Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
einiges erklären.
Jasmine trat von der grau gestrichenen Veranda mit den durchgebogenen Balken zurück und blickte hinauf zu den Mansardenfenstern im Obergeschoss. Der Ort machte einen abweisenden Eindruck, als würden die Bewohner keinen Besuch wünschen, selbst wenn sie zu Hause waren. Die Jalousien waren heruntergelassen. Die Garage, die vom Haus getrennt war, war durch ein großes Vorhängeschloss gesichert. Am auffälligsten war das Schild “Betreten verboten”, das an eine Zypresse im Vorgarten geheftet war.
Nicht unbedingt der freundlichste Ort, den Jasmine je gesehen hatte. Es gab keinen bellenden Hund, keine Fußmatte mit einem Willkommensgruß, kein Adventskranz an der Tür.
“Wie trostlos”, murmelte sie. Sie war froh, dass niemand hier war. Vielleicht war es nicht ganz legal, zumindest nicht ganz anständig, ein wenig herumzuschnüffeln. Aber solange sie nirgendwo einbrach und nichts stahl, hatte sie nicht mehr zu erwarten als einen Klaps auf die Finger, falls man sie dabei erwischen sollte.
Sie wollte den Keller sehen, in dem das Video und die Hose mit Adele Forniers Blut gefunden worden waren. Vor allem die Spuren am Türrahmen wollte sie sich ansehen. Es klang logisch, dass der Hauseigentümer nicht die Tür zu seinem eigenen Keller aufbrechen würde, solange es einen einfacheren Zugang gab.
Ein Blick nach oben und ein weiterer die Straße entlang bestätigte, dass kein Mensch zu sehen war. Jasmine nahm ihren Mut zusammen, ging auf die Garage zu, quetschte sich an dem alten Buick in der Einfahrt vorbei und betrat den Hinterhof. Da die Bewohner keinerlei Interesse an Besuchern zu haben schienen, rechnete sie mit einem Gartentor, aber es gab nur einen Maschendrahtzaun mit einem Durchgang. Nichts trennte den vorderen vom hinteren Teil des Gartens.
Sorgsam achtete sie darauf, ihre Schritte zu dämpfen; sie war sich sicher, dass man ihre Anwesenheit in die Welt hinausposaunen würde. Sie schlüpfte zwischen dem Haus und der Garage hindurch. Das Erste, was sie sah, war ein Haufen von mindestens dreißig vollen Müllsäcken. Jasmine war es unbegreiflich, wie jemand so einen Berg ansammeln konnte. Allein die Menge an Säcken und der halb verrottete Zustand der untersten zeigten ihr, dass die Moreaus ihren Müll schon lange nicht mehr an den Bordstein gestellt hatten.
Merkwürdig. Kopfschüttelnd starrte sie den Haufen an, doch gleich darauf wurde sie von der Kellertür abgelenkt.
Sie war zu verzogen, um noch richtig zu schließen, und stand ein paar Zentimeter weit offen. Trotz des stürmischen Windes, der an den obersten Müllsäcken zerrte und Jasmines langes Haar zerzauste, bewegte sie sich nicht.
Jasmine strich sich die Strähnen aus den Augen, während sie sich den drei Stufen näherte, die in den Keller hinabführten. Auf dem Betonabsatz entdeckte sie ein paar durchgeweichte Zigarettenstummel. Natürlich war es möglich, dass Moreaus Mutter und Bruder rauchten, doch der Anblick der Stummel ließ sie an Black denken.
War er letzte Nacht nach dem Ende seiner Schicht hierhergekommen? Sie konnte sich nicht vorstellen, welche Angelegenheit es erforderlich machen könnte, dass Moreaus Bruder oder Mutter mitten im Winter vor der Kellertür wartete. Besonders, wenn man den üblen Gestank des Mülls in Betracht zog. Es gab keine Stühle, keinen Grill und keinen Garten. Und diese Stummel sahen frisch aus.
Jasmine nahm ihre Digitalkamera aus der Tasche und machte ein paar Fotos von den Zigarettenresten und dem Müllhaufen. Sie wusste nicht genau, warum, außer, dass sie es so bizarr fand. Dann kramte sie einen der Plastikbeutel hervor, die sie immer dabei hatte, und sammelte vorsichtig die Zigarettenstummel ein. Black hatte bereits eingeräumt, dass er mit Moreaus Bruder befreundet war, also hatte er einen Grund, hier zu sein. Aber sie hatte oft genug mit polizeilichen Ermittlungen zu tun, um auf jedes Detail zu achten. Und dieses hier vermittelte ihr den Eindruck, Black sei gestern Nacht oder heute Morgen hier gewesen.
Fühlte er sich auf irgendeine Weise durch ihre Nachforschungen bedroht? Hatte er die Moreaus besucht, um sie zu warnen, dass sie kommen würde?
Jasmine wünschte, sie könnte ein besseres Gefühl für die Person bekommen, die sie in ihrem Kopf gespürt hatte. Für denjenigen, der sich fast verzweifelt wünschte, normal zu sein – und doch wusste, dass er es niemals sein würde. Doch das Erlebnis hatte ihr zu große Angst eingeflößt, und sie konnte ihren Verstand nicht
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