STOP! (German Edition)
bisschen ist gut“, lachte er, „Sie haben mir aber immer noch nicht gesagt, warum Sie alles hingeschmissen haben. Die Probleme auf der Arbeit können ja nicht der ei n zige Grund gewesen sein. Was ist mit Ihrer Familie? Sagt die eigentlich nix dazu?“
„Ich habe keine Familie“, sagte sie leise.
„Oh, entschuldigen Sie, das war noch mal nicht so durc h dacht von mir.“
„Sie konnten es ja nicht wissen.“
„Erst vor Kurzem?“
„Was vor Kurzem?“
„Na ja, haben Sie sie erst vor Kurzem verloren?“
„Ach so, nein, nein. Ich habe sie nie gekannt. Ich bin im Heim aufgewachsen. Mir wurde nur gesagt, dass meine Eltern keine Kinder wollten und sie mich auch nicht zur Adoption freigeben wollten, sondern lieber in ein Heim steckten. Ich habe versucht, nicht mehr darüber nachzudenken, warum sie diese idiotische Entscheidung getroffen hatten. Ich war ein ungewollter Unfall. Warum haben sie nicht einfach au f gepasst? Dann wäre das alles nicht passiert. Aber jetzt denke ich ja schon wieder drüber nach ...“ Sie schüttelte den Kopf.
„Entschuldigen Sie, das wollte ich nicht. Aber ich weiß genau, wovon Sie sprechen. Das Leben im Heim ist scheiße.“
Sie schaute ihn verwundert an. „Man kann das wohl nur sagen, wenn man es selbst erlebt hat.“
„Ja, das stimmt.“ Sie schaute immer noch etwas verdutzt, also klärte er sie auf. „Ich bin auch im Heim aufgewachsen.“
„Oh. Dann kennen Sie Ihre Eltern auch nicht?“, fragte sie.
„Meine Mutter starb bei meiner Geburt, wurde mir gesagt. Und mein Vater hatte nie Interesse an mir. War ihm wah r scheinlich zu anstrengend, keine Ahnung.“
Sie nickte. Obwohl er versuchte, es als beiläufige, u n wichtige Information klingen zu lassen, merkte sie ihm an, dass es ihm naheging.
„Ich fliege auch nach Oslo, um nach ihm zu suchen. Er wohnt angeblich dort.“ Er sagte es leise und Emily fragte sich, wo der nervige, vorlaute Typ von eben hin war.
„Aber wahrscheinlich sollte ich ihn nicht treffen.“
„Warum?“
„Der Flieger kommt nicht. Vielleicht ein schlechtes Omen.“
„Könnte ich genauso sehen.“ Tat sie ja auch.
„Aber warum wollen Sie ihn jetzt nach so viel Jahren treffen? Und vor allem auch in dem Wissen, dass er Sie übe r haupt nicht kennen will.“
„Gute Frage. Ich bin einfach zu neugierig. Ich will wissen, wie er so ist und warum er das damals getan hat. Und außerdem hab ich auch noch Fragen zu meiner Mutter. Ich geh da ohne irgendeinen Plan hin, hab noch nicht mal seine Adresse. Nur den Ort, Dalsida. Ich weiß nicht, ob ich ihn finde, oder falls ich ihn finde, er irgendetwas sagen wird. Es kann gut sein, dass es der totale Flop wird und ich diesen Trip umsonst mache, aber es ist die einzige Chance, Antworten zu bekommen. Die konnte mir das Heim nämlich nicht geben. Und ich will diese Chance jetzt endlich nutzen. Aber jetzt macht mir eine Aschewolke einen Strich durch die Rechnung. Dabei hab ich extra nicht viel geplant. Denn ein Plan läuft nie so ab, wie man sich ihn vorgestellt hat.“
„Ja, das merke ich gerade wieder. Irgendwie lern ich aber nicht aus diesem Wissen. Ich hab einiges in meinem Leben geplant und alles ist anders gekommen, leider. Die Sache mit James und London ist das beste Beispiel.“
„Vielleicht versuchen Sie einfach mal nichts zu planen, alles auf sich zukommen lassen, nach meiner Erfahrung ist das der bessere Weg.“
„Ich glaube nicht, dass das funktionieren wird, egal wie sehr ich es versuche.“
Er schwieg kurze Zeit.
„Und wie sind Sie dann aus der Magersucht rau s gekommen?“
Erschrocken sah sie ihm in die Augen. Klar, er wusste, dass sie vor zwei Jahren zu dünn war und jetzt ein Moppe l chen, aber das könnte ja auch andere Gründe haben. Woher wusste er, dass es Magersucht war? Und warum hatte er schon wieder recht? Er konnte es gar nicht wissen. Er hatte einfach ins Blaue hinein geraten und voll ins Schwarze getroffen. So musste es sein.
„Das müssen Sie doch auch irgendwie versucht haben. Erfolgreich versucht haben.“
„Ja.“ Hätte sie nichts dazu sagen sollen? Ihr ging die Frage nicht aus dem Kopf und deshalb stellte Emily sie ei n fach, obwohl es Überwindung kostete.
„Woher wissen Sie, dass es Magersucht war?“
Er guckte, als hätte er diese Frage erwartet.
„War so ’n Gefühl. Passt irgendwie ins Bild.“
Sie nickte und senkte den Blick.
„Sollte nicht abwertend klingen.“
„Nein, ist schon okay. Sie haben ja recht. Zum wiede r holten Male und ich
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