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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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fühlte sich schuldig. Sie hatte in den letzten Wochen wirklich viele Überstunden schieben müssen, musste Nächte auswärts im Hotel verbringen, aber sie arbeitete auch an einem großen Fall. Wenn sie diesen komplizierten Brocken zerbröseln könnte, wäre vielleicht sogar eine Beförderung für sie drin. Sie wollte in den gehobenen Dienst, wo man sich nicht mehr täglich auf der kalten Straße herumtreiben musste. Der Fall war ihre Fahrkarte in ruhigere Gewässer. »Ich weiß, Engel. Das dauert nicht mehr lange an. Ich verspreche es.«
    Julie schenkte ihr ein warmes Grinsen über beide Ohren.
    » Nur noch zwei bis drei Wochen, dann bin ich wieder häufiger da. Und heute habe ich den ganzen Nachmittag für dich Zeit. Was sagst du dazu?«
    Julie brauchte nicht zu antworten. Ihre glänzenden Augen waren Antwort genug. Pia umarmte ihre Tochter erneut und hätte sie am liebsten nie wieder losgelassen. Trotzdem nahm sie sich zurück und lockerte ihren Griff. Sie wollte Julie nicht mit zu viel Liebe verschrecken. Kindern war das oftmals peinlich. »Auf was hast du Lust? Was willst du deiner alten Mutter zumuten?«
    » Du bist nicht alt, Mama.«
    » Na, wenn du das sagst …«
    » Hm-hm«, nickte Julie verschmitzt.
    » Also, was wollen wir unternehmen? Ich bin für alles offen. Außer Reiten, da falle ich nur vom Pferd. Weißt du noch, der Urlaub vor zwei Jahren?«
    Julie konnte nicht wie üblich über den glimpflichen Unfall schmunzeln. »Ich weiß nicht«, meinte sie stattdessen leicht deprimiert. Ihre Stimmung wechselte auffällig schnell von Frohsinn in Richtung Depression. Irgendetwas schien sie zu bedrücken.
    Pia ahnte, dass in der Schule etwas Unschönes passiert sein musste, sonst hätte Julie sie schon längst am Wickel und tausend Ideen für die Freizeitgestaltung geäußert. »Wie war es heute in der Schule?«, forschte sie mit hochgezogenen Augenbrauen nach.
    Julie schaute ausweichend auf den Boden. »Ach, ganz normal. Alles okay.«
    » Julie?«, ermahnte Pia sie. »Lüg mich nicht an! Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst. Hast du eine schlechte Note bekommen? Das wäre kein Beinbruch.«
    » Nein«, schüttelte das kleine Mädchen den Kopf.
    » Was ist dann passiert?«
    Julie schwieg. Pia packte ihre Tochter sanft an der Hand und führte sie nach nebenan ins Wohnzimmer. »Setzen wir uns aufs Sofa und reden darüber! Wir schaffen das Problem aus der Welt, ja?«
    Julie nickte widerstrebend, ließ sich dennoch mitschleifen. Beide setzten sich wie gute Freunde nebeneinander auf die Couch. Sie waren nicht Mutter und Tochter, sie befanden sich auf einer Ebene, waren gleichberechtigt.
    Pia s Hintern sank tief in die gemütliche Couch ein. Sie hätte auf dem weichen Polster direkt wieder einschlafen können, hätte ihre Tochter keinen Kummer mit nach Hause gebracht. Sie blieb fokussiert.
    » So«, begann Pia müde und unterdrückte dabei ein Gähnen. »Jetzt können wir in Ruhe reden. Sag mir, was dir auf dem Herzen liegt! Wenn du willst, kann es auch unser Geheimnis bleiben. Niemand muss etwas davon erfahren. Einverstanden?«
    » Ja.«
    » Gut. Ich höre dir zu.«
    » Na ja«, zögerte Julie. Sie fegte ihre schulterlangen Haare aus ihrem Gesicht. »Ich weiß nicht. Da gibt es so einen Jungen.« Das Mädchen stockte.
    Pia gingen die verrücktesten Gedanken durch den Kopf. Ihre kleine Tochter hatte sich doch nicht etwa verliebt ? Sie war viel zu jung dafür. Selbstredend sprach sie den Verdacht nicht aus. »Und weiter?«, hakte sie lediglich nach.
    » Er heißt Tim und ist in meiner Klasse.«
    » Oh, ich glaube, ich weiß, von wem du sprichst. Schwarze Haare, Kulleraugen?«
    Julie nickte.
    »Ja«, bemerkte Pia. »Was ist mit ihm?«
    » Hm, eigentlich … es ist … na ja …« Ihre Augen wurden feucht, dann sprach sie das Geheimnis aus: »Er hänselt mich immerzu. Erst ganz selten und nun fast täglich.«
    Pia runzelte die Stirn. »Tim wirkte doch immer nett. Wieso ärgert er dich denn?«
    » Er sagt dauernd ‚reiche Ziege‘ zu mir, und dann meckert er wie eine Ziege. Auch seine doofen Kumpels machen schon mit. Alle lachen mich aus«, schluchzte Julie.
    » Reiche Ziege?«, wiederholte Pia. »Wie kommt er darauf? Wir sind nicht sonderlich reich. Uns geht es gut, aber wir können nicht protzen.«
    » Er hat gemeint, dass wir in einem Schloss wohnen würden und seine Familie könnte sich nur eine kleine Wohnung leisten. Und sein Vater hätte gehört, dass Papa einen Haufen Kohle von der Stadt bekommt, die er

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