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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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ihre Kosten kamen. Die Zuhörer hingen an seinen Lippen und hatten längst vergessen, warum sie eigentlich im Laden waren.
    »Sie scheinen einen Riecher für ungeklärte Fälle zu haben«, sagte Gabriele Fink, Sebastians Mutter, die sich gerade drei Paar Schweinswürste einpacken ließ. In ihrer Stimme lag ein seltsamer Unterton, als wüsste sie womöglich von der Entdeckung ihres Sohnes.
    »Es war der Wille des Herrn, der mich geleitet hat.« Er wiederholte die Daten, die über die Tote bekannt waren. »Sie müsste doch bei Ihnen eingekauft haben, Herr Hollerbach, an Ihrem Leberkäs kommt keiner vorbei.«
    »Kann schon sein«, antwortete der Metzger. »Aber bei mir waren schon viele Leute im Laden. Da kann ich mich nicht an jeden erinnern. Hauptsache, den Kunden schmeckt’s.«
    »Die Polizei meint also, es war Mord?« Die Frage kam von Nepomuk Hoelzl, der in einem Sägewerk arbeitete. Er wohnte in einem ehemaligen Austragshäusl und erschien nur selten zum Gottesdienst. »Von solchen Verbrechen hört man sonst nur in den Fernsehnachrichten.«
    »Kannten Sie eine Frau, auf die die Beschreibung passt?«
    Für einen Moment zögerte Hoelzl. »Das wäre mir aufgefallen. So groß ist unser Ort nun auch wieder nicht.«
    »Ein junges Mädchen ohne Begleitung ist doch nicht zu übersehen.« Baltasar ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. »Sie muss irgendwo gewohnt haben, irgendwie hierhergereist sein.«
    Lydia Schindler drängte sich nach vorn. Sie lebte mit ihrer Großfamilie auf einem ehemaligen Bauernhof, den einst der Großvater bewirtschaftet hatte. Durch einige gewinnträchtige Grundstücksgeschäfte waren die Schindlers zu Wohlstand gelangt, was man ihnen jedoch nicht ansah. Die Familie galt als verschlossen und empfing angeblich nur selten Gäste. »So ein Unsinn. Alle glauben, dass es jemand aus der Gemeinde war. Dabei haben wir hier so viele Besucher und Ortsfremde, die einfach durchfahren. Man hört doch immer wieder von Tätern, die sich vom Auto aus ein Opfer suchen und das arme Ding dann irgendwo verstecken.« Sie sah die anderen an, als wolle sie eine Bestätigung hören.
    »Sie vergessen nur, Frau Schindler, die Fundstelle des Skeletts ist ziemlich abgelegen«, sagte der Metzger. »Da fährt man nicht eben mal so vorbei und vergräbt eine Leiche – erst recht nicht, falls man zu Fuß unterwegs ist. Nein, nein, der Mörder muss sich in der Gegend ausgekannt haben. Ich sag’s Ihnen, wenn ich diesen Typen in die Hand bekäme, ich würde ihm die Eier abschneiden und an die Wand nageln. Entschuldigung die Damen, aber welche Pfundsau vergeht sich an einem Kind?«
    »Eine Vergewaltigung? Oder ein Verbrechen aus Leidenschaft? Vielleicht war verschmähte Liebe das Motiv? Oder ein eifersüchtiger Ehemann?« Gabriele Fink schien von der Idee besessen.
    »Du hast eine blühende Fantasie, meine Gute«, sagte Lydia Schindler. »Wir wissen doch gar nicht, was damals passiert ist.«
    »So lange ist es auch nicht her. Was sind schon zwanzig Jahre? Die vergehen wie im Fluge.« Gabriele Fink ließ sich nicht beirren. »Ich weiß noch genau, was ich vor zwanzig Jahren um diese Zeit gemacht habe. Da sind wir ein Wochenende nach Südtirol gefahren, nach Bozen und Meran. Es war wunderschön, Törggelen und Bergwandern und diese Landschaft.«
    »Auch nicht schöner als bei uns«, sagte Hoelzl.
    »Jeder Mensch hinterlässt Spuren«, sagte Baltasar. »Niemand verschwindet einfach so. Jemand muss das Mädchen vermissen. Ich bin mir sicher, die Kriminalpolizei wird die Verwandten ausfindig machen. Möglicherweise findet sie noch Hinweise in alten Akten.«
    »Sie überschätzen die Fähigkeiten der Polizei, Hochwürden, wenn ich das bemerken darf«, sagte Hollerbach. »Wenn’s drauf ankommt, ist man auf sich allein gestellt.« Er ließ das Beil auf den Hackstock krachen. »Ich wüsst’, was zu tun ist.«
    »Das haben Sie uns unmissverständlich klargemacht«, sagte Gabriele Fink. »Das macht die Frau auch nicht mehr lebendig.«
    »Genau, was bringt’s überhaupt, solch einen alten Fall wieder ans Tageslicht zu zerren?« Hoelzl schüttelte den Kopf. »Man sollte die Totenruhe achten. Der Herrgott wird schon für Gerechtigkeit sorgen am Tag des Jüngsten Gerichts, stimmt’s, Herr Pfarrer?«
    »Mit der Gerechtigkeit darf man nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten.«
    »Die Polizei sollte sich lieber um die aktuellen Fälle kümmern, da laufen zu viele frei herum, grad aus dem Ausland, Drogen und so, wofür zahlen wir

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