Stolz und Verfuehrung
zärtlich über ihren, langsam, vor und zurück.
Verloren in seinem Blick spürte sie, wie ihre innere Welt, ihre Sinne sich wärmten, dehnten, förmlich zu seufzen schienen.
Mit einem kleinen zufriedenen Lächeln entließ er sie und trat nickend zurück. »Ich freue mich darauf.«
Em blickte ihm nach, als er in Richtung des Wäldchens davoneilte, bis er auf dem Pfad verschwand, der ihn zum Gutshaus bringen würde.
Issy tauchte auf und hakte sich bei Em unter. »Joshua hat angenommen.«
»Jonas auch.«
»Nun, dann!« Issy wandte sich wieder zum Gasthaus. Em zögerte nicht länger und folgte ihr. »Wir sollten uns überlegen, was wir servieren wollen.«
Em konnte die Zwillinge nicht finden.
Am nächsten Nachmittag, als Issy Miss Sweet bei der Auswahl des Blumenschmucks für die Kirche half und Henry Mr Filings Unterricht im Pfarrhaus folgte, hatte Em ihre Buchhaltung einen Moment sich selbst überlassen und war die Treppe hinaufgegangen, um nach ihren Schwestern zu sehen. Sie hatte erwartet, die beiden lesend in ihrem Zimmer zu finden. Doch das Zimmer war leer und die Zwillinge verschwunden.
Sie hatte nicht panisch reagiert, hatte angenommen, dass Bea und Gertie sich auf der Suche nach Unterhaltung in die Küche verkrümelt hatten - auf der Suche nach Hildas neuesten Backkreationen beispielsweise, deren Düfte durch die Gaststube schwebten. Aber die Zwillinge hatten nicht am Küchentisch gesessen. Weder Hilda noch die Küchenmädchen hatten das Paar seit der Mittagszeit gesehen.
Das war es, worüber sie sich den Kopf zerbrach. Denn wenn der Duft von Frischgebackenem die Zwillinge nicht in die Küche lockte, dann hielten sie sich auch nicht in Geruchsweite auf.
Und auch nicht im Gasthaus.
Sie holte ihren Umhang aus dem Büro und eilte hinaus zu den Ställen. John Ostler hatte die Mädchen ebenfalls nicht gesehen. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Em durchforstete die Sattelkammern, schaute unter den Bänken nach, blickte in jeden Stall, kletterte auf den Speicher und bahnte sich ihren Weg durch Berge von Heu und Stroh - aber die Zwillinge hielten sich nicht in irgendwelchen dunklen Ecken versteckt.
Em kletterte wieder nach unten, schüttelte sich das Stroh aus dem Umhang und den Röcken und verließ die Ställe. Im Hof war niemand zu sehen. Die Laken waren von der Leine genommen und zusammengefaltet worden, die Waschmädchen waren für heute nach Hause gegangen.
Sie eilte zu der Stelle hinüber, wo der Weg in das Gehölz führte, blieb stehen und blickte mit verschränkten Armen in die schattigen Tiefen des Wäldchens hinein.
Konnte es sein, dass die Zwillinge in den Wald eingetaucht waren? Unter normalen Umständen hätte sie dem sofort zugestimmt. Aber Jonas hatte sie vor den Gefahren gewarnt und ihnen - auf überaus beeindruckende Weise - eine Ausfahrt in seinem Zweispänner versprochen, falls sie sich »brav« verhielten. Em konnte sich nicht vorstellen, dass die beiden etwas tun würden, was sie um dieses Vergnügen bringen könnte.
Stirnrunzelnd wirbelte sie herum und starrte auf das Gasthaus. Wohin mochten ihre Teufelchen in Engelsgestalt verschwunden sein? Em konnte nur das Dach der Kirche und den Turm erblicken, hoch oben auf dem Hügel. Sie erwog, zur Kirche zu laufen und Issy um Hilfe zu bitten, als die leichte Brise ihr ein schrilles Kreischen an die Ohren trug.
Obwohl sie das Kreischen nur schwach vernehmen konnte, wusste sie auf Anhieb, dass es von Bea stammte - und wo auch immer ihre Schwester sich aufhielt, sie schien sich prächtig zu amüsieren.
Em stieß einen erleichterten Laut aus, zog sich den Umhang fester über die Schultern und marschierte in Richtung Gasthaus. Das Gemäuer schluckte den Schall und versperrte die Sicht, aber kaum hatte sie es hinter sich gelassen, konnte sie die Geräusche spielender Kinder viel deutlicher hören - Gelächter, Gekreische und Rufe, die über den Gemeindeanger zu ihr drangen.
Sie überquerte die Straße, betrat das Grün und umrundete den Ententeich. Als sie am oberen Ende des Teiches angekommen war, hielt sie inne und blickte hinunter auf eine idyllische Szenerie.
Auf der anderen Seite des Ententeichs, wo sich ein Grünstreifen zwischen der Straße und der nächsten Anhöhe erstreckte, spielten zwölf Kinder, die Zwillinge eingeschlossen, ein übermütiges Spiel mit Ball und Schlagholz.
Erwachsene waren nicht in Sicht. Außer einem.
Auf einer Bank ein wenig entfernt saß Jonas, oberhalb der spielenden Kinder, und hatte ein wachsames Auge
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