Seite und hielt das violette Schwert so, dass er diesen Angriff abwehren konnte.
»Vorsicht!«, dachte Tirah intensiv. »Das Monster dreht sich blitzschnell um die eigene Achse und schlägt dann rechts zu.«
Rogon empfing ihre Warnung gerade noch rechtzeitig. Das Kampfmonster stürmte auf ihn zu, verhielt zwei Schritte vor ihm und wirbelte herum.
Rogon sprang nach vorne, prallte gegen den Leib des Ungeheuers und schlug mit aller Kraft zu. Tirahs magisches Schwert durchschnitt die Panzerschuppen und das zähe Fleisch des Wesens wie Butter. Am Ansatz abgetrennt flog der Schwanz davon. Im nächsten Moment drehte Rogon sich, nahm dabei den Schwung des Schwerthiebes mit und zerschlug den Schädel mit einem gewaltigen Streich.
Das Ungeheuer, das vor Jahrtausenden aus dem Westen gekommen war, um die Kampfkraft der Heere Tenelins zu verstärken, sank mit einem ersterbenden Wehlaut nieder und blieb reglos liegen.
»Gar nicht so übel, Jüngelchen!« Tirah atmete erleichtert auf, weil ihr Wirt genau so gekämpft hatte, wie sie es sich in ihren Gedanken vorgestellt hatte.
»Schon gut!«, antwortete Rogon brummig und wandte sich dem Opfer zu, von dem er das Ungeheuer aufgestört hatte.
Es handelte sich um die Überreste eines Menschen, und nur die Fetzen der violetten Heilerkutte verrieten, dass es sich um Sung handelte. Trotz seiner Wut auf diesen Mann hätte Rogon ihm kein solches Ende gewünscht.
»Ich werde ihn begraben müssen«, sagte er.
»Das Ungeheuer?«, fragte Tirah, die sich immer besser mit ihm verständigen konnte.
»Nein, den Heiler! Er hat mich zu Tirahs Ruhestätte gebracht und mich dort niedergeschlagen. An das, was dann geschehen ist, kann ich mich nicht so richtig erinnern. Als ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, war Sung geflohen und Tirah
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