Storm
über die Änderungen informieren, und er war bei mir zu Hause. Verdammt, ich dachte, er schläft.« Die schmerzhaften Erinnerungen sickern an die Oberfläche, aber ich verdränge die Tränen. Ich bin ein Mann. Männer heulen nicht. Schon gar nicht in einem Shuttle voller Warrior. »Er hat alles gehört und mich verpetzt. Der Senat war also gewarnt und ich konnte euch nicht mehr alle Infos geben.«
Crome tritt zu uns. »Fuck, ja das hatten wir vermutet. Euer Ablenkungsmanöver war klasse. Wie bist du entkommen, Mark?«
»Storm hat mich laufen lassen«, antworte ich und schlucke hart.
»Wieso das?«
Ich räuspere mich. »Vielleicht, weil wir ziemlich gute Freunde sind. Waren …«
»Definiere: ziemlich.« Ja x legt den Kopf leicht schief. »Ist Storm vielleicht der Grund, warum du Sam gegenüber so ein schlechtes Gewissen hast?«
Crome lacht und klopft Jax auf den Rücken. »Du bist neugieriger als deine Verehrerin Anne, Bruder.«
Jax drückt kurz meinen Arm. »Mark, ich bin echt froh, dass du bei uns bist. Und deinem Liebling werden wir ordentlich eins auf die Mütze geben, sollte er uns über den Weg laufen …«
Ich will nicht, dass sie ihm etwas tun, doch die Möglichkeit, dass sie sich begegnen, existiert nur im Falle eines Krieges. Und zu dem darf es niemals kommen. Jetzt ist Veronica Murano hier. Sie soll verhindern, dass die Truppen in Resur einfallen. Ihr Vater wird hoffentlich keinen Angriff befehlen, solange sie hier ist.
***
Sam zeigt mir die Krankenstation, stellt mich den anderen Ärzten und Schwestern vor und besorgt mir ein Zimmer in der Pyramide. Es ist gerade frei geworden, weil ein Jäger nicht aus dem Hinterland zurückgekehrt ist. Das geschieht ab und zu, hat sie gesagt. Die Wüste schluckt Menschen und spuckt sie nicht mehr aus.
Meine neuen vier Wände sind winzig, eher eine Abstellkammer und nur als vorübergehende Unterkunft gedacht. Wenigstens gibt es ein schmales Fenster, das Tageslicht hereinlässt. Es ist schräg, als würde es auf mich zufallen, weil es zugleich die Außenwand der Pyramide bildet. Das drückt den Raum noch mehr.
Außer einem Bett und einem Schreibtisch steht kaum etwas darin. Im noch kleineren Nebenraum gibt es bloß ein Waschbecken und eine Dusche, aber das ist besser als nichts.
Bald wird vor der Pyramide eine Wohnsiedlung fertig und dort könnte ich vielleicht ein Haus haben. Doch wozu brauche ich allein ein ganzes Haus? Ein Bett reicht mir im Moment. Ich will meine Augen nicht schließen, da ich immer nur Storm vor mir sehe. Obwohl ich müde bin und mein Schädel noch von der Sonne dröhnt, stürze ich mich in Arbeit. Auf der Krankenstation gibt es genug zu tun, hier sind viele Menschen, die meine Hilfe benötigen. Außerdem helfe ich Jax und den anderen, wenn sie mich brauchen. Offenbar kennen sich nicht viele mit der Technik und den Übertragungen aus. Sonja Anaya, eine Freundin von Samantha, sticht allerdings hervor. Die schwarzhaarige Frau gehörte zur Rebellentruppe und war früher Ingenieurin. Sie kümmert sich in letzter Zeit ausgiebig um einen inhaftierten Warrior mit Namen Nitro. Das war derjenige, der gemeinsam mit Storm frühzeitig die Ausbildung beenden durfte. Er kam Crome in die Quere, als er mit seiner Freundin Miraja aus der Kanalisation geflohen ist. Daher haben sie ihn kurzerhand mitgenommen.
Vieles ist anders hier und doch ähnlich. Bloß der Fortschritt hinkt um Jahrzehnte hinterher. Aber das macht nichts. Ich bin frei, nur das zählt.
***
In meiner ersten Nacht schlafe ich unruhig und nur wenige Stunden. Ich fühle mich wie gerädert, aber wenigstens ist der Sonnenbrand erträglicher geworden.
Frühmorgens stürze ich mich trotzdem wieder in Arbeit. Dr. Nixon ist mit mir auf der Station. Er ist ein Mann in den Vierzigern, sieht aber mit dem grauen Haar und dem Falten durchzogenen Gesicht wesentlich älter aus. Sein Lebensweg steht ihm ins Gesicht geschrieben. Noch vor einem Jahr wohnte er in der ehemaligen Stadt Los Angeles. Dort sind Plünderungen und Gewalt an der Tagesordnung.
Dr. Nixon erforscht die Wirkung pflanzlicher Arzneien, die er selbst anbaut, und hat damit gute Erfolge erzielt. Die Menschen hier brauchen eine Alternative zur Schulmedizin. Es fehlt an vielen wichtigen Stoffen, besonders Antibiotika ist rar. Samantha hat daher begonnen, eigene Kulturen zu züchten. Sie ist eine bewundernswerte Frau. Ihr Wissen bezieht sie aus alten Büchern; es gibt eine Bibliothek in der Pyramide. Das ist hervorragend, ich will viel
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