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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Franckviertel, eine Gegend, die bei den Einheimischen als Glasscherbenviertel bekannt war. Baltasar klingelte. Hinter der Tür hörte er ein Schlurfen. Mehrere Schlösser wurden aufgesperrt, und eine Sicherungskette wurde zurückgelegt. Ein Kopf zeigte sich. »Sind Sie Herr Senner?«
    Er bejahte. Die Tür ging auf. Vor ihm stand eine Frau, Mitte sechzig, mit ungekämmtem Haar. Sie trug einen speckigen Jogginganzug und verströmte einen intensiven Zigarettengeruch. Ein Aroma, das der gesamten Wohnung anhaftete. Josefa Breuer führte ihn in die Küche. Auf dem Herd pfiff ein Wasserkessel.
    »Wollen’s einen Kaffee? Ich hab leider nur löslichen Kaffee im Haus, ich trink so was nicht, wegen meinem Herzen.«
    »Danke, ich will nichts.«
    »Vielleicht einen Tee? Irgendwo müssten noch Teebeutel herumliegen. Einen Tee wollen’s doch.«
    »Danke, nein. Das ist sehr nett von Ihnen.« Auf dem Tisch lag eine Plastikdecke, eine Vase mit Kunstblumen stand darauf. Die Frau trank aus einem Becher, der deutlich nach Alkohol roch.
    »Also erzählen’s, was macht die Eva? Hab schon lange nichts mehr von ihr gehört.«
    »Ich muss Ihnen leider eine traurige Mitteilung machen. Eva ist tot.« Baltasar berichtete von dem Skelettfund und den Ermittlungen der Kriminalpolizei.
    »Tot is, des Madl? Ermordet?« Die Frau fing an zu zittern. Sie steckte sich eine Zigarette an und benutzte eine Tasse als Aschenbecher. »Ermordet. Und das scho vor zwanzig Jahren.« Sie nahm einen Schluck aus ihrem Becher, behielt ihn in den Händen. »Mein Gott!«
    »Eva wuchs bei Ihnen auf, ist das richtig?«
    »Sie kam mit vierzehn Jahren zu mir, nachdem ihre Oma ins Pflegeheim gebracht wurde. Darum gerissen hab ich mich nicht, kann ich Ihnen sagen. Ich ging damals noch zur Arbeit und hatte einige private Probleme. Aber ich war nun mal die nächste Verwandte. Eva war durch den Unfall der Eltern eine Vollwaise geworden. Deshalb nahm ich sie auf.«
    »Wie war das Verhältnis zur Großmutter?«
    »Sie hing sehr an ihr, Eva vergötterte sie. Deshalb war es ein Schock für sie, als sich die Krankheit immer mehr bemerkbar machte. Als Teenager ist man damit überfordert. Sie besuchte ihre Oma regelmäßig in dem Heim. Oft war ich mit dabei. Aber sie hat mehr und mehr geistig abgebaut und niemanden mehr erkannt. Es war herzzerreißend, sie so zu sehen.«
    »Eva ging noch in die Schule. Wann machte sie einen Abschluss?«
    »Mit fünfzehn war’s bei ihr vorbei. Sie fing eine Lehre als Floristin an, brach dann aber ab, weil sie eine Allergie gegen verschiedene Pflanzen entwickelt hatte. Dann arbeitete sie bis zu ihrem Verschwinden als Verkäuferin, mal hier, mal da.«
    »Wie war Ihr Verhältnis zu Eva?«
    Josefa Breuer nahm einen weiteren Schluck. »Ich weiß, man sollte über Tote nur Gutes reden. Aber ich hatte so meine Schwierigkeiten mit ihr. Mir ging’s zu der Zeit selber nicht gut, und dann noch dieses renitente Madl. Sie war ein bockiger Teenager, mitten in der Pubertät, gehorchte nie, hatte nur Flausen im Kopf.«
    »Wie machte sich das bemerkbar?«
    »Eva ging gern in Diskos und blieb abends lange weg. Ich wusste nie, wo sie steckte. Wenn ich ehrlich bin, hab ich sie nie ganz verstanden. Sie wissen schon, was ich meine. Ich hatte nie eigene Kinder, und mit diesem Madl kam ich nicht richtig klar.« Sie zündete sich eine weitere Zigarette an.
    »Hatte sie einen Freund?«
    »Mehrere Burschen, glaub ich. Hat nicht viel drüber erzählt. Gesehen hab ich keinen, ich hab’s nur gemerkt, wenn sie sich so hergerichtet hat zum Weggehen. Sie war für ihr Alter gut entwickelt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und in den einen, den Mann aus dem Bayerischen Wald, da wo Sie herkommen, war sie total verliebt. Richtig aus dem Häusl war sie.«
    »Wie kam’s dazu? Wissen Sie mehr darüber, Frau Breuer?«
    »Sie haben sich in einem Lokal hier in Linz kennengelernt. Der Jumpsterer war nur vorübergehend in der Stadt. Wie er hieß, weiß ich nicht. Sie hat mir seinen Namen nie verraten. Aber sie war sicher, dass er sie heiraten wird. Spinnst, hab ich ihr gesagt, Mannsbilder reden oft so daher, um jemanden ins Bett zu kriegen. Aber Eva war sich ganz sicher, sie würden heiraten. Redete davon, dass sie zusammen auswandern wollten, was ganz Neues aufbauen, in der Fremde, wo sie keiner kennt. Schnapsidee, so was! Aber es war ihr nicht auszureden.«
    »Wollte sie vielleicht nach Kanada?«
    »Kanada, Amerika, Australien, des Madl hat immer neue Ideen g’habt. Sie war nicht davon

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