STOP! (German Edition)
zickig.
„Aber wenn Sie mich fragen, ganz schön gewagt. Respekt.“ Er nickte anerkennend.
„Ich habe Sie aber nicht gefragt!“
Für kurze Zeit schwiegen sie.
„Schade, dass Sie Deutschland verlassen. Warum tun Sie das? Ist doch eigentlich ganz schön hier.“
„Nein, überhaupt nicht.“
„Und Sie glauben, dass England schöner ist?“
Sie schaute ihn verwirrt an. Was wollte dieser Typ eigen t lich?
„Warum stellen Sie mir all diese Fragen?“
„Ach, das mit dem Flug dauert wohl ein bisschen länger und ich hab hier sonst keinen Zeitvertreib, also unterhalte ich mich einfach mal ganz ungezwungen mit Ihnen. Haben wir ja schließlich schon mal gemacht.“
„Ich denke, mein Flug wird gleich aufgerufen, es lohnt sich also nicht einen Smalltalk zu beginnen.“
„Sehr geehrte Fluggäste, leider muss ich Ihnen mitteilen, dass es auf Grund der Aschewolke über Island zu Ve r spätungen kommt. Betroffen davon sind alle Flüge in den Nordwesten, Norden und Nordosten. Bei Rückfragen stehen Ihnen die Kollegen an der Information gerne zur Verfügung. Wir bitten Sie, sich zu gedulden, bis sich die Lage wieder b e ruhigt hat. Vielen Dank.“
„Soweit ich weiß, liegt London von hier aus gesehen im Nordwesten.“
Da war es schon wieder! Klugscheißer! Sein besse r wisserisches, hämisches Grinsen ...
Sie versuchte ihn links liegen zu lassen und schrieb James eine Mail, dass sie später ankommen würde, allerdings noch nicht wüsste, wie spät. Emily hoffte, dass er jetzt endlich ei n mal antworten würde. Sonst kontrollierte er auch während der Arbeit seine privaten Mails. Sie wurde langsam ungeduldig, obwohl sie jetzt wirklich Zeit hatte.
„Schreiben Sie jetzt Ihrem E-Mailfreund?“
„Was geht Sie das an? Ja, ich sage ihm Bescheid, dass es später wird.“
Warum antwortete sie ihm andauernd?
„Wenn er eben nicht geantwortet hat, dann wird er es jetzt auch nicht tun“, meinte er trocken.
Sie warf ihm einen tötlichen Blick zu.
„Ist doch so. Aber was kümmern Sie sich auch so darum? Wir sitzen sowieso hier fest. Wer weiß wie lange.“
Oh nein, kam der Flug der Nervensäge auch nicht pünk t lich an?
„Wohin fliegen Sie eigentlich?“
„Oslo“
Na klasse. In den Norden.
„Von da aus trampe ich nach Dalsida.“
„Aha“, antwortete sie gelangweilt.
„Wollen Sie in London wirklich komplett neu beginnen? Neue Arbeit, neue Wohnung, neue Leute, all so was?“
„Ja, alles neu.“
„Wow, ich glaube nicht, dass ich das hier alles einfach hinschmeißen könnte ... hätte ich viel zu viel Schiss, dass ich keine Arbeit finde. Ich bin froh, dass ich welche hab.“
„Wenn es nichts gibt, was Sie hier hält, warum dann nicht gehen?“
„Irgendwie hab ich bei Ihnen das Gefühl, dass Sie fliehen.“
„Fliehen?“ Sie lachte. „Ja, ich werde von der Polizei ve r folgt und suche nun Asyl in Großbritannien.“
„So meinte ich das nicht. Sie fliehen vor Ihrem Leben hier. Warum auch immer.“
„Das ... wie kommen Sie denn darauf?“
„Wie gesagt, ist nur so’n Gefühl. Es stimmt also.“
„Sagt wer?“
„Sie haben sich verraten.“
„Wie bitte?“
„Ja, Ihr Gesicht ist wie ein offenes Buch.“
Spinner! Der Typ hatte sie doch wirklich nicht mehr alle. Sie floh nicht vor ihrem Leben, sie begann es schlicht und e r greifend neu. Manchmal brauchte man das einfach. Einen Neustart. Oder etwa nicht?
Sollte man ewig seine langweiligen Gewohnheiten be i behalten? Vielleicht. Dann läuft man wenigstens nicht Gefahr, dass der schön geplante Neustart nach hinten losgeht. So ist das doch immer, wenn man etwas plant. Es geht nach hinten los. Es läuft nie so, wie man es sich vorstellt. Es war nicht eingeplant, dass sie diesen verrückten Typ trifft und sich ein Gespräch von ihm anhören muss, weil der Flug Verspätung hat. Ihr Plan würde nicht aufgehen. Was dann? Sie hatte keinen Plan B. Sie hatte einen Fehler gemacht. Es ist wirklich besser, alles so zu lassen, wie es ist. Und dann? Was sollte sie jetzt tun? Sie kam hier nicht mehr raus ... und außerdem war sie arbeitslos. Und ihre Kündigungsfrist lief bald aus, dann wäre sie auch noch obdachlos. Emily geriet innerlich in Panik. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
„Hey, ich wusste nicht, dass Sie jetzt hier wegen meiner Aussage gleich den Puls so hochfahren müssen. Relaxen Sie doch mal. War das mit der Polizei ernst gemeint? Ich werd Sie schon nicht verpfeifen. Sie sehen gar nicht so aus, als könnten Sie irgendwas
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