Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
richtete er sich auf. “Du willst, dass ich gehe? Du willst es wirklich?”
Die Erkenntnis, die in seinen Worten mitschwang, brachte sie zum Lächeln. “Fröhliche Weihnachten!”
Sie saß in ihrem Büro, während er packte und verschwand. Er kam noch einmal, um sich zu verabschieden, aber sie konnte ihn nicht einmal ansehen. Es hätte zu sehr wehgetan. Jetzt war sie ganz allein. Sie hatte ihren Mann und ihren ältesten Sohn verloren. Ihr Jüngster lag nebenan, von Medikamenten vollkommen benommen. Nur ihr mittlerer Sohn würde diesem elenden Leben entfliehen können. Aber einer war besser als überhaupt keiner. Peccavi würde Phillip nicht in die Finger bekommen. Jetzt nicht mehr. Er würde so leben können, wie es seinem sensiblen Wesen entsprach.
Nachdem es im Haus still geworden und der Nachhall von Phillips Wagen verklungen war, erhob Beverly sich schließlich. Sie brauchte etwas Schlaf, falls sie Dustin heute irgendwie von Nutzen sein wollte. Vielleicht ging es ihm gut genug, um Karten zu spielen. Sie könnte ihm erzählen, dass Phillip eine schöne Frau gefunden hatte und fortgegangen war, um sie zu heiraten. Dustin war ein alter Romantiker, eine Geschichte wie diese würde ihn zum Lächeln bringen. Nach ein paar Monaten könnte sie ein paar Briefe schreiben und so tun, als kämen sie von Phillip, und darin das herrliche Leben beschreiben, das er führte. Sie stellte sich vor, dass es sie beide glücklich machen würde.
Am Telefon blieb sie zögernd stehen. Sollte sie Peccavi anrufen? Sie entschied sich dagegen. Von der kaputten Tür brauchte er nichts zu erfahren. Es wäre leichter, Phillip zu schützen, wenn sie eine Weile nicht mit Peccavi reden würde.
Gerade, als sie das Zimmer verlassen wollte, stellte sie fest, dass etwas anders war als sonst. Das Bild ihres Mannes, das normalerweise genau in der Mitte des Tisches stand, war verschwunden.
Sie bückte sich und schaute unterm Bett nach. Dann suchte sie überall in und auf dem Schreibtisch. War es vielleicht heruntergefallen? Keines der anderen Bilder war verrückt worden.
Wo war es? Sie liebte dieses Bild. Es war entstanden, kurz nachdem Milo beschlossen hatte, ehrenamtlich im Jugendbereich der Kirche zu arbeiten, und es zeigte ihn zusammen mit Gruber Coen, seinem ersten Schützling. Beverly mochte Gruber nicht besonders, hatte ihn nie gemocht. Er war sonderbar, und sie fühlte sich in seiner Gegenwart unbehaglich. Aber das hatte den Wert des Fotos nicht gemindert, denn es zeigte ihren Mann zu seinen besten Zeiten. Sie war vielleicht gezwungen gewesen, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollte, aber Milo hatte so etwas nie getan. Er hatte versucht, Jungen wie Gruber zu helfen und die Welt ein Stückchen besser zu machen.
Das Bild blieb unauffindbar.
Noch etwas kam ihr in den Sinn. Vielleicht war es gar nicht heruntergefallen oder verlegt worden. Vielleicht hatte es jemand gestohlen. Gruber war nicht nur derjenige gewesen, der ihr nach Milos Tod den Job bei Peccavi verschafft hatte. Er entführte auch die Kinder, die sie verkauften – zumindest diejenigen, die Peccavi nicht irgendwelchen verzweifelten Frauen abkaufte.
Mit offenem Mund ließ sie sich aufs Bett sinken.
Jasmine Stratford war ihnen auf der Spur.
Gruber saß auf seinem Lieblingsplatz auf der Couch, seine Schwester direkt neben sich. Es gefiel ihm, sie so nah bei sich zu haben, und er konnte sich nicht vorstellen, irgendetwas anderes mit ihr zu machen, jedenfalls nicht sofort. Sie ist noch nicht einmal kalt, sagte er sich, obwohl er wusste, dass das nicht stimmen konnte. Ein Leichnam blieb nicht lange warm. Bald würde sie beginnen, sich aufzublähen, und dann würde sie zu sehr stinken, als dass er sie noch länger um sich haben könnte.
Vielleicht fand er irgendeinen Weg, sie vollständig einzufrieren. Oder sollte er ihr einen Finger abschneiden, um seiner Mutter damit einen blutverschmierten Abschiedsbrief zu schreiben?
Er gluckste bei der Vorstellung, eine Krankenschwester könnte den Brief an seine Mutter öffnen und sich beim Anblick der Nachricht übergeben.
“Du bist echt krank!”
Beim Klang von Valeries Stimme sprang er auf. Hatte sie das tatsächlich gerade gesagt? Oder hatte er sich das eingebildet? Die Worte waren so deutlich gewesen, mit genau dem richtigen Maß an Verachtung.
Seine Haut prickelte vor Furcht, als er sich zu ihr vorbeugte und seine Wange vor ihren Mund hielt. Kein Atem. Sie war tot. Aber sie war nicht still. Sie würde niemals still sein. Was um
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