Stolz und Verfuehrung
bitte.«
Die Mädchen rannten zu ihm, schwenkten die Leinen mit den befestigten Rollen und Ankern.
Jonas und Filing ordneten die dünnen Seile auf dem Boden zwischen den beiden Halterungen an, hielten dann mit Henry ein Ende fest, während alle vier Schwestern sich am Seil verteilten und es hochhoben, damit die Männer die Verankerung in die richtige Stelle hämmern konnten, zuerst auf einem Querbalken, dann auf dem anderen.
Anschließend zog sie das Seil mit dem Seilzug straff; dann war alles erledigt.
Sie traten zurück in den Schatten des Gasthauses und betrachteten ihr Werk.
Em nickte. »Ausgezeichnet.«
Sie winkte die Waschmädchen nach vorn. »Jetzt könnt ihr die Laken aufhängen. Ich weiß, es ist schon spät«, sie warf einen Blick nach Südwesten, »aber ich bezweifle, dass es heute Nacht regnen wird. Die Wäsche kann also bis morgen hängen bleiben.«
Die Mädchen schnappten sich ihre Körbe und rannten nach vorn, begierig, die neuen Leinen auszuprobieren. Jonas erklärte ihnen, wie man das Seil lockerte und wieder straffte, und die Zwillinge traten näher, um es sich ebenfalls anzuschauen. Em bemerkte die eifrigen Fragen, die sie stellten, und hätte gern gewusst, welche Teufeleien sie in ihren hellen Köpfchen nun wieder ausheckten. Sie war kurz davor, zu ihnen hinüberzugehen und sie zu warnen, als Jonas sich zu den Zwillingen drehte und ein paar Worte an sie richtete.
Mit großen Augen schauten sie ihn an. Nachdem er seine kleine Rede beendet hatte, schüttelten sie den Kopf und zerstreuten seine Bedenken mit einem engelsgleichen Lächeln.
Em schnaubte innerlich, weil sie dem Frieden nicht traute. Aber dann wechselten die Zwillinge Blicke, wogen ganz offenkundig ihre Möglichkeiten ab und stoben aus eigenem Antrieb in Richtung Gasthaus davon.
Immer noch misstrauisch schaute Em ihnen nach.
Der Kies knirschte, als Jonas zu ihr herüber kam, er war bereits wieder in seine Jacke geschlüpft.
Ems Blick schweifte zu ihren Geschwistern hinüber. »Was haben Sie zu ihnen gesagt?«
»Ich habe sie an die Abmachung erinnert, die wir vor ein paar Wochen getroffen haben. Dass ich sie zu einer Ausfahrt in meinem Zweispänner mitnehmen würde, wenn sie brav sind. Und zwar so brav, dass ich nicht erst mahnend die Stirn runzeln muss.«
Em warf ihm einen Blick zu. »Das war ein recht mutiges Angebot von Ihnen.«
Er fing ihren Blick auf. Zuckte kaum merklich die Schultern.
Dann drehte er sich um und betrachtete mit ihr zusammen die jüngste Herausforderung, die sie bewältigt hatten. Kichernd kümmerten sich die Mädchen um die Wäsche. Rasch hatten sie die Laken aufgehängt, und die blasse Baumwolle bauschte sich in der leichten Brise.
Insgeheim war ihr bewusst, wie nahe er bei ihr stand. War sich der Hitze bewusst, die sein kräftiger Körper ausstrahlte, der Verlockungen, denen ihre launischen Sinne ausgesetzt waren, und der lähmenden Wirkung, die er auf ihren Willen ausübte. Auf ihre Entschlusskraft. Em räusperte sich. »Sie waren wirklich eine große Hilfe. Ich muss mich schon wieder bei Ihnen bedanken.«
Und natürlich würde sie ihn schon wieder belohnen müssen. Jonas musterte sie eindringlich, aber bevor er einen Vorschlag machen konnte, ergriff Em das Wort. »Issy und ich haben uns gefragt, ob Mr Filing und Sie sich unserer Familie zum Mittagessen anschließen möchten. Am Sonntag, gleich nach dem Gottesdienst.« Sie suchte seinen Blick. »Falls Sie noch nichts anderes Vorhaben.«
Mit einem Blick, der so dunkel war, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte, schaute er sie an. Dann lächelte er. »Vielen Dank.« Jonas ergriff ihre Hand, hob sie an seine Lippen und hauchte einen sanften Kuss über ihre Finger.
Em spürte, wie es noch in ihren Zehenspitzen zitterte.
»Ich nehme Ihre Einladung mit großer Freude an.« Seine Stimme klang leise, sehr männlich - und viel zu wissend.
Em schenkte dem Impuls, den Blick abzuwenden, keine Beachtung. Nein, sie hielt ihm stand, obwohl sie ihn nicht mehr küssen durfte. Trotzdem war ihr klar, dass sie ihn dennoch küssen würde, solange er nicht aufhörte, sie zu küssen. Also musste sie dafür sorgen, dass er damit aufhörte. Sie durfte ihm keinen Grund und keine Gelegenheiten mehr dafür bieten. Sie nickte entschlossen. »Gut. Dann bis nach dem Gottesdienst.«
Eigentlich hätte sie sich umdrehen und verschwinden sollen. Aber sein Blick hielt sie fest. Und er hatte immer noch ihre Hand umklammert.
Jonas bewegte den Daumen, strich sanft und
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