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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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ab.
    »Lieber nicht. Sicher träumt er jetzt von seinen Engelchen. Da wollen wir ihn nicht stören. Gute Nacht, Teresa!«
    Wie spät war es? Baltasar starrte in die Dunkelheit. Er wusste nicht, warum er wach geworden war. Sein Kopf schmerzte, sein Magen rebellierte. Er fühlte sich wie der Wolf bei Rotkäppchen, den Bauch voller Wackersteine. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Das Pichelsteiner am Abend. Der Verdauungsschnaps. Im Dunkeln tastete er sich zur Toilette, suchte den Schalter. Das Licht blendete ihn. Bloß wieder zurück ins Bett. Das Kissen und die Dunkelheit taten gut. Nur wieder schlafen.
    Er glitt in dieses wohlige Schweben, diesen Zustand zwischen Wachen und Wegdämmern, wo das Gehirn kapitulierte und auf Leerlauf schaltete, es nur noch eine Frage von Sekunden war, bis man sich von der bewussten Welt verabschiedet hatte. An nichts denken. Sich treiben lassen. Schlafen. Aber er konnte nicht hinübergleiten in die süße Leere. Irgendetwas störte. Etwas Lästiges. Ein Geräusch.
    Baltasar schlug die Augen wieder auf. Hatte er sich getäuscht? Im Haus herrschte Stille. Da war es wieder. Ein Kratzen, nur ganz kurz. Dann Stille. Erneutes Kratzen, es senkte sich in Baltasars Kopf, verhinderte das Einschlafen. Er versuchte, die Quelle zu orten. Vergebens. Konnte eine Maus sein, das Gebäude war alt. Ein Quietschen, gefolgt von einem Tippeln. Das war keine Maus. Baltasar überlegte, ob er aufgeben und sich wieder dem Kissen widmen sollte. Aber es war zu spät, nun war er endgültig wach. Er richtete sich auf, schaltete die Lampe an, suchte nach seiner Hose.
    Langsam öffnete er die Tür und horchte. Nichts. Typisch, dachte er, kaum kriecht man aus dem Bett, schon wird man genarrt. Ein anderes Geräusch drang an sein Ohr, wie wenn jemand eine Schublade aufzog und dabei versuchte, leise zu sein. Es schien aus der Küche zu kommen. Der Mond warf Lichtinseln auf den Flur.
    Baltasar ging in die Küche und schaltete das Licht ein. Nichts Ungewöhnliches war zu entdecken. Der Tisch war sauber gewischt, einige Flaschen standen auf der Anrichte. Er nahm einige Schlucke von dem heiligen Quellwasser, um den Magen zu beruhigen, und sah zum Fenster hinaus. Der Garten lag friedlich da wie immer. Niemand zu sehen.
    Ein Krachen. Diesmal war kein Zweifel möglich. Jemand war im Haus unterwegs – ein Einbrecher? Oder Teresa, die nicht schlafen konnte, so wie er? Der Lärm drang aus Richtung Gästezimmer zu ihm. Auf Zehenspitzen schlich Baltasar zurück zum Flur. Er wagte es nicht, Licht zu machen, weil er den Übeltäter überraschen wollte, der seinen Schlaf gestört hatte.
    Im Türrahmen zum Zimmer der Haushälterin bemerkte er einen Schatten. Dort stand jemand. Baltasar hielt in der Bewegung inne, wagte kaum zu atmen. Er überlegte, ob ein Werkzeug zur Selbstverteidigung in Reichweite lag, aber dazu hätte er zurück in die Küche gemusst. Seine Augen versuchten, das Halbdunkel zu durchdringen. Der Schatten, ein Arm, bewegte sich. Langsam schob sich Baltasar die Wand entlang, immer darauf gefasst, angegriffen zu werden.
    Dann ging alles sehr schnell. Die Toilettentür schwang auf, und eine Gestalt, unwirklich in ihrem weißen Gewand, erschien. Baltasar erinnerte sie an Balduin, das Nachtgespenst . Zugleich erklang ein übermenschlicher Schrei. Der Schatten stürmte auf das Gespenst zu, und beide fielen zu Boden.
    Baltasar betätigte den Lichtschalter. Vor ihm lag Pater Pretorius, angetan mit einem überlangen Nachthemd. Auf ihm kniete Teresa und drückte ihm den Hals zu.
    »Teresa, aufhören! Das ist unser Gast!« Baltasar zog die Haushälterin von ihrem Opfer weg. Pretorius brachte nur ein Röcheln zustande.
    »Ich … Ich wollte … wollte nur aufs Klo. Mein Kopf … Kopfweh … Es ist die Strafe der Hölle.« Er richtete sich auf und bemerkte, dass Baltasar und Teresa sein Nachthemd anstarrten. »Das … Das trage ich immer zum Schlafen. Ist recht bequem.«
    Die Haushälterin fing an zu kichern. »Ist Kleid, wie früher Firmungskleid in Polen, Ihr Hemd. Was Sie haben drunter an?«
    »Was? Ich … Sie meinen, ob …?« Er zog den Stoff weiter übers Knie. »Das gehört sich nicht, danach zu fragen, das ist zu intim. Niemand sollte mich so sehen. Was tun Sie beide eigentlich hier?«
    Teresa erzählte, sie habe ein Geräusch gehört, sei auf den Flur gegangen und habe im Dunkeln gewartet. Da sei der weiße Mann aufgetaucht und auf sie zugegangen, da habe sie sich dem Angreifer entgegengeworfen …
    »Ich hab nix

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