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Stolz und Verfuehrung

Titel: Stolz und Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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fünfzehn umliegenden Ruhestätten zu erkennen. Sie orientierte sich an einer aufragenden Engelsfigur und begann ihren Rundgang.
    Als sie wieder zu dem Engel zurückkehrte - der sich auf einem Grab aus der Zeit um siebzehnhundert befand -, hatten ihre Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt. Die bisher geprüften Gräber stammten alle aus dem späten siebzehnten und frühen achtzehnten Jahrhundert, aber die Gräber hinter dem Engel sahen anders aus. Die meisten zeigten figürliche Darstellungen, und das Zierwerk auf ihnen war schlichter - ganz bestimmt waren sie in einem anderen Stil gestaltet als die bisher untersuchten Gräber.
    Em ging schweigend nach vorn und suchte nach den Jahreszahlen, die sie teils auf deutlich sichtbaren Tafeln im Stein fand, teils verborgen eingemeißelt - und diese waren viel schwieriger zu entziffern. Alle mussten von Staub und Sand befreit werden, bevor sie die Inschrift lesen konnte.
    Die Laterne war so weit entfernt, dass sie ihre Fingerspitzen benutzte, um die Buchstaben und Zahlen nachzuzeichnen. Wie der Blitz fuhr die Aufregung durch ihren Körper, als ihr klar wurde, dass in dem Grab, das sie gerade untersuchte, Henry William Colyton lag, Kapitän zur See, gestorben 1595.
    »Jonas.« Ihre Stimme zitterte. »Bitte bring mir die Laterne. Ich glaube, ich habe das Grab des Colytons gefunden, der den Schatz erobert hat.«
    Sie hatte kaum mehr als geflüstert. Jonas schaute in ihre Richtung, ließ den Blick durch die Kammer schweifen, aber Henry und Filing hatten nichts gehört.
    Er richtete sich auf, hob die Laterne und schwenkte sie zu den Gräbern, bei denen sie sich aufhielt.
    Em klopfte auf die Oberkante des Grabes. »Kein Zweifel, das ist er.« Ihr Körper summte förmlich vor Aufregung, und das Blut schoss ihr erwartungsvoll durch die Adern.
    Im stärkeren Licht der Laterne las Jonas die Inschrift, die sie freigelegt hatte, stellte die Laterne ab und schaute sie an. »Diese Grabstätte ist viel schlichter konstruiert. Hat nicht so viele Stellen, die untersucht werden müssen.« Er bückte sich und begann, den Sockel nach Öffnungen und ablösbaren Bestandteilen abzutasten, dann den Korpus, dann den langen rechteckigen oberen Teil des Grabmals.
    Die Prüfung des Grabaufsatzes, der mit einem in Stein gehauenen Symbol verziert war, übernahm Em selbst, zerrte an der steinernen Bibel, die dem Mann auf der Brust ruhte, zerrte an dem Steinblock unter seinem Kopf - ohne Ergebnis.
    Jonas betrachtete den oberen Teil des Grabes, ging hinüber, umschloss eine Ecke mit beiden Händen und drückte mit aller Kraft - aber der schwere Stein rührte sich nicht von der Stelle. Er richtete sich wieder auf. »Wir brauchen noch ein paar Leute und ein Brecheisen.«
    Em schürzte die Lippen. Die Verse gingen ihr durch den Kopf - mochten sie auch zu bedeuten haben, dass der Schatz im Innern eines Grabes versteckt war, so hatte sie doch eine natürliche Scheu davor, ein Grab zu öffnen, noch dazu eines ihrer eigenen Vorfahren. Zweifellos war es der Ehefrau des Colytons ebenso ergangen, als sie den Schatz verborgen hatte.
    Stirnrunzelnd schaute sie auf - und konzentrierte den Blick auf das nächste Grab, auf dem die steinerne Abbildung einer Frau zu erkennen war.
    »Warte.« Em ging zur Grabstätte der Frau. Wischte den Staub fort und las die Inschrift. »Ja«, bestätigte sie atemlos, »das ist seine Frau. Die Frau des Kapitäns.« Sie warf Jonas einen Blick zu. »Sie war es, die dafür gesorgt hat, dass man den Schatz beiseitelegt, anstatt ihn in noch mehr Schiffe und noch mehr Abenteuer zu investieren.«
    Jonas kam zu ihr. »In diesem Fall ...« Er ging in die Hocke und untersuchte den Sockel des Grabes.
    Em betrachtete das Gesicht der gemeißelten Gestalt und fragte sich, ob es ihrer längst verblichenen Urahnin irgendwie ähnlich sah. Sie stellte sich an den Kopf, drückte und presste gegen die Seiten des kastenähnlichen steinernen Kissens, auf dem der Kopf ruhte, aber nichts rührte sich.
    Die Frau war viel kleiner als ihr Ehemann. Em schnaubte unhörbar - die fehlende Körpergröße gehörte offenbar zu den Eigenschaften der Colytons, die sie geerbt hatte. Die Fußsohlen der Frau stießen gegen einen weiteren Steinkasten, der notwendig war, um die Position der auf der Grabplatte liegenden Figur auszurichten.
    Em ging zum Fußende des Grabes, umschloss die Ecke des Kastens mit den Händen und zerrte, wie sie es unzählige Male zuvor getan hatte.
    Der Kasten bewegte sich. Nicht viel - nur einen

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