Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Mädchen zur Seite und rannte schnurstracks ins Bad.
Pia stürmte ihm nach und stellte sich neben die abgeschlossene Badezimmertür. Vielsagende Geräusche drangen an ihr Ohr. Peter musste sich mehrfach übergeben. Julie wartete neben ihr und wusste nicht, wohin mit sich. Sie trat von einem Bein aufs andere. »Geht es Papa nicht gut? Wird er wieder gesund?«
» Ja, Engel«, tätschelte Pia den Kopf ihrer Tochter. »Ganz bestimmt. Er hat sicherlich einen Magen-Darm-Infekt. Der geht nach ein paar Tagen wieder weg. Tu mir einen Gefallen, Liebes! Geh hoch in dein Zimmer, und spiele mit irgendetwas! Papa braucht bestimmt seine Ruhe. Wenn ich ihn versorgt habe, komme ich nach, einverstanden?«
» Okay«, beteuerte Julie und stieg langsam die Treppen hoch in ihr Zimmer.
Pia freute sich über ihre folgsame Tochter. Sie wollte sie nicht wegschicken, hielt es aber im Augenblick für das Beste. Julie musste ihren Vater in diesem schwachen Moment nicht sehen. Er sollte doch ihr Held bleiben.
»Alles in Ordnung?«, rief Pia durch die Tür hindurch.
» Hört es sich denn danach an?«, würgte Peter zurück. Wieder übergab er sich. Er atmete schwer.
Irgendwann hatte er seinen Magen vollkommen entleert und spülte sich den Mund unter dem Waschbecken aus. Der Wasserhahn wurde zugedreht. Peter öffnete die Tür zum Bad. Er wirkte wie jemand, der ein Gespenst gesehen hatte.
» Alles raus?«, kommentierte Pia hilflos die Situation halb fragend, halb feststellend.
» Vorerst«, krächzte Peter.
» Ich hole dir einen Eimer, und du legst dich aufs Sofa!«
» Nein, ich …«, wollte ihr Mann widersprechen.
» Ein bisschen plötzlich!«, zischte Pia.
Peter kannte den rüden, eindringlichen Ton und trabte ab.
Pia ging an ihm vorbei ins Bad und wedelte den säuerlichen Geruch von ihrer Nase weg. Das Vorhaben gelang ihr nicht wirklich. Der Gestank nach Erbrochenem war zu intensiv. Sie öffnete das Fenster und schnappte sich im Vorbeigehen einen gelben Plastikeimer, der unter der Spüle stand. Schnellstmöglich verließ sie das Badezimmer wieder und ging in die Stube.
Dort lag schon ihr schnaufender Mann lang auf dem Sofa. Sie hatte großes Mitleid mit der Liebe ihres Lebens.
Mit sechzehn hatte sie ihn als schüchternen Jungen in der Schule kennengelernt. Er war damals aus Hamburg nach Berlin zugezogen und hatte noch keine Freunde in seiner neuen Umgebung gefunden.
Pia nahm sich ihm an. Sie hatte auf den ersten Blick eine tiefe Zuneigung ihm gegenüber empfunden. Die beiden gingen ein paar Mal miteinander tanzen, küssten sich, verliebten sich und verloren ihre Unschuld aneinander. Das typische Großstadtmärchen. Mit achtzehn Jahren heirateten sie kurzentschlossen gegen den Rat ihrer Eltern. Beide behielten ihren Nachnamen, weil sie stolz auf ihre Herkunft waren.
Kurze Zeit später wurde Pia mit Hanna schwanger. Peter baute ein Haus für die kleine Familie ; von diesem Moment an waren sie untrennbar miteinander verbunden. Alles war damals so aufregend gewesen, auch wenn es nur eine normale Liebesgeschichte war. Doch die Geschichte gehörte zu ihr. Pia wollte keinen einzigen Tag davon missen.
Nachdem Hanna in eine Kinderkrippe abgegeben werden konnte, legte Pia eine steile Karriere beim BKA hin und wurde zu einer der besten Angestellten im Außendienst, die die staatliche Einrichtung jemals hervorgebracht hat. Für sie ging es stetig bergauf. Alles lief nach ihrem Plan, auch wenn es zugegebenermaßen immer kleinere Hürden im Leben zu überspringen gab. Das Ehepaar nahm allerdings jede von ihnen mit erschreckender Leichtigkeit. Auch jetzt würde eine Grippe beziehungsweise eine Lebensmittelvergiftung sie nicht kleinkriegen.
Pia hockte sich neben Peter auf einen Sessel und befühlte seine nasse Stirn. Er hatte eine hohe Körpertemperatur, das wusste sie auch ohne Fieberthermometer. Noch glühte er aber nicht. »Was hast du gegessen?«, fragte sie beiläufig.
» Ach, es war eine dumme Idee. Ein Kollege hat mich zu einem vorgezogenen Mittagessen bei einem Inder überredet. Ich hatte nicht so recht gefrühstückt, und das Essen war sehr würzig und reichhaltig. Auf leerem Magen bekam mir das nicht.«
» Oder die Zutaten waren verdorben.«
Er schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Die Leute dort waren sehr nett und es hat super geschmeckt. Ich hätte es gemerkt, wenn das Essen nicht in Ordnung gewesen wäre.«
» Hm, typisch Peter«, seufzte Pia. »Sucht die Schuld immer bei sich selbst. Vielleicht war das Essen ja
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