STOP! (German Edition)
frage mich einfach, warum.“
Er grinste. „Ich hab ehrlich keine Ahnung, warum. Aber interessiert es Sie nicht, was mit Ihren Eltern ist?“
„Nein, ganz und gar nicht. Ich könnte es nicht ertragen, ihnen in die Augen zu sehen.“
„Vielleicht wäre es aber ganz gut, manche Dinge zu klären. Ich kann mir vorstellen, dass es helfen würde.“
„Helfen? Wobei?“
„Glücklich zu werden.“
„Ich weiß nicht ... ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass ich nie mit ihnen gesprochen habe.“
„Wer weiß ... warum versuchen Sie es nicht? Zu verlieren gibt es glaub ich nichts mehr.“
„Das stimmt wohl.“
Er trank seinen Kaffee aus. Sie schaute ihn an und hatte das Gefühl, jemanden gefunden zu haben, mit dem sie über ihre Vergangenheit reden konnte. Das hatte sie nicht einmal bei James geschafft. Aber warum war das ausgerechnet dieser flippige, nervige Typ? Sie waren doch komplett verschieden. Richtig verstehen konnte sie das alles nicht. Aber es tat so gut, es war wie eine Befreiung für sie, sich alles von der Seele zu reden.
„Es tut gut zu reden.“ Okay, jetzt wurde es aber peinlich. Warum solche schnulzigen Floskeln benutzen, wenn so ein Typ neben dir sitzt? Emily wollte das eben Gesagte auf der Stelle wieder rückgängig machen. Was musste er nur von ihr denken? Gut, dass sie ihn nie wieder sehen würde.
Wobei ... es heißt ja immer, man sieht sich zweimal im Leben und die Gewissheit, die sie nun hatte, dass das schon das zweite Treffen war, gab ihr den Mut, weiterzureden und nicht in das nächste Mauseloch krabbeln zu wollen.
„Ich meine nur, im Heim konnte man nicht mit den Leuten reden und später in der Schule war das nicht anders ... Jacqueline war auch nur kurzzeitig meine Freundin gewesen und mit ihr konnte ich auch nicht wirklich reden. Sie hatte auch nie etwas zu meiner Sucht gesagt. Und sonst ist da niemand, deshalb.“
„Und dieser James?“
„Ich hab ihm nie von meiner Vergangenheit erzählt.“
„Warum nicht? Wenn Sie sich doch so gut mit ihm ve r stehen ...“ Er sagte es mit einem leicht ironischen Unterton, den Emily heraushörte, und sie fragte sich plötzlich auch, was das mit James eigentlich war. Im Prinzip hatte er recht. Sie kannte ihn nicht, wusste nicht einmal wie er aussah und ließ sich einfach so auf ihn ein. James hatte ihr auch nie wirklich viel von sich erzählt. Er wollte immer nur wissen, was mit ihr los ist. Hätte sie vorher schon darüber nachgedacht, wäre es nicht so weit gekommen.
„James war wohl ebenfalls ein Fehler. Woher soll ich wissen, dass er wirklich so ist, wie er sich gibt? Ich bin so dumm. Warum falle ich auf so etwas herein? Ich will ihm nichts Falsches unterstellen. Vielleicht ist er ja doch in Ordnung. Aber wer gibt mir diese Sicherheit?“
Sie verzweifelte langsam. Sie hatte nichts mehr und saß verloren am Flughafen rum. Und dann spielte sie wieder mit dem Gedanken.
Emily sah ihm hilflos in die Augen. Er sah sie einfach nur an und wie als könnte er ihre Gedanken lesen sagte er: „Du kannst es auch ohne James schaffen. Du brauchst niemanden, um dein Leben neu zu beginnen. Warum gerade jetzt au f geben? Es ist der perfekte Zeitpunkt, um neu anzufangen. Das ist das Beste, was du tun kannst, glaub mir, ich spreche aus Erfahrung.“
Sie zog die Augenbrauen zusammen und schaute ihn ve r wundert an. Ihre Verwirrung wurde immer größer.
„Wie meinst du das?“
Er atmete tief ein. Sie konnte spüren, dass es ihm unen d lich schwerfiel, etwas auf ihre Frage zu antworten. Gerade wollte sie den Mund aufmachen, um ihm zu sagen, dass sie ihm nicht zu nahe treten wollte, da kam er ihr zuvor.
„Ich hatte eine schwere Zeit. Schon immer. Im Heim, in der Schule. Ich war immer ein Problemkind gewesen. Hatte auch nie jemanden zum Reden, oder besser gesagt, ich hatte niemanden, der mich verstand. Selbst die anderen Kinder im Heim wussten nicht, wovon ich sprach und was ich eigentlich sagen wollte. Ich sah keinen Sinn in meinem Leben.“
Emily ahnte, was jetzt kam, und wollte es gar nicht hören. Schlimmer noch machte es die Tatsache, dass sie eben selbst daran dachte.
„Deshalb wollte ich es beenden. Was soll ich sagen. Hat nicht geklappt.“
Sie schluckte.
„Und ich bin auch froh darüber. Denn danach wurde alles besser. Ich hab so `nen Typen getroffen, der mein Leben ve r ändert hat. Er hat mich irgendwie wieder auf die Beine g e bracht und mir `nen Job verschafft. Ist nicht die beste Arbeit, aber ich hab was zu tun, ich hab
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