Stolz und Verfuehrung
salzigem Seetang, als die Kutsche die letzte Anhöhe hinaufkletterte und gleich darauf den sanften Hügel zu den Klippen hinunterrollte.
Trotz der jüngsten Ablenkungen war die Suche, die sie nach Colyton geführt hatte, niemals aus ihren Gedanken verschwunden. Als er die Pferde dazu gebracht hatte, in gleichmäßigem Schritt den Abhang hinunterzutrotten, fuhr sie fort. »Erzählen Sie mir mehr über das Dorf. So viel wie möglich. Über Colyton Manor und den Gutshof weiß ich Bescheid. Gibt es noch mehr größere Anwesen in der Gegend? Orte mit möglicher Kundschaft für das Gasthaus?«
Jonas nickte. »Zufällig gibt es sogar recht viele größere Häuser. Ballyclose Manor ist das größte. Es liegt weiter die Straße hinauf neben der Kirche und gehört Sir Cedric Fortemain. Dann haben wir noch Highgate im Besitz von Sir Basil Smollet, das ist ein ganzes Stück entfernt auf der anderen Seite des Pfarrhauses. Außerdem sollten Sie die Dottswood Farm zu Ihrer Liste hinzufügen. Obwohl es kein Anwesen ist, jedenfalls nicht im Sinne der anderen, handelt es sich um ein großes Gehöft, das zahlreiche Familien ernährt.«
Er schaute sie an. »Das ist die Gegend unmittelbar um das Dorf herum. Wenn Sie den Kreis weiter ziehen, kommen noch weitere Besitzungen in Betracht, aber die drei erwähnten Häuser zählen sozusagen zum Dorf. Alle Bewohner dieser Anwesen würden Colyton als ihr Dorf betrachten.«
Em nickte. »Genau das wollte ich wissen. Das sind die Leute, die wir zuerst ins Gasthaus lotsen müssen.« Und eines dieser Häuser war höchstwahrscheinlich das höchste Haus, das Haus des Höchsten, in welchem der Schatz der Colytons verborgen lag.
Ballyclose Manor klang ganz danach, als sollte sie an diesem Ort mit ihrer Suche beginnen. Em hätte gern weitere Fragen gestellt, die ihr bestätigen würden, dass die Familie Fortemain - oder wer auch immer auf Ballyclose lebte - früher eine führende Rolle im Dorf gespielt hatte. Aber schon kamen die ersten Häuser in Sicht.
»Seaton.« Als er sein Gespann zügelte, schlug Jonas sich in Gedanken auf die Schulter, dass es ihm gelungen war, eine halbe Stunde lang neben Miss Emily Beauregards zierlicher Gestalt zu sitzen, ohne sich eine unterkühlte Abfuhr einzuhandeln - im Gegenteil, sie hatte sogar die Barrieren ein wenig abgebaut, die sie gegen ihn errichtet hatte.
Es gab zwar immer noch Barrieren, aber sie waren nicht mehr ganz so stark befestigt wie zuvor; rein körperlich gesehen stand er weiterhin vor einer Herausforderung.
Aber seine Verhörstrategie schien aufzugehen. Denn er hatte sich überlegt, dass er ihr einfach die Gelegenheit verschaffen sollte - den Pferden und den Cynsters zum Trotz - all die Fragen zu stellen, die ihr am Herzen lagen.
Er hätte durchaus annehmen können, dass ihr Interesse an den größeren Häusern tatsächlich ihren Plänen für das Gasthaus geschuldet war. Aber er glaubte nicht daran. Dass sie es erwähnt hatte, war ein nachträglicher Einfall gewesen, eine Ausrede, um zu begründen, warum sie die Frage gestellt hatte.
Das hieß, dass sie sich für diese Häuser interessierte. Oder für eins dieser Häuser. Falls es ihm gelingen sollte, sich für den restlichen Nachmittag zu beherrschen - wer weiß, was er dann noch erfahren würde?
Jonas lenkte die Kutsche zu Finchs Lagerhaus. Vor den schweren Türen im Hof zügelte er die Pferde, bis sie stampfend anhielten. Dann warf er die Zügel dem jungen Kerl zu, der sofort angerannt war, und sprang aus der Kutsche.
Als er die Kutsche umrundete, bemerkte er, dass sein Fahrgast im Begriff war, ebenfalls zu Boden zu springen. »Nein. Warten Sie.«
Em stand am Rand des Kutschenbodens, der sich ein kleines Stück über der Erde befand, stützte sich mit den behandschuhten Händen auf den Rahmen und schaute ihn an.
Jonas umschloss ihre Taille und schwang sie aus dem Wagen. Während er das tat, versuchte sie zu springen, und brachte ihn aus dem Gleichgewicht.
Sie prallte gegen ihn, Brust an Brust. Zwar reichte ihr Gewicht längst nicht aus, ihn taumeln zu lassen, aber trotzdem stolperte er einen Schritt zurück, bevor er sich wieder fing.
Mit Miss Emily Beauregard in seinen Armen.
An ihn geschmiegt.
Für einen flüchtigen Augenblick schien die Zeit stillzustehen.
Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Dann stolperte sein Herz, wollte plötzlich stehenbleiben.
Em hatte es den Atem verschlagen.
Wie eine heftige Woge überfluteten ihn die Empfindungen. Wärme. Hitze. Sein Herz
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